Guenzburger Zeitung

Neue Heimat für chronisch kranke Menschen

Rund 14,5 Millionen Euro hat das neue Pflegeheim für seelische Gesundheit gekostet. Besonders ist etwa das offene Konzept, das die Bezirkskli­niken hier vorantreib­en.

- Von Sophia Huber

Gerhard Becker ist erleichter­t. Auch wenn er in den vergangene­n Tagen nicht viel geschlafen habe und nicht das Gefühl hatte, dass sich am Freitag wirklich rund 150 Personen für die Einweihung des neuen Pflegeheim­s in genau diesem einfinden – es hat geklappt. Das neue „Haus Olympia“und speziell dieser Bau ist so etwas wie „das Kind“von Becker, wie es Stefan Brunhuber, Vorstandsv­orsitzende­r der Bezirkskli­niken Schwaben, bezeichnet.

Becker ist Geschäftsl­eiter des außerklini­schen Bereichs der Bezirkskli­niken, der sich „Wohnen und Fördern“nennt und gleichzeit­ig Einrichtun­gsleiter in Günzburg. „Vor knapp eineinhalb Jahren hatten wir hier Richtfest – und ja, es ist noch nicht alles fertig“, sagt er und blickt nach draußen auf den Außenberei­ch des neuen Baus. Doch schon jetzt kann er einige Besonderhe­iten nennen, die das neue Pflegeheim für seelische Gesundheit hat: Jeder Bewohner und jede Bewohnerin wird ein Einzelzimm­er haben, ausgestatt­et mit einem Transponde­rsystem. Der große Vorteil sei, dass sich die Menschen

frei außerhalb ihrer Zimmer bewegen können – aber kein anderer Bewohner allein beziehungs­weise ohne Zustimmung hineinkomm­t. Im Estrich am Boden sowie in der Tür sind diese Transponde­r eingebaut, jeder Bewohner bekommt eine Art Knopf, als Schlüssel zum Öffnen. Es wird im „Haus Olympia“außerdem keinen extra geschlosse­nen Bereich geben, sondern die Menschen können sich frei im Haus bewegen. Für die Schwerkran­ken wurde eine Art „Rundlauf“eingebaut, an dem man sich orientiere­n kann, erklärt Becker.

Die Zimmer sind geräumig und hell, es wurde viel Holz verarbeite­t, die Fenster zeigen entweder in den Garten oder in Richtung Grünfläche/Wald. Ein großer Balkon rundherum wird gerade noch fertiggest­ellt. Restarbeit­en an der Fassade und der Außenanlag­e stehen noch an, aber schon bald können die 48 Plätze auf zwei Ebenen belegt werden. Rund 7,5 Tonnen Beton seien verbaut worden. Bisher leben die Bewohnerin­nen und Bewohner noch im Haus 50, das künftig saniert und auch wieder genutzt werden soll.

Kopfzerbre­chen hat den Verantwort­lichen

dieses Projekt zwischenze­itlich bereitet. Vorstandsv­orsitzende­r Brunhuber blickt in seiner Begrüßungs­rede zurück, als es um die lange ungeklärte Frage der Förderung ging. „Denn eigentlich wollten wir den Neubau dieses Pflegeheim­s für seelische Gesundheit schon viel früher in Angriff nehmen. Lange Zeit sei nicht klar gewesen, ob man eine staatliche Förderung bekomme. „Wir haben mehrmals Anläufe unternomme­n, die jedoch nicht von Erfolg gekrönt waren. Letztlich brachte unser Verwaltung­srat

unter Vorsitz des Bezirkstag­spräsident­en Martin Sailer den Stein ins Rollen.“Das Aufsichtsg­remium habe entschiede­n, das Heim in Eigenregie zu errichten. Der Bedarf für das neue „Haus Olympia“sei da. Deshalb haben sich die Bezirkskli­niken Schaben laut Brunhuber gerne bereit erklärt, die Investitio­nssumme von rund 14,5 Millionen aus eigenen Mitteln zu stemmen. Die Kostenstei­gerung sei glückliche­rweise etwas moderater ausgefalle­n, als man erwartete.

Man habe schon viele andere

Häuser und auch Pflegeheim­e geplant, doch diese „Intensität und Herzenswär­me“habe sie nicht häufig erlebt, erzählt Sonja Bänsch, die Projektlei­terin und Planerin aus dem Architektu­rbüro „kreuger wilkins architekte­n“in Stuttgart. Bereits 2018 habe man angefangen zu planen. „Es ist ein Pflegeheim der besonderen Art geworden“, erklärt Bänsch, „und ein lebenswert­es und sicheres Zuhause in einem attraktive­n Umfeld.“Das Gebäude hat einen Z-förmigen Grundriss, in der Mittelachs­e befinden sich unter anderem Küche und Speisesaal. Die Räumlichke­iten sind so offen aufgebaut, dass die Bewohner „einen ruhigen Tag im Zimmer verbringen können, aber auch draußen teilhaben können, wenn sie wollen“.

„Ein Haus ist nicht automatisc­h Heimat“, erwähnt Klinikseel­sorgerin und evangelisc­he Pfarrerin Ulrike Berlin bei der kirchliche­n Segnung zusammen mit Pfarrer Thomas Wagner. „Es ist mehr als eine schöne Umgebung. Heimat ist auch dort, wo man Anerkennun­g und Unterstütz­ung bekommt.“Und das tun die etwa 48 chronisch Kranken durch ihre Betreuer und das Fachperson­al.

 ?? ?? Zur Einweihung des neuen Pflegeheim­s kamen neben vielen Verantwort­lichen der Bezirkskli­niken Schwaben auch Günzburgs Oberbürger­meister Gerhard Jauernig (links) und Verwaltung­sratsvorsi­tzender Martin Sailer.
Zur Einweihung des neuen Pflegeheim­s kamen neben vielen Verantwort­lichen der Bezirkskli­niken Schwaben auch Günzburgs Oberbürger­meister Gerhard Jauernig (links) und Verwaltung­sratsvorsi­tzender Martin Sailer.
 ?? Fotos: Alexander Kaya ?? Über die neuen Zimmer und das angenehme Arbeitskli­ma im „Haus Olympia“freuen sich Einrichtun­gsleiter Gerhard Becker (links unten) und sein Team.
Fotos: Alexander Kaya Über die neuen Zimmer und das angenehme Arbeitskli­ma im „Haus Olympia“freuen sich Einrichtun­gsleiter Gerhard Becker (links unten) und sein Team.

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