So rockt Samuel Hahn die Big Band
Der fast 30-jährige Günzburger lebt mit dem Downsyndrom und begeistert sich für die Musik. Seine Lehrer fördern ihn – und sind begeistert von seinem Talent.
Nicht einfach nur dabei zu sein, sondern als fest integriertes Mitglied der Big Band der Günzburger Musikschule von allen akzeptiert zu werden, ist für Samuel Hahn eine der vielen schönen Selbstverständlichkeiten seines Lebens mit Downsyndrom. Dort spielt er nicht nur seit vielen Jahren die Congas, auch am Schlagzeug und am Bass beweist er sein Talent. Die Weichen für den Zugang zur Musik wurden schon ganz früh in seinem nun fast 30-jährigen Leben gestellt, da bei seiner Familie die Musik immer ein wesentlicher Bestandteil der Freizeitgestaltung ist und seine beiden älteren Brüder Unterricht für Klavier und Saxofon erhielten. Für Uschi und Harald Hahn war es von Anfang an ein großes Anliegen, ihrem jüngsten Sohn ein möglichst normales Leben zu ermöglichen. „Ich werde bei Samuel alles genauso machen, wie bei meinen großen Kindern“war und ist die Devise seiner Mutter, die allerdings bei der musikalischen Ausbildung ihres Nesthäkchens sich zunächst als etwas schwierig gestaltete.
Der kleine Samuel wollte so gerne Schlagzeug lernen. Allerdings erwies sich der Versuch, Personen im heilpädagogischen Bereich für den Musikunterricht zu gewinnen, trotz aller Bemühungen als nicht realisierbar. Hilfe erfuhr Uschi Hahn von Eberhard Althammer, dem damaligen Leiter der Musikschule Günzburg, der vor vier Jahren starb. Er hatte von der vergeblichen Suche nach einem Lehrer erfahren und spontan beschlossen, Samuel Unterricht am Schlagzeug zu ermöglichen. Der erfahrene Musiklehrer hatte zwar keine heilpädagogische Grundausbildung, aber er sah die Sache pragmatisch: „Warum soll das mit Samuel nicht funktionieren?“Die Eltern kauften ein Schlagzeug, das im Keller des Hauses in Denzingen seitdem seinen festen Platz hat und auf dem Samuel täglich mit Begeisterung übt und spielt. Sein Bruder Daniel hat ihm dort vor einigen Jahren ein kleines Musikstudio eingerichtet mit Lichtanlage und Mischpult. Sein großes Repertoire an Songs, die er sich aufs Handy geladen hat oder aus seiner CD-Sammlung auflegt, hört er über Kopfhörer und begleitet dann seine Lieblingslieder am Schlagzeug.
Als Joe Gleixner vor zehn Jahren die Leitung der Musikschule übernahm, schlug er vor, diesen Musterschüler in die Big Band aufzunehmen. Hier spielt Samuel seitdem mit großer Freude die Congas. Der Leiter der Musikschule ging von Beginn an mit einer großen Offenheit auf den Teenager zu und behandelte ihn wie alle anderen Schüler mit einer gehörigen Portion Fingerspitzengefühl. Für den Orchesterchef sind die Erfolge, die Samuel im Unterricht erzielt und die Freude, die er dabei erlebt, nicht hoch genug zu bewerten. Eine Bestätigung seines Einsatzes für Samuel hat Joe Gleixner bei einer Schulleiterschulung erhalten: Hier ging es um Inklusion im Musikschulbetrieb. Das Fazit: Jede Art von Eingliederung in den normalen Alltag wurde ausdrücklich als wünschenswert bezeichnet.
Es ist schon zu einem kleinen Ritual geworden, wenn Samuel vor Unterrichtsbeginn bei ihm vorbeischaut und Hallo sagt. Er ist ein fest integriertes Mitglied der Band, wird von allen akzeptiert und fühlt sich sichtlich wohl und aufgenommen. Auch seine Erfolge beim Skifahren, neben der Musik seinem zweiten großen Steckenpferd, teilt Samuel Hahn mit seinen Lehrern an der Musikschule.
Neben den Congas und dem Schlagzeug nimmt Samuel auch Unterricht am Bass. Seine Lehrer, Stefan Baldauf und Johannes Mühlfriedel, bezeichnen die Arbeit mit ihm als sehr angenehm und sind angetan von seinem musikalischen Talent und seiner Spielfreude. Er kommt immer wieder mit eigenen Ideen und bringt seine Vorschläge mit, die er dann gemeinsam mit seinen Lehrern erarbeitet. Samuel kann Noten lesen und schreiben und übt mit großem Eifer. Höhepunkt der Unterrichtsstunden ist für Samuel und seinen Lehrer, wenn die beiden gemeinsam ein gelerntes Stück spielen.
Günzburgs Musikschulleiter setzt auf Inklusion im Schulbetrieb.