Gemeinsam mehr Touristen anlocken
An einem Strang ziehen wollen künftig die Landkreise Dillingen, Günzburg und Neu-Ulm. Ein neuer Rekord an Übernachtungszahlen soll per Rad-Tourismus erreicht werden – ein Multi-Millionen-Markt.
Steil nach oben zeigen die Kurven der Übernachtungszahlen: Über 1,5 Millionen Nächte wurden 2022 in den drei Kreisen gebucht. Mal abgesehen von der Corona-Delle geht es seit Jahren stetig aufwärts mit dem regionalen Tourismus. Um von Neu-Ulm bis Dillingen bald einen neuen Übernachtungsrekord feiern zu können, wurde jetzt das erste gemeinsame Tourismuskonzept vorgestellt.
Geboren aus der Kooperation bestehender Projekte wie dem Donautäler-Radweg, der durch alle drei Landkreise führt, oder Donauwald-Wanderweg zwischen Günzburg und Dillingen wurde jetzt der „nächste logische Schritt“vollzogen, wie es Franziska Bucher, die im Kreis Dillingen verantwortlich für das Thema Tourismus zeichnet, bei der Vorstellung des Konzepts in der Neu-Ulmer OldtimerFabrik, ausdrückte.
Als Kern der Kooperation soll eine neue Marke rund um die beiden touristischen Stärken der drei Kreise etabliert werden: Rad- und Wandertourismus. „Wir möchten die Qualität noch weiter auf die Spitze treiben“, sagte Franziska Degenhardt vom Günzburger Regionalmarketing über die vorhandenen, zertifizierten Rad- und Wanderwege. Und dann unter einem gemeinsamen Logo auch aktiv bewerben. Der Anfang werde mit dem Radtourismus gemacht, gefolgt vom Thema Wandern bis hin zur Fokussierung auf die kulturellen Angebote in späteren Schritten.
Letztlich geht es darum, die Besucherinnen und Besucher, die vielleicht nur wegen des Ulmer Münsters oder des Legolands in der Region sind, von anderen Vorzügen zu überzeugen. Es gibt Luft nach oben: Nur 1,9 Tage war zuletzt im Schnitt die durchschnittliche Übernachtungsdauer in den drei Landkreisen.
Klar, es geht letztlich ums Geld: Denn grob 112 Euro gab ein Übernachtungsgast im Schnitt pro Tag aus, ein Tagesgast immerhin noch 65 Euro. Der Tagesausflug ist mit etwa 45 Prozent auch die Hauptmotivation, überhaupt die Region zu besuchen. Gefolgt von Gastronomie, Natur, Legoland und dem Einkaufsbummel. Der Bruttoumsatz durch den Tourismus in den drei Kreisen liegt so bei über 583 Millionen Euro im Jahr. Das entspricht knapp 6800 Arbeitsplätzen.
Und wie soll so eine TourismusMarke später einmal aussehen? Als eine Art Vorbild nennen die Tourismusorganisationen aus NeuUlm, Dillingen und Günzburg die „Traumpfade“. Hiermit ist es der Rhein-Mosel-Eifel-Touristik offenbar gelungen, Wanderwege unter einem einheitlichen Auftritt als Marke zu positionieren.
„Bis jetzt hat jeder vor sich selber hingewerkelt“, sagte Christian Epple, einer der Geschäftsführer des Neu-Ulmer Finninger Hotels samt Restaurant namens Hirsch bei einer Podiumsdiskussion mit Praktikern des Tourismus aus den drei Kreisen. Durch eine neue Marke
kann sich der Hirsch-Chef die Erschließung neuer Zielgruppen vorstellen. Zumal der Schwabe sich immer noch etwas schwertue mit der Betonung eigener Stärken. Die Haltung „Nix g’sagt isch g’lobet gnuag“sei immer noch tief verwurzelt. Dabei müsste die Region noch mehr über ihre Stärken sprechen.
Dazu zählt nicht nur nach der Überzeugung von Epple die Gastronomie. Auch Matthias Ihle, der zusammen mit seiner Schwester den Waldvogel in Leipheim führt, stieß in dieses Horn. „Die Gastronomie wird sich spalten: Es wird die reine Nahrungsaufnahme geben. Und es gibt die Welt des Kulturguts Essen, die wir hier alle bedienen wollen.“
Die Themen Premium bedienen auch die beiden anderen Teilnehmenden auf dem Podium: Roswitha Stöpfel, die unter dem Begriff Donautaler Wohlfühloase Ferienhäuser rund um Gundelfingen bewusst als Orte der Entspannung, Wellness und Erholung vermarktet. Und das Ehepaar Sonja und
Tobias Schön, die derzeit ihren Naturhof Lutzingen mithilfe von Tiny-Häusern, Hofladen und einer Naturheilpraxis zu einem Ausflugsziel ausbauen.
Einen Einblick, auf wie vielen Füßen ein regionales, familiengeführtes Unternehmen, das auf Gastronomie und Tourismus setzt, stehen kann, gab ein Mann, der überhaupt nicht aus den drei nun kooperierenden Kreisen kommt: Daniel Tress aus Hayingen auf der Schwäbischen Alb. Mit seinen drei Geschwistern kreierte er die Marke Tress-Brüder.
Zusammen führen sie fünf BioRestaurants – von Fine-Dining bis zum Biergarten –, ein Bio-Hotel, ein Schloss und eine Mühle für Event-Hochzeiten, die Wimsener Höhle als Ausflugsziel. Und sind außerdem noch Marktführer in Deutschland für frische Suppen. Das Erfolgsrezept der Tress-Brüder nehmen die Tourismus-Profis aus drei Landkreisen mit nach Hause: Sich durch Qualität und Offenheit für neue Ideen von der Masse abheben.