Diskussionen um Baumfällungen und Baumpflanzungen in Günzburg
Überall im Stadtgebiet werden Bäume gefällt – Naturschützer sind über das Ausmaß erschrocken. Ein Antrag im Stadtrat dreht sich derweil um Nachpflanzungen.
Bäume sind seit vielen Jahren ein Thema, über das kontrovers diskutiert wird. Während Verwaltung und Förster darauf verweisen, dass Fällungen aus Sicherheitsund Gesundheitsgründen notwendig sind, wird aktuell wieder Kritik an diesem Vorgehen laut. Und auch im Stadtrat wird es demnächst um die Bäume gehen, denn die Fraktion von GBL/Grüne befasst sich in einem Antrag mit Neupflanzungen im Stadtgebiet.
Beim Bund Naturschutz in Günzburg hat der kürzlich veröffentlichte Bericht über die Jahresbilanz von Stadtförster Kevin Rees für Unverständnis gesorgt. In letzter Zeit häufen sich bei uns die Anrufe aufgebrachter Bürgerinnen und Bürger, die Baumfällungen im Stadtwald beobachten“, erklärt Jutta Reiter, Geschäftsführerin des Bund Naturschutz in Günzburg.
Eine Fläche beim Kanugelände im städtischen Auwald von mehr als einem Hektar sei einfach kahl geschlagen worden, anstatt nur kranke Einzelbäume zu entnehmen. „Wir verstehen das nicht. Gerade die Bewirtschaftung städtischer Wälder sollte doch auch in ökologischer Sicht vorbildlich sein“, so Bernd Kurus-Nägele, Biologe beim Bund Naturschutz. Die Entnahme des gesamten Bestandes auch bei den Eschen sei weder ökologisch noch ökonomisch sinnvoll, da sich dabei auch immer auch resistente Individuen herausbilden würden, die trotz Pilzbefall überleben. Dieser wertvolle Genpool gehe bei einer massiven Entnahme aller Eschen verloren.
Der Bund Naturschutz kritisiert außerdem, dass am Birketwald der Waldrand im Westen in einer Breite von sechs Metern auf einer Länge von nahezu 400 Metern vollständig entfernt worden sei. Dadurch wäre der Waldbestand nun Hitze und Wind schutzlos ausgeliefert, heißt es in einer Pressemitteilung des Bund Naturschutz.
Auch hätten die zu Schneisen verbreiterten Wege zu einer weiteren Entwertung des kleinen Birketwäldchens geführt. „Angebracht anstatt eines Radikalschnittes wäre hier ein weitaus sensibleres und stufenweises Vorgehen gewesen“, kritisieren die Vertreter des Bund Naturschutz.
Die Aussage des Stadtförsters in seinem Bericht, dass versucht werde, „so viele Bäume wie möglich zu erhalten – auch wenn sie kaum einen Nutzen haben“, stößt den Naturschützern ebenfalls auf. „Es wäre fatal, sollte eine solche Einstellung die Baumpflege und den Naturschutz in Günzburg bestimmen“, schreiben sie in ihrer Pressemitteilung.
Dem Jahresbericht des Stadtförsters ist auch zu entnehmen, dass im vergangenen Jahr mehr als 20.000 Bäume gepflanzt worden sind, im Jahr 2024 könnten es bis zu 30.000 werden. Wie künftige
Neu- und Ersatzpflanzungen aussehen könnten, damit hat sich die Fraktion von GBL/Grüne im Günzburger Stadtrat beschäftigt und einen entsprechenden Antrag formuliert. Konkret wünschen sich die Mitglieder der Fraktion, dass beispielsweise im Zuge der Sanierung Dillinger Straße oder nach der Sanierung des Marktplatzes optimale Standortbedingungen und Wachstumsbedingungen für die Bäume durch Umsetzung des „Stockholmer Modells“oder eines ähnlichen Verfahrens geschaffen werden.
Bei diesem Modell sorgt ein etwa 50 Zentimeter tiefer Schacht in der Pflasterdecke für eine bessere Be- und Entlüftung der Pflanzgrube. Oberflächenwasser wird durch die Pflasterung direkt zum Baum geleitet. Eine Belüftungsschicht in der Pflanzgrube aus mit Nährsubstrat angereicherten Schotter – oder Betonbruch soll zudem der trotz der stabilen Verdichtung genügend Nährstoffe und ausreichende Belüftung sicherstellen.
In den vergangenen Jahren habe sich an verschiedenen Stellen in der Stadt gezeigt, dass gerade junge, neu gepflanzte Bäume dem Trockenheits – und Hitzestress nicht standhalten, so Fraktionsvorsitzende Angelika Fischer. Viele Neupflanzungen, die erst austrieben, schlugen demnach im Folgejahr nicht aus. „Der Wert von Bäumen für das Stadtklima muss nicht mehr betont werden“, fordert die Fraktion in ihrem Antrag.
Wassermangel und eingeschränkter Wurzelraum durch kleine Baumscheiben, auch Pflanzkästen, die zusätzlich zu einer schlechten Sauerstoffversorgung führen, nennt der Antrag als Grund für Anfälligkeit für Baumschädlinge und gestörtes Wachstum. Bei der Auswahl geeigneter Bäume, die trockenheitsverträglich und hitzetolerant sind, könnten Ergebnisse des Forschungsprojektes „Stadtgrün 21: Neue Bäume braucht das Land!“der Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau, Veitshöchheim genutzt werden. Die Umstellung spare außerdem Geld, schreibt die Fraktion in ihrem Antrag, da auf Dauer weniger Nachpflanzungen nötig werden, und die Nutzung des Oberflächenwassers weniger Bewässerung erfordere. Langfristig würden die so gepflanzten Bäume zudem deutlich größere Kronen entwickeln und damit auch ihren Wert für das Stadtklima erhöhen.