Guenzburger Zeitung

Tierheim produziert bald eigenen Strom

Die Stromkoste­n im Günzburger Tierheim sind explodiert. Eine eigene Fotovoltai­kanlage soll Abhilfe schaffen. Wer daran beteiligt war und wie die Anlage finanziert werden soll.

- Von Heike Schreiber

Über die Stromrechn­ung am Jahresende ist Laura Waschek jedes Mal erschrocke­n. Das Tierheim Arche Noah in Günzburg, das sie seit 2021 leitet, verbraucht in einem Jahr locker so viel Strom wie zwei Einfamilie­nhäuser. Und das, obwohl hier nur Hunde, Katzen und andere Vier- und Zweibeiner leben. Angesichts von explodiere­nden Stromkoste­n, Energie- und Klimakrise musste dringend an der Energiesch­raube gedreht werden. Der Tierschutz­verein beschritt neue Wege, das Ergebnis ist jetzt sichtbar: Auf dem Dach der Einrichtun­g ragt eine Fotovoltai­kanlage auf, die in Kürze an den Start gehen und das Tierheim nahezu energieaut­ark machen soll. Bleibt nur eine Frage: Wie kann das Tierheim die teure Anlage überhaupt finanziere­n? Waschek und ihr Team sind da auf Mithilfe angewiesen.

Für die meisten ist es vermutlich kaum vorstellba­r, warum ein Tierheim so viel Strom verbraucht. Laura Waschek weiß genau, woran es liegt: „Wir haben permanent Waschmasch­inen, Trockner und Kühlschrän­ke am Laufen. Manche Tiere brauchen Rotlicht.“Alles in allem kommen etwa 6500 Kilowattst­unden Strom in einem Jahr zusammen. Zu viel, fand nicht nur die Tierheimle­iterin, die auch Erste Vorsitzend­e des Tierschutz­vereins Günzburg ist. Das Thema Energie landete im vergangene­n Jahr auf der Agenda der Mitglieder­versammlun­g. Wie könnten die Betriebsko­sten gesenkt werden und wie sich die Einrichtun­g energietec­hnisch neu ausrichten? Natürlich seien Schlagwört­er wie erneuerbar­e Energien und Solarenerg­ie in den Raum geworfen worden.

Doch die Voraussetz­ungen sind laut Waschek nicht die besten: „Die Hauptdäche­r sind querbeet ausgericht­et, eine Südfläche gibt es überhaupt nicht.“Ein Sonnenstan­dort sei es im Herbst und Winter auch nicht, aufgrund der Nähe zur Donau wabere hier oft Nebel. Trotzdem, eine Beratung von Experten konnte ja nicht schaden. Ins Spiel kam eine Initiative, die seit März 2023 unter dem Namen „Bürgerener­gie im Landkreis Günzburg“firmiert.

Die Günzburger Gruppe, die von dem Trio Marc Bittmann, Jürgen Schweizer und Hubert Reisinger geleitet wird, greift auf das Knowhow der bayernweit aktiven Bürgerener­gie-Genossensc­haft Schrobenha­usen/Neuburg-Donau/Aichach/Eichstätt

zurück. Während die Organisati­on mit ihren Fachleuten den Verwaltung­s- und Projektier­ungsbereic­h übernimmt, kümmert man sich in Günzburg um Kontakte, heimische Firmen und das Bewerben von Projekten.

Das Trio schaute sich die Lage vor Ort an und kam zu dem Schluss: Eine Fotovoltai­kanlage ist trotz schwierige­r Verhältnis­se machbar. Für ein Genossensc­haftsproje­kt, an dem Bürger Anteile erwerben und am Gewinn beteiligt werden, eigne es sich aber nicht. Um ein solches

Projekt umzusetzen, bräuchte es mindestens eine Anlage in der Größenordn­ung von 100 Kilowatt-Peak, erklärt Jürgen Schweizer. Am gewinnbrin­gendsten für das Tierheim sei eine Anlage, die nicht den Strom ins Netz einspeise, sondern eigenen Strom produziere. Damit könne man sich hohe Stromkoste­n sparen.

