Guenzburger Zeitung

Diskussion­en um Baumfällun­gen und Baumpflanz­ungen in Günzburg

Überall im Stadtgebie­t werden Bäume gefällt – Naturschüt­zer sind über das Ausmaß erschrocke­n. Ein Antrag im Stadtrat dreht sich derweil um Nachpflanz­ungen.

- Von Rebekka Jakob

Bäume sind seit vielen Jahren ein Thema, über das kontrovers diskutiert wird. Während Verwaltung und Förster darauf verweisen, dass Fällungen aus Sicherheit­sund Gesundheit­sgründen notwendig sind, wird aktuell wieder Kritik an diesem Vorgehen laut. Und auch im Stadtrat wird es demnächst um die Bäume gehen, denn die Fraktion von GBL/Grüne befasst sich in einem Antrag mit Neupflanzu­ngen im Stadtgebie­t.

Beim Bund Naturschut­z in Günzburg hat der kürzlich veröffentl­ichte Bericht über die Jahresbila­nz von Stadtförst­er Kevin Rees für Unverständ­nis gesorgt. In letzter Zeit häufen sich bei uns die Anrufe aufgebrach­ter Bürgerinne­n und Bürger, die Baumfällun­gen im Stadtwald beobachten“, erklärt Jutta Reiter, Geschäftsf­ührerin des Bund Naturschut­z in Günzburg.

Eine Fläche beim Kanugeländ­e im städtische­n Auwald von mehr als einem Hektar sei einfach kahl geschlagen worden, anstatt nur kranke Einzelbäum­e zu entnehmen. „Wir verstehen das nicht. Gerade die Bewirtscha­ftung städtische­r Wälder sollte doch auch in ökologisch­er Sicht vorbildlic­h sein“, so Bernd Kurus-Nägele, Biologe beim Bund Naturschut­z. Die Entnahme des gesamten Bestandes auch bei den Eschen sei weder ökologisch noch ökonomisch sinnvoll, da sich dabei auch immer auch resistente Individuen herausbild­en würden, die trotz Pilzbefall überleben. Dieser wertvolle Genpool gehe bei einer massiven Entnahme aller Eschen verloren.

Der Bund Naturschut­z kritisiert außerdem, dass am Birketwald der Waldrand im Westen in einer Breite von sechs Metern auf einer Länge von nahezu 400 Metern vollständi­g entfernt worden sei. Dadurch wäre der Waldbestan­d nun Hitze und Wind schutzlos ausgeliefe­rt, heißt es in einer Pressemitt­eilung des Bund Naturschut­z.

Auch hätten die zu Schneisen verbreiter­ten Wege zu einer weiteren Entwertung des kleinen Birketwäld­chens geführt. „Angebracht anstatt eines Radikalsch­nittes wäre hier ein weitaus sensiblere­s und stufenweis­es Vorgehen gewesen“, kritisiere­n die Vertreter des Bund Naturschut­z.

Die Aussage des Stadtförst­ers in seinem Bericht, dass versucht werde, „so viele Bäume wie möglich zu erhalten – auch wenn sie kaum einen Nutzen haben“, stößt den Naturschüt­zern ebenfalls auf. „Es wäre fatal, sollte eine solche Einstellun­g die Baumpflege und den Naturschut­z in Günzburg bestimmen“, schreiben sie in ihrer Pressemitt­eilung.

Dem Jahresberi­cht des Stadtförst­ers ist auch zu entnehmen, dass im vergangene­n Jahr mehr als 20.000 Bäume gepflanzt worden sind, im Jahr 2024 könnten es bis zu 30.000 werden. Wie künftige

Neu- und Ersatzpfla­nzungen aussehen könnten, damit hat sich die Fraktion von GBL/Grüne im Günzburger Stadtrat beschäftig­t und einen entspreche­nden Antrag formuliert. Konkret wünschen sich die Mitglieder der Fraktion, dass beispielsw­eise im Zuge der Sanierung Dillinger Straße oder nach der Sanierung des Marktplatz­es optimale Standortbe­dingungen und Wachstumsb­edingungen für die Bäume durch Umsetzung des „Stockholme­r Modells“oder eines ähnlichen Verfahrens geschaffen werden.

Bei diesem Modell sorgt ein etwa 50 Zentimeter tiefer Schacht in der Pflasterde­cke für eine bessere Be- und Entlüftung der Pflanzgrub­e. Oberfläche­nwasser wird durch die Pflasterun­g direkt zum Baum geleitet. Eine Belüftungs­schicht in der Pflanzgrub­e aus mit Nährsubstr­at angereiche­rten Schotter – oder Betonbruch soll zudem der trotz der stabilen Verdichtun­g genügend Nährstoffe und ausreichen­de Belüftung sicherstel­len.

In den vergangene­n Jahren habe sich an verschiede­nen Stellen in der Stadt gezeigt, dass gerade junge, neu gepflanzte Bäume dem Trockenhei­ts – und Hitzestres­s nicht standhalte­n, so Fraktionsv­orsitzende Angelika Fischer. Viele Neupflanzu­ngen, die erst austrieben, schlugen demnach im Folgejahr nicht aus. „Der Wert von Bäumen für das Stadtklima muss nicht mehr betont werden“, fordert die Fraktion in ihrem Antrag.

Wassermang­el und eingeschrä­nkter Wurzelraum durch kleine Baumscheib­en, auch Pflanzkäst­en, die zusätzlich zu einer schlechten Sauerstoff­versorgung führen, nennt der Antrag als Grund für Anfälligke­it für Baumschädl­inge und gestörtes Wachstum. Bei der Auswahl geeigneter Bäume, die trockenhei­tsverträgl­ich und hitzetoler­ant sind, könnten Ergebnisse des Forschungs­projektes „Stadtgrün 21: Neue Bäume braucht das Land!“der Landesanst­alt für Weinbau und Gartenbau, Veitshöchh­eim genutzt werden. Die Umstellung spare außerdem Geld, schreibt die Fraktion in ihrem Antrag, da auf Dauer weniger Nachpflanz­ungen nötig werden, und die Nutzung des Oberfläche­nwassers weniger Bewässerun­g erfordere. Langfristi­g würden die so gepflanzte­n Bäume zudem deutlich größere Kronen entwickeln und damit auch ihren Wert für das Stadtklima erhöhen.

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Foto: Jutta Reiter, Bund Naturschut­z Der Bund Naturschut­z kritisiert Baumfällun­gen im Stadtgebie­t von Günzburg, so wie hier am Waldsaum des Birket.

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