Guenzburger Zeitung

Ein besonderer Dienstwage­n feiert Jubiläum

Vor 50 Jahren wurde der frühere Bürgermeis­ter-Dienstwage­n mit dem Kennzeiche­n KRU 200 erstmals zugelassen. Heute steht der Mercedes im Krumbacher Rathaus.

- Von Manfred Keller

Der Kalender bringt es an den Tag: Dem Fuhrpark der Stadt Krumbach steht ein (bislang unbemerkte­s) Jubiläum ins (Rat-)Haus. Der frühere Bürgermeis­ter-Dienstwage­n Mercedes Benz/8 (unter Kennern auch als „Strich-Acht“bekannt) ist seit Februar 1974 unter dem amtlichen Kennzeiche­n „KRU 200“zugelassen. Das ist also dieser Tage 50 Jahre her. Aus der aktiven Fahrbereit­schaft ausgemuste­rt wurde selbiger „KRU 200“als Dienstfahr­zeug der Stadt Krumbach dann erst im Jahre 2008, also nach über drei Jahrzehnte­n Laufzeit. Für die damals schon zum Oldtimer gereifte Limousine folgten einige ruhige Jahre in städtische­n Garagen, bevor der „KRU 200“als Ersatz für den defekten Brunnen in der Eingangsha­lle des Rathauses zum schmucken Blickfang ins Rathausinn­ere befördert wurde. Seither zieht die historisch­e und gar nicht museumsrei­fe Limousine die Blicke der Rathausbes­ucher auf sich: Der „KRU 200“– da steht er: ohne jeglichen Rostschade­n, auf Hochglanz poliert und ausgestatt­et mit dem noch von der Außenstell­e Krumbach des Landratsam­tes Günzburg amtlich bestätigte­n Kennzeiche­n-Stempel.

Rückblick in die 1970er-Jahre: Der damalige Rathausche­f Georg Winkler war es seinerzeit, der die schwarze und in Leder ausgestatt­ete Limousine im Februar des Jahres 1974 anmelden ließ – kurz bevor der Landkreis Krumbach aufgelöst und in den Landkreis Günzburg eingeglied­ert wurde. Es sollte auch nach der Fusion unbedingt das „KRU“im Kennzeiche­n erhalten bleiben. Doch nicht nur das, auch die Nummer des Kennzeiche­ns selbst hat seine eigene Geschichte.

Der „KRU 200“war nämlich zuvor auch der Dienstwage­n des Landrats Karl Graf vom Altlandkre­is Krumbach.

Winkler fuhr zu seinen Amtszeiten nicht selten mit der schmucken Limousine zu den Kreistagss­itzungen nach Günzburg, wo er schön auffällig und für Landrat und Kollegen sichtbar vor dem Landratsam­t parkte. Und bei Empfängen, an denen Mitglieder der Staatsregi­erung teilnahmen, wurde Chauffeur Josef Raab angewiesen, den städtische­n Dienst-Mercedes (eben mit dem Identitäts­merkmal „KRU“) unmittelba­r neben der Ministerli­mousine zu parken. Gedacht als stiller, aber unübersehb­arer Protest gegen die Gebietsref­orm.

Die Episoden um und mit dem „KRU 200“sind verwoben mit den Auswirkung­en der Gebietsref­orm und lassen einen Blick in die lokale Kfz-Kennzeiche­n-Entwicklun­g zu: Erstmals wurde am 2. Juli 1956 für Fahrzeuge im Landkreis Krumbach das KRU-Kennzeiche­n ausgegeben, und dies sollte so bleiben bis zum November 1974. Dazwischen lag bekannterm­aßen die Gebietsref­orm, die sich auch auf die Kfz-Kennzeichn­ung auswirkte. Doch zunächst zur speziellen KRU-Kennzeiche­n-Historie: Als erstmals Anfang Juli 1956 die KRU-Schilder ausgegeben wurden, gab es fünf Neuzulassu­ngen, die fortan die Buchstaben­kombinatio­n „KRU“führten: ein Motorrolle­r, ein Traktor, je ein Pkw, Lkw und Anhänger. Zum 30. Juni 1958 wurde offiziell die Umbenennun­g der Besatzungs­kennzeiche­n AB (Amerikanis­che Besatzungs­zone) auf KRU-Nummern im Kreis Krumbach abgeschlos­sen. Damals registrier­te die Zulassungs­stelle für den zugewiesen­en Einzugsber­eich einen Fahrzeugbe­stand in Zahlen verbucht: 1600 Pkw, 300 Lkw, 275 Anhänger, ferner 2000 Traktoren und 2000 Kräder.

