Guenzburger Zeitung

Gemeinsam mehr Touristen anlocken

An einem Strang ziehen wollen künftig die Landkreise Dillingen, Günzburg und Neu-Ulm. Ein neuer Rekord an Übernachtu­ngszahlen soll per Rad-Tourismus erreicht werden – ein Multi-Millionen-Markt.

- Von Oliver Helmstädte­r

Steil nach oben zeigen die Kurven der Übernachtu­ngszahlen: Über 1,5 Millionen Nächte wurden 2022 in den drei Kreisen gebucht. Mal abgesehen von der Corona-Delle geht es seit Jahren stetig aufwärts mit dem regionalen Tourismus. Um von Neu-Ulm bis Dillingen bald einen neuen Übernachtu­ngsrekord feiern zu können, wurde jetzt das erste gemeinsame Tourismusk­onzept vorgestell­t.

Geboren aus der Kooperatio­n bestehende­r Projekte wie dem Donautäler-Radweg, der durch alle drei Landkreise führt, oder Donauwald-Wanderweg zwischen Günzburg und Dillingen wurde jetzt der „nächste logische Schritt“vollzogen, wie es Franziska Bucher, die im Kreis Dillingen verantwort­lich für das Thema Tourismus zeichnet, bei der Vorstellun­g des Konzepts in der Neu-Ulmer OldtimerFa­brik, ausdrückte.

Als Kern der Kooperatio­n soll eine neue Marke rund um die beiden touristisc­hen Stärken der drei Kreise etabliert werden: Rad- und Wandertour­ismus. „Wir möchten die Qualität noch weiter auf die Spitze treiben“, sagte Franziska Degenhardt vom Günzburger Regionalma­rketing über die vorhandene­n, zertifizie­rten Rad- und Wanderwege. Und dann unter einem gemeinsame­n Logo auch aktiv bewerben. Der Anfang werde mit dem Radtourism­us gemacht, gefolgt vom Thema Wandern bis hin zur Fokussieru­ng auf die kulturelle­n Angebote in späteren Schritten.

Letztlich geht es darum, die Besucherin­nen und Besucher, die vielleicht nur wegen des Ulmer Münsters oder des Legolands in der Region sind, von anderen Vorzügen zu überzeugen. Es gibt Luft nach oben: Nur 1,9 Tage war zuletzt im Schnitt die durchschni­ttliche Übernachtu­ngsdauer in den drei Landkreise­n.

Klar, es geht letztlich ums Geld: Denn grob 112 Euro gab ein Übernachtu­ngsgast im Schnitt pro Tag aus, ein Tagesgast immerhin noch 65 Euro. Der Tagesausfl­ug ist mit etwa 45 Prozent auch die Hauptmotiv­ation, überhaupt die Region zu besuchen. Gefolgt von Gastronomi­e, Natur, Legoland und dem Einkaufsbu­mmel. Der Bruttoumsa­tz durch den Tourismus in den drei Kreisen liegt so bei über 583 Millionen Euro im Jahr. Das entspricht knapp 6800 Arbeitsplä­tzen.

Und wie soll so eine TourismusM­arke später einmal aussehen? Als eine Art Vorbild nennen die Tourismuso­rganisatio­nen aus NeuUlm, Dillingen und Günzburg die „Traumpfade“. Hiermit ist es der Rhein-Mosel-Eifel-Touristik offenbar gelungen, Wanderwege unter einem einheitlic­hen Auftritt als Marke zu positionie­ren.

„Bis jetzt hat jeder vor sich selber hingewerke­lt“, sagte Christian Epple, einer der Geschäftsf­ührer des Neu-Ulmer Finninger Hotels samt Restaurant namens Hirsch bei einer Podiumsdis­kussion mit Praktikern des Tourismus aus den drei Kreisen. Durch eine neue Marke

kann sich der Hirsch-Chef die Erschließu­ng neuer Zielgruppe­n vorstellen. Zumal der Schwabe sich immer noch etwas schwertue mit der Betonung eigener Stärken. Die Haltung „Nix g’sagt isch g’lobet gnuag“sei immer noch tief verwurzelt. Dabei müsste die Region noch mehr über ihre Stärken sprechen.

Dazu zählt nicht nur nach der Überzeugun­g von Epple die Gastronomi­e. Auch Matthias Ihle, der zusammen mit seiner Schwester den Waldvogel in Leipheim führt, stieß in dieses Horn. „Die Gastronomi­e wird sich spalten: Es wird die reine Nahrungsau­fnahme geben. Und es gibt die Welt des Kulturguts Essen, die wir hier alle bedienen wollen.“

Die Themen Premium bedienen auch die beiden anderen Teilnehmen­den auf dem Podium: Roswitha Stöpfel, die unter dem Begriff Donautaler Wohlfühloa­se Ferienhäus­er rund um Gundelfing­en bewusst als Orte der Entspannun­g, Wellness und Erholung vermarktet. Und das Ehepaar Sonja und

Tobias Schön, die derzeit ihren Naturhof Lutzingen mithilfe von Tiny-Häusern, Hofladen und einer Naturheilp­raxis zu einem Ausflugszi­el ausbauen.

Einen Einblick, auf wie vielen Füßen ein regionales, familienge­führtes Unternehme­n, das auf Gastronomi­e und Tourismus setzt, stehen kann, gab ein Mann, der überhaupt nicht aus den drei nun kooperiere­nden Kreisen kommt: Daniel Tress aus Hayingen auf der Schwäbisch­en Alb. Mit seinen drei Geschwiste­rn kreierte er die Marke Tress-Brüder.

Zusammen führen sie fünf BioRestaur­ants – von Fine-Dining bis zum Biergarten –, ein Bio-Hotel, ein Schloss und eine Mühle für Event-Hochzeiten, die Wimsener Höhle als Ausflugszi­el. Und sind außerdem noch Marktführe­r in Deutschlan­d für frische Suppen. Das Erfolgsrez­ept der Tress-Brüder nehmen die Tourismus-Profis aus drei Landkreise­n mit nach Hause: Sich durch Qualität und Offenheit für neue Ideen von der Masse abheben.

 ?? Foto: Alexander Kaya ?? Die Landkreise Neu-Ulm, Dillingen und Günzburg wollen jetzt beim Thema Tourismus an einem Strang ziehen. Auf dem Foto: (von links) Christian Epple (Hotel & Restaurant Hirsch), Stefanie Pröbstle (Waldvogel), Roswitha Stöpfel (Donautaler Wohlfühloa­se), Sonja und Tobias Schön (Naturhof Lutzinger), Daniel Tress (Tress-Brüder) und Matthias Ihle (Waldvogel).
Foto: Alexander Kaya Die Landkreise Neu-Ulm, Dillingen und Günzburg wollen jetzt beim Thema Tourismus an einem Strang ziehen. Auf dem Foto: (von links) Christian Epple (Hotel & Restaurant Hirsch), Stefanie Pröbstle (Waldvogel), Roswitha Stöpfel (Donautaler Wohlfühloa­se), Sonja und Tobias Schön (Naturhof Lutzinger), Daniel Tress (Tress-Brüder) und Matthias Ihle (Waldvogel).

Newspapers in German

Newspapers from Germany