Platzt der Traum vom MVZ in Jettingen?
Die CSU in Jettingen-Scheppach sieht die ärztliche Versorgung vor Ort in Gefahr und fordert ein MVZ. Doch hierfür benötigt es einige Voraussetzungen.
Für die CSUOrtsgruppe Jettingen-Scheppach ist die Sache klar: Der Markt benötigt ein medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) für Allgemeinmedizin. In einem Schreiben an Landrat Hans Reichhart legt der Ortsverband sein Anliegen dar. Die Christsozialen sehen in ihrem Ort eine unzureichende ärztliche Versorgung. Ein MVZ, welches sie fordern, könnte dem Abhilfe schaffen. Bereits in Günzburg, Krumbach und Ziemetshausen betreibt eine Tochterfirma der Kreiskliniken Günzburg-Krumbach ebensolche. Marktgemeinderat Christian Weng (CSU) spricht von „einem weiteren Leuchtturm der medizinischen Nahversorgung im Landkreis“. Doch die Einrichtung eines MVZ durch die Kliniken ist ein komplexes Unterfangen und bedarf einiger Voraussetzungen.
„Betrachtet man die Altersstruktur der praktizierenden Allgemeinärzte in unserem Umkreis, dann zeichnet sich für die Zukunft ein noch düstereres Bild ab“, heißt es in dem Schreiben. Einige Mitbürgerinnen und Mitbürger würden schon jetzt keinen eigenen Hausarzt mehr finden. Der CSUOrtsverband warnt vor einem medizinischen Blackout. In den Augen der Christsozialen kann dem nur ein MVZ entgegenwirken. Diese Praxisform zeichnet sich vor allem darin aus, dass ambulante Ärzte kooperativ unter einem Dach arbeiten, während die Inhaberschaft von der ärztlichen Tätigkeit getrennt ist. Im Landkreis Günzburg sind derzeit die Kreiskliniken die Inhaber. Die bereits bestehenden medizinischen Versorgungszentren hätten gezeigt, dass diese eine wichtige Rolle in der ärztlichen Versorgung in der Region einnehmen können, heißt es im CSUSchreiben. Damit auch JettingenScheppach ein solches bekommt, müssen diverse Faktoren erfüllt sein.
Laut dem Klinikchef Robert Wieland müsse zunächst eine Unterversorgung in der zu versorgenden Region oder großer Versorgungsbedarf bestehen. Derzeit praktizieren laut dem Bürgermeister zwei Hausärzte im Markt. Für die CSU reicht das nicht aus. Zudem müssten, so der Klinikchef, das MVZ oder die Kreiskliniken zusätzlich über ausreichendes Personal
verfügen, um die Praxis nachhaltig betreiben zu können. Konkret bedeutet das, dass mindestens zwei Ärztinnen oder Ärzte vorhanden sein müssen. Außerdem müsste der Betrieb des MVZ „wirtschaftlich darstellbar“sein. „Das bedeutet auch: Im Fall eines Defizits erklärt sich die Kommune bereit, einen nennenswerten Teil des Defizits zu tragen“, sagt der Klinikchef. Dieses Problem hat auch der Ortsverband erkannt. Dieser erklärt in dem Schreiben, dass sich die CSU gemeinsam mit der Fraktion der Jungbürger dafür einsetzen wird, „dass sich der Markt Jettingen-Scheppach an einem eventuellen Defizit, im Rahmen seiner Möglichkeiten, beteiligt“. Auf Nachfrage unserer Redaktion wusste der Bürgermeister nichts von dem Brief des Ortsverbands.
Nicht zuletzt müssten laut Wieland für die Einrichtung eines MVZ bezahlbare Räumlichkeiten vorhanden sein. Passende Räumlichkeiten gebe es im Markt, so das Landratsamt. Grundsätzlich würden es die Kreiskliniken aber bevorzugen, wenn zum Betrieb einer allgemeinmedizinischen Praxis eigenständige unternehmerische Ärzte für die Patientenversorgung zuständig sind. „Die Gründung eines MVZ durch die Ambulante Medizin der Kreiskliniken GünzburgKrumbach ist nur dann relevant, wenn niemand gefunden wird“, sagt Wieland.
Die bereits vorhandenen MVZ werden von der Tochterfirma der Kreiskliniken Ambulante Medizin gGmbH betrieben. Laut Geschäftsführerin Heidrun Stefani werden für ein medizinisches Versorgungszentrum im Markt aktuell keine konkreten Verhandlungen geführt. „Allerdings entwickelt sich die Situation im Bereich der allgemeinärztlichen Versorgung sehr dynamisch“, sagt Stefani und schließt eine Einrichtung nicht gänzlich aus. Dass es sich hierbei um ein komplexes Unterfangen handelt, zeige sich nun etwa beim Aufbau des MVZ in Ziemetshausen. Stefanie spricht von einem Prozess, in dem viele Partner zusammenwirken müssen.
Auch wenn der Landrat die Einrichtung eines MVZ in JettingenScheppach unterstützt, weist auch er auf Nachfrage auf die Voraussetzungen hin, die die Kreiskliniken hierfür benötigen. „Die medizinische Nahversorgung sollte, wenn möglich, durch niedergelassene Ärzte erfolgen, die Einrichtung eines MVZ ist nur dort sinnvoll, wo dies nicht möglich ist“, heißt es aus dem Landratsamt. Letztendlich hänge die Einrichtung an der Personalgewinnung. „Um den Betrieb dauerhaft zu gewährleisten, werden zwei Ärzte benötigt, hier wären im Fall Jettingen-Scheppach noch Gespräche und Maßnahmen notwendig.“
Auch der Bürgermeister ist von einem MVZ in seinem Markt nicht abgeneigt und nennt es eine „tolle Sache“. Ob es das aus medizinischer Sicht bräuchte, kann er nicht beantworten. Auch er verweist auf die diversen Voraussetzungen hierfür. Für das Gesundheitszentrum im Ortsteil Jettingen, welches um einen Anbau erweitert wird, suchen die Eigentümer aktuell noch einen Allgemeinmediziner. Der Markt unterstütze sie dabei, der Bürgermeister sei diesbezüglich bereits mit dem Klinikchef in Gesprächen gewesen. Die Suche nach einem Arzt gestalte sich jedoch schwieriger als gedacht. So wirklich nachvollziehen kann Böhm das nicht und verweist auf die sehr gute Verkehrsanbindung an die A8 in Richtung Ulm und Augsburg.