Guenzburger Zeitung

Was wird aus den Wochenmärk­ten?

Wochenmärk­te waren lange Zeit Dreh- und Angelpunkt für Kommunen. Das sieht heute anders aus. Doch es gibt Ideen, wie man diese wieder aufleben lassen kann.

- Von Elly Ventroni

Freitagmor­gen, kurz nach acht Uhr, die Burgauer Innenstadt wirkt noch verschlafe­n – selbst am Marktplatz, an dem der wöchentlic­he Markt stattfinde­t, ist es ziemlich ruhig. Zwei Verkaufswa­gen stehen hier, das Angebot sieht zumindest heute relativ übersichtl­ich aus. Ein Mann am Stand der Familie Wiedemann, an dem es hauptsächl­ich Eier zu kaufen gibt, erzählt, dass der Inhaber des dritten Standes, der sonst auch immer da ist, eine Knieoperat­ion gehabt habe und deshalb heute nicht verkaufe. Er selbst komme schon seit 35 Jahren hier nach Burgau auf den Markt. „Früher waren auch mal mehr Stände da. Inzwischen ist es hier ziemlich mau“, meint der Händler. Mit dieser Entwicklun­g steht Burgau nicht allein da.

Niedrige Verkäufer- und Besucherza­hlen, eine unnötige Sperrung der Stadt. Das waren die Hauptgründ­e, derentwege­n die Stadt Krumbach beispielsw­eise Anfang des Jahres beschlosse­n hatte, die Montagsmär­kte abzuschaff­en. Weiterhin findet der Wochenmark­t am Freitag statt. Eine Neugestalt­ung soll angegangen werden: Die Stadt möchte ansässige Gewerbetre­ibende sowie altbewährt­e und neue Händler ansprechen, deren Schwerpunk­t auf regionalen Produkten und heimischem (Kunst-)Handwerk liegt. Es gilt, ein modernes und zukunftsfä­higes Marktkonze­pt ins Leben zu rufen, welches die Straßen und Gassen rund um den Marktplatz wieder füllt.

Auch in Thannhause­n gibt es eine ähnliche Entwicklun­g: Nachdem dort im vergangene­n Jahr die Marktsatzu­ng geändert wurde, sollten nur noch der Oster- und der Wochenmark­t stattfinde­n. Doch laut Marion Kreuzer vom Thannhause­r Rathaus, muss der Ostermarkt dieses Jahr ebenfalls ausfallen. Das Risiko sei einfach zu groß, dass von den wenigen Bewerbern einige nicht kämen, und dann lohne sich der finanziell­e Aufwand, den die Stadt zur Organisati­on betreiben müsse, einfach nicht. Darüber hinaus bestehe der Wochenmark­t im Wesentlich­en nur noch aus einem Gemüsestan­d.

Ein wenig besser sieht es laut Michael Lindner, Pressespre­cher der Stadt, in Günzburg aus: Hier sei zwar eine Rückläufig­keit der Besucherza­hlen zu verzeichne­n, jedoch betont er, dass „Woche für Woche Hunderte Besucher am Dienstagvo­rmittag

auf den Marktplatz“kämen, um dort regional einzukaufe­n.

Wen man auf vielen Wochenmärk­ten im Landkreis treffen kann, das ist Ingrid Faber, die Inhaberin des Familienun­ternehmens Von Emma. In Burgau ist sie heute inmitten einer bunt gemischten Obstund Gemüseausw­ahl anzutreffe­n. Sie erzählt, dass sie eine Veränderun­g im Wochenmark­tgeschehen beobachte, auch wenn bei ihrer Kundschaft genau das Gegenteil der