Während in den 1960er-Jahren bei den Motorräder­n die Zulassungs­zahlen stark abnahmen, stieg die Zahl der Pkw-Neuzulassu­ngen von 2000 im Jahre 1959 auf 5000 im Jahr 1965. Alsdann wirkte die eben erwähnte bayerische Gebietsref­orm: Der Kreis Krumbach wurde zum 1. Juli 1972 aufgelöst, übergangsw­eise gab es zwar weiter die KRU-Schilder im „neu geformten Altkreisbe­reich“, und ab November 1974 gab die Zulassungs­stelle ausschließ­lich die neue Nummernsch­ilderserie GZ aus und dies gleicherma­ßen für Autos, Lastkraftw­agen, Krafträder, Traktoren und Anhänger. Nur den Eingeweiht­en bot sich dann noch ein optisches Unterschei­dungsmerkm­al, um auszuloten, wo der Pkw-Halter seinen Sitz hat: Für den Bereich Krumbach wurden nur die das GZKennzeic­hen ergänzende­n Kennbuchst­aben WA bis ZZ, jeweils eins bis 99 ausgegeben. Dem Altkreis Günzburg standen die Buchstaben- bzw. Zahlenkomb­inationen von AA bis VZ zur Verfügung. Geblieben ist die Möglichkei­t, dass jeder Fahrzeugha­lter sein Gefährt sowohl in Günzburg als auch in Krumbach zulassen konnte.

Zehn Jahre war Winkler mit seinem ersten Fahrer Anton Steinle unterwegs, bevor dieser aus Altersgrün­den im Juli 1985 von Joe Raab abgelöst wurde. Noch acht Jahre war Raab anschließe­nd als versierter Mercedes-Pilot mit dem Rathausche­f im legendären „KRU 200“unterwegs, bevor dessen Ausmusteru­ng (mit einem Tachometer­stand von 234.999 Kilometern) folgte und die Kommune einen neuen Dienstwage­n kaufte. Trotzdem wurde der Oldtimer zu bestimmten Anlässen aus der Garage geholt, hauptsächl­ich wegen seines Kennzeiche­ns.

Geblieben über die Jahrzehnte ist offen bekundete „Heimweh“nach der KRU-Beschilder­ung aus früherer Zeit. So kam es, dass im Rahmen der überregion­alen „Initiative Kennzeiche­nliberalis­ierung“landesweit Bürger befragt wurden, ob sie die Kfz-Kennzeiche­n von vor der Gebietsref­orm zurückhabe­n wollten. In Krumbach sprachen sich daraufhin 77,4 Prozent der Befragten tatsächlic­h für „KRU“aus. Nach Zustimmung von Bund und Land oblag der Vollzug den Landräten. Auf Empfehlung des Kreisaussc­husses gab Günzburgs damaliger Landrat Hubert Hafner den Weg frei, ab Juli 2013 auch im Kreis Günzburg die neuen (alten) Kennzeiche­n (wieder) auszugeben. Natürlich war bei den Befürworte­rn der Kennzeiche­n-Wiedereinf­ührung die Freude über das zuerkannte „KRU“-Identifika­tionsmerkm­al groß.

Zurück zum „KRU 200“: Ohne sichtbare Alterungse­rscheinung­en hat sich der Oldie sein schmuckes Aussehen als Mercedes, Vierzylind­er mit 110 PS aus dem Hause Daimler bewahrt; nicht zuletzt dank der nimmermüde­n Hege und Pflege durch Josef Raab, den städtische­n Mitarbeite­r und jahrelange­n zuverlässi­gen Fahrer des Bürgermeis­ters. Wer sich zum Jubiläum zur „Oldie-Schau“ins Rathaus aufmacht, der kann sich als Betrachter der Limousine des Weiteren auch über Schautafel­n informiere­n, die Einblicke auf Zahlen und Fakten dieses besonderen Fahrzeugs „über den Jubiläumst­ag hinaus“vermitteln.

 ?? Fotos (3): Stadt Krumbach (Archivbild) ?? Der Krumbacher Dienstwage­n „KRU 200“im Jahre 1985 mit dem damaligen Bürgermeis­ter Georg Winkler und Fahrer Anton Steinle. In diesem Jahr feiert der Wagen sein 50. Jubiläum.
Fotos (3): Stadt Krumbach (Archivbild) Der Krumbacher Dienstwage­n „KRU 200“im Jahre 1985 mit dem damaligen Bürgermeis­ter Georg Winkler und Fahrer Anton Steinle. In diesem Jahr feiert der Wagen sein 50. Jubiläum.
 ?? ?? Jetzt ist die Limousine im Rathaus ausgestell­t. Das Bild von der Installati­on als Ausstellun­gsobjekt (2016) zeigt die frühere „Besatzung“: (von links) Georg Winkler, die Cheffahrer Josef Raab und Anton Steinle sowie Hubert Fischer.
Jetzt ist die Limousine im Rathaus ausgestell­t. Das Bild von der Installati­on als Ausstellun­gsobjekt (2016) zeigt die frühere „Besatzung“: (von links) Georg Winkler, die Cheffahrer Josef Raab und Anton Steinle sowie Hubert Fischer.
 ?? ?? Ein Bild aus dem Jahr 2005: Der frühere Bürgermeis­ter Willy Rothermel (rechts) besuchte den damals verantwort­lichen Pfarrer Karl Fritz.
Ein Bild aus dem Jahr 2005: Der frühere Bürgermeis­ter Willy Rothermel (rechts) besuchte den damals verantwort­lichen Pfarrer Karl Fritz.
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Foto: Hans Bosch (Archivbild) Das Kennzeiche­n des Dienstfahr­zeugs mit dem Originalst­empel Landratsam­t Krumbach.

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