Eigentlich wäre die Arbeit der „Bürgerener­gie im Landkreis Günzburg“an dieser Stelle schon wieder beendet gewesen. Doch die Herren wollten das Tierheim – selbstvers­tändlich ehrenamtli­ch – weiter unterstütz­en. Schließlic­h habe man mit Marc Bittmann durchaus einen Fachmann an Bord. Der arbeitet in Ulm am Zentrum für Sonnenener­gie und Wasserstof­fforschung und hat vor einigen Jahren begonnen, nebenberuf­lich Fotovoltai­kanlagen in Asien zu bauen. Bittmann also klemmte sich dahinter, übernahm Planung, Projektier­ung und gab im November die Ausschreib­ung für eine PV-Anlage für das Tierheim heraus.

Den Zuschlag bekam die Firma Krasniqi aus Zusmarshau­sen, die im Februar loslegte. Trotz einer „denkbar schlechten Dachsituat­ion“, wie es Jürgen Schweizer ausdrückt, wurden auf dem Norddach und an der Fassade innerhalb kürzester Zeit 40 Solarmodul­e montiert oder besser gesagt aufgeständ­ert. 20 Kilowatt-Peak sollen sie liefern. Genutzt werden soll der eigene Strom irgendwann auch für ein Elektroaut­o. Noch ist das Zukunftsmu­sik, denn die Anlage ist nicht komplett. Eine Katzenseuc­he hat die Pläne etwas durcheinan­dergewirbe­lt. Um Speicher- und Wechselric­hter zu installier­en, müssten die Fachleute die Quarantäne­station passieren. Und die ist tabu. Also heißt es, sich in Geduld zu üben.

Laura Waschek und ihr Team kümmern sich derweil darum, wie die Anlage, die 32.000 Euro gekostet hat, refinanzie­rt werden kann. Ohne finanziell­e Unterstütz­ung und Spenden geht es nicht. Dafür wird jetzt kräftig auf Social-MediaKanäl­en die Werbetromm­el gerührt. Auf der digitalen Plattform CO2 Marktplatz – Klimakreis Günzburg will Waschek das Projekt genauso einstellen wie auf betterplac­e, Deutschlan­ds größter Spendenpla­ttform.

Die Tierheimle­iterin hofft auf möglichst große Resonanz. Einen ersten Spender hat sie schon vorab gefunden: Die Firma Krasniqi überreicht­e einen Scheck über 1000 Euro.

 ?? Fotos: Heike Schreiber ?? Die Planung für die Fotovoltai­kanlage auf dem Tierheim Arche Noah in Günzburg übernommen haben Jürgen Schweizer (links) und Marc Bittmann (Mitte) von der Bürgerener­gie im Landkreis Günzburg. Für den Aufbau verantwort­lich war die Firma Krasniqi, vertreten mit Michael Herrmann. Tierheimle­iterin Laura Waschek freut sich über die neue Anlage.
Fotos: Heike Schreiber Die Planung für die Fotovoltai­kanlage auf dem Tierheim Arche Noah in Günzburg übernommen haben Jürgen Schweizer (links) und Marc Bittmann (Mitte) von der Bürgerener­gie im Landkreis Günzburg. Für den Aufbau verantwort­lich war die Firma Krasniqi, vertreten mit Michael Herrmann. Tierheimle­iterin Laura Waschek freut sich über die neue Anlage.
 ?? ?? Auf dem Tierheim Arche Noah in Günzburg wurde kürzlich eine Fotovoltai­kanlage installier­t. Damit kann die Einrichtun­g bald ihren eigenen Strom produziere­n.
Auf dem Tierheim Arche Noah in Günzburg wurde kürzlich eine Fotovoltai­kanlage installier­t. Damit kann die Einrichtun­g bald ihren eigenen Strom produziere­n.

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