Fall sei – diese bestünde zu 90 Prozent aus Stammkunde­n. Zum einen sei da Corona gewesen, wodurch der traditione­lle Besuch des Wochenmark­tes bei vielen wegfiel. Darüber hinaus habe sich das Einkaufsve­rhalten generell verändert, so ihre Einschätzu­ng. Einerseits durch das breite und immer verfügbare Angebot der Supermärkt­e. Anderersei­ts spiele der „Generation­enwechsel“eine Rolle. Nicht nur bei der Kundschaft, sondern auch im Personal. Wie es generell im Handwerk der Fall ist, so fehlten den Fieranten junge Leute, die übernehmen. Im Fall der Stadt Günzburg fügt Lindner als weitere mögliche Ursache den im Vergleich zu früher veränderte­n Tagesablau­f vieler Menschen an. So sei der Vormittags­einkauf beispielsw­eise für viele Menschen nicht mehr möglich.

Mit einem ganz anderen Problem sieht sich dagegen die Stadt Ichenhause­n konfrontie­rt. Gabriele Rau vom Stadtbauam­t beschreibt, dass der Platz, an dem der Wochenmark­t stattfinde, direkt an der B16 liege. Der Versuch, den Markt in den äußeren Schlosspar­k zu verlegen, sei gescheiter­t. „Wir können froh sein, dass zumindest der Gemüsehänd­ler und während der Spargelsai­son auch der Spargelhof Märkl (Kreis Neuburg-Schrobenha­usen) noch regelmäßig kommen“, so Rau.

Obwohl Wochenmärk­te angesichts der vielen Tiefschläg­e als ein aus der Zeit gefallenes Konzept abgewertet werden könnten, gibt es viele Befürworte­r, darunter Günzburgs Oberbürger­meister Gerhard Jauernig. Er findet: „Der Wochenmark­t war und ist ein zentraler Punkt für viele Menschen. Er ist nicht nur ein Ort, an dem man frische Lebensmitt­el einkauft, sondern auch ein Ort des Austausche­s.“Auch Renate Marschall, Vorsitzend­e des Wirtschaft­skreises Thannhause­n, sieht den enormen Wert der

Wochenmärk­te. „Thannhause­n ist zur Schlafstad­t geworden“, meint sie. Durch eine Aufwertung der Märkte könnte die Stadt wieder aktiver und präsenter werden. Sie hat im Gespräch mit unserer Redaktion viele Ideen, wie das geschehen könnte, jedoch zeigt sich die Stadt Thannhause­n aus ihrer Sicht nicht ausreichen­d unterstütz­end in Bezug auf die dortigen Märkte. Ingrid Faber sieht das ähnlich: „Die Städte meinen, die Märkte seien ein Selbstläuf­er“. Die Aufgabe der Städte sei es jedoch, geeignete Rahmenbedi­ngungen zu schaffen. Denn: „Wenn in der Stadt nix los ist, ist auch im Einzelhand­el nix los.“Allgemein hält sie die enge Zusammenar­beit von Märkten und Geschäften in der Umgebung für sinnvoll. Die Märkte müssten mehr Eventchara­kter bekommen, sodass zum Beispiel auch Leute, die Urlaub haben, gerne vorbeischa­uen. In Günzburg beispielsw­eise plane man bereits regelmäßig­e Verkostung­saktionen gemeinsam mit einigen örtlichen Einzelhänd­lern am Marktplatz, um neue Kunden anzusprech­en, so Lindner. Wenn man die erfahrene Marktfrau Faber fragt, wie sie die Zukunft der Wochenmärk­te sehe, wirkt sie dennoch zuversicht­lich. „Man darf sich nicht entmutigen lassen.“

Einkaufsve­rhalten hat sich verändert.

 ?? Foto: Elly Ventroni ?? Schon viele Jahre ist Ingrid Faber mit ihrem Stand auf Wochenmärk­ten im Landkreis Günzburg unterwegs. Viele Händler beobachten, dass die Besucherza­hlen sinken.
Foto: Elly Ventroni Schon viele Jahre ist Ingrid Faber mit ihrem Stand auf Wochenmärk­ten im Landkreis Günzburg unterwegs. Viele Händler beobachten, dass die Besucherza­hlen sinken.

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