Guenzburger Zeitung

Wie viel Verbiss verträgt der junge Wald?

Ein Gutachten soll klären, wie es um die jungen Bäume im Wald steht. Auf dieser Grundlage entsteht ein Abschusspl­an für Rehwild. Wie das funktionie­rt, wird in Höselhurst erklärt.

- Von Manuela Rapp

Alle drei Jahre wieder. Dann wird in Bayerns Wäldern, salopp gesagt, Inventur bei den jungen Bäumchen gemacht. Die korrekte Bezeichnun­g dafür lautet „Forstliche­s Gutachten zur Situation der Waldverjün­gung“. Johannes Kutter, Bereichsle­iter Forsten beim Amt für Ernährung, Landwirtsc­haft und Forsten (AELF) Krumbach-Mindelheim, erklärt bei einem Ortstermin an der Verbindung­sstraße zwischen Höselhurst und Neuburg/Kammel den Zweck des Verfahrens: „Wir wollen damit eine gute Grundlage für den DreiJahres-Abschusspl­an für Rehwild schaffen.“

„Wir brauchen angepasste Wildbestän­de für einen stabilen, zukunftsfä­higen Mischwald“, fährt Johannes Kutter, der seit September im Amt ist, fort, und verweist auf den Klimawande­l. „Das ist dem Staat wichtig.“Nun bevorzuge das Rehwild aber gerade die Bäume, die für dieses Ziel notwendig seien: Laubbäume, Tanne, Lärche etwa. Die Erhebung, erläutert der Förster, sei eine gesetzlich­e Aufgabe der AELF in ganz Bayern als untere Forstbehör­den. Was im Wesentlich­en dabei begutachte­t wird: Verbissspu­ren und ob diese für den Wald tragbar sind oder nicht.

Was Johannes Kutter noch hervorhebt: „Unser Amt ist ein neutraler, unabhängig­er Gutachter.“Mit dem Vegetation­sgutachten werde eine solide Entscheidu­ngsgrundla­ge für die Unteren Jagdbehörd­en, die Jagdgenoss­enschaften und Jäger geschaffen, wenn es um die Erstellung der Abschusspl­äne gehe. Der Krumbacher Revierförs­ter Tobias Vorwieger und Mathias Burghard, Mitarbeite­r in der Fachstelle Wald/Naturschut­z beim AELF in Krumbach, zeigen dann mal ganz praktisch, wie bei so einer Erhebung verfahren wird. Zunächst heißt es jedoch für die Zuschaueri­nnen und Zuschauer – Vertreter der beiden Landratsäm­ter Günzburg und Neu-Ulm, des Bauernverb­andes, der Grundeigen­tümer und der Jagd –, sich zum Schauplatz auf einem Hügel zu begeben.

Der Weg, halb gefroren, mit jungen Bäumchen, vermoosten Ästen und Brombeerst­räuchern durchaus eine Herausford­erung, ist das Ziel.

Oben angelangt, erklärt Tobias Vorwieger: „Die Auswahl der Aufnahmefl­ächen erfolgt nach einem systematis­ch angelegten Gitternetz.“Dieses sei in rund 1,2 mal 1,2 Kilometer große Raster eingeteilt. „Der Gittermess­punkt liegt östlich von Höselhurst“, fügt er hinzu. Aufgenomme­n werde die dem Rasterpunk­t am nächsten gelegene, geeignete Verjüngung­sfläche.

Bayerns Forstminis­terin Michaela Kaniber hat die Aktion in Hohenbrunn bei München gestartet. Offiziell los geht es beim AELF

Krumbach-Mindelheim ab 21. Februar: „Bis Ostern wollen wir fertig sein“, sagt Johannes Kutter über den Zeitplan. Freilich: „Es kann noch Schnee dazwischen­kommen.“Dies könne zu Verzögerun­gen führen. Übrigens sind es seinen Worten zufolge nicht nur Förster, die die Bestandsau­fnahme vornehmen, auch einige private Forstsachv­erständige seien damit beauftragt worden. „Die Daten gehen an die Bayerische Landesanst­alt für Wald und Forstwirts­chaft in Freising“, so der Bereichsle­iter. „Im Herbst soll das Gutachten fertig sein.“An einer mit roten und weißen Markierung­en versehenen Stange sind Tobias Vorwieger und Mathias Burghard mitten in der

Arbeit. „Auf jeder Fläche entlang einer Geraden werden jeweils 15 Einzelbäum­chen untersucht“, geht der Revierförs­ter ins Detail. „Wir nehmen im Probekreis Pflanzen ab 20 Zentimeter auf.“Diese werden nach Baumarten und nach Höhenstufe­n untersucht und katalogisi­ert – das geht digital, aber auch auf Papier. Mathias Burghard kennzeichn­et die Bäumchen mit bunten Bändchen. „Pro Hegegemein­schaft gibt es rund 30 bis 40 Messpunkte“, zählt Johannes Kutter auf.

Anneliese Maisch vertritt zusammen mit einer Kollegin die Neu-Ulmer Untere Jagdbehörd­e bei der Präsentati­on in Höselhurst. In die Zuständigk­eit der Unteren

Jagdbehörd­en am Landratsam­t, so erklärt Forstdirek­tor Johannes Kutter, falle die Erstellung der Abschusspl­äne für Rehe. „Wir sind auch für die Reviere der Staatsfors­ten zuständig“, sagt Anneliese Maisch. Dann berichtet sie aus der Praxis: „Herrscht starker Verbiss, muss man den Abschuss erhöhen.“Sei er niedrig, empfehle man, die Zahlen zu senken.

„Über eine konkrete Höhe der Abschussza­hlen sagt das Gutachten nichts aus“, resümiert Johannes Kutter. „Das machen die Grundeigen­tümer zusammen mit den Jagdpächte­rn aus, was dann von der Unteren Jagdbehörd­e genehmigt oder festgesetz­t werden muss.“

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Foto: Manuela Rapp Mathias Burghard, Tobias Vorwieger und Johannes Kutter beim Ortstermin in Höselhurst. Sie demonstrie­ren, wie ein Vegetation­sgutachten in der Praxis erstellt wird.

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