Guenzburger Zeitung

„Ich möchte nicht, dass er vergessen wird“

Der Rumäne Constantin Popa aus Kötz ist vor vier Jahren spurlos verschwund­en. Der Hauptsachb­earbeiter der Kripo Neu-Ulm will in dem Fall nicht aufgeben.

- Von Heike Schreiber

Dennis Kramer kann sich einfach nicht vorstellen, dass ein junger Mensch plötzlich spurlos verschwind­et. Die Geschichte des Rumänen Constantin Popa, der seit dem 31. Januar 2020 im Landkreis Günzburg vermisst wird, lässt dem Kriminalob­erkommissa­r der Kripo Neu-Ulm bis heute keine Ruhe. Seit vier Jahren steckt er als Hauptsachb­earbeiter mittendrin in dem Fall, in dem es bis auf einen gelben Rucksack keine Spuren und keine Leiche gibt. Die Ermittlung­en wurden eingestell­t, doch der Kripobeamt­e will den Fall nicht zu Akten wandern lassen. „Ich möchte nicht, dass er vergessen wird.“Zumal auch Popas Vater immer wieder bei ihm anrufe und die Hoffnung auf gute Nachrichte­n nicht aufgegeben habe. Dass jüngst ein Fernsehtea­m dem Vermissten einen längeren Beitrag gewidmet hat, wertet Kramer als gutes Zeichen.

Was am 31. Januar 2020 mit Constantin Popa passiert ist, bleibt ein Rätsel. Laut Polizeiprä­sidium

Schwaben Süd/West hatte der damals 30-Jährige gegen 13 Uhr seine Wohnung in Großkötz verlassen, um zu Fuß zur Arbeit zu gehen. Dort kam er aber nie an, sein Vermieter meldete ihn als vermisst. Ein Arbeitskol­lege fand wenige Tage nach dem Verschwind­en des Mannes dessen Rucksack. Der auffällig gelbe Rucksack mit der Aufschrift „Deutsche Post DHL Group“hing an einem Baum an der Günz zwischen Groß- und Kleinkötz.

Kurz darauf wurde die Gegend an der Günz von Polizei, Feuerwehre­n, Rettungsdi­ensten und der DLRG durchkämmt. Doch Popa blieb verschwund­en. Da es keine Anhaltspun­kte für einen Suizid oder einen Unfall gab, ein Gewaltverb­rechen aber nicht mehr ausgeschlo­ssen werden konnte, übernahm die Kriminalpo­lizei NeuUlm die weiteren Ermittlung­en. Die Ermittlung­sgruppe „Rucksack“wurde eingericht­et. Die Polizei versuchte es mit einer Plakatakti­on in Zügen, setzte dann eine Belohnung in Höhe von 10.000 Euro aus. Einen entscheide­nden Hinweis bekam sie aber nicht. Auch die engeren Familienan­gehörigen in Rumänien, die von rumänische­n Polizisten vernommen wurden, konnten nichts beisteuern.

Im Oktober 2020 wollte die Kripo Totschlag oder gar Mord nicht mehr ausschließ­en. Die Polizei konzentrie­rte ihre Ermittlung­en auf einen 37-Jährigen, ein Verfahren

wegen Mordes wurde eingeleite­t. Weil aber kein dringender Tatverdach­t bestand, wurde das Verfahren eingestell­t. Auch das Aufrollen des Falls in der ZDF-Fernsehsen­dung „Aktenzeich­en XY … Ungelöst“brachte keine neuen Hinweise. Der Fall wurde vorläufig eingestell­t, doch im Hintergrun­d ist die Kripo noch immer aktiv. „Wir lassen nicht locker, die Ermittlung­en können jederzeit sofort wieder aufgenomme­n werden“, betont Dennis Kramer, der über sich selbst sagt: „Da hängt viel Herzblut an der Geschichte.“Als Hauptsachb­earbeiter sei er von der ersten Sekunde bis jetzt voll involviert. Dass ein Mann im Alter Popas so plötzlich vom Erdboden verschwind­en könne, sei schwer fassbar und beschäftig­e ihn immer wieder.

Erst recht, da in regelmäßig­en Abständen der völlig verzweifel­te Vater des Vermissten anrufe und auf Neuigkeite­n hoffe. „Der Vermisste hat Familie, Angehörige, die wissen wollen, was los ist. Da können wir nicht aufhören“, sagt der Kriminalob­erkommissa­r. Positiv sei, dass sich bis heute Menschen an die Kripo wendeten, die von Popa gehört, gelesen oder ihn gesehen haben wollen. Schließlic­h sei auch sein Fahndungsa­ufruf mit Profilfoto weiter auf der Homepage des Bundeskrim­inalamts aktiv. Laut Kramer handelt es sich pro Jahr um eine niedrige zweistelli­ge Anzahl an Hinweisen.

Leider seien die meisten qualitativ nicht hochwertig und hätten nicht bestätigt werden können. Ein Problem sei auch, dass der Nachname Popa in Rumänien ein Allerwelts­name

wie Müller oder Meier in Deutschlan­d sei. Dennis Kramer ist dennoch überzeugt: „Es muss jemanden geben, der etwas weiß.“Sollte es sich tatsächlic­h um ein Verbrechen handeln, habe der Täter sein Handwerk verstanden. Um aber einen Menschen profession­ell verschwind­en zu lassen, brauche es einen oder mehrere Komplizen. Und der oder die würden vielleicht doch eines Tages ihr Mitwissen preisgeben. Zumal nach wie vor eine Belohnung in Höhe von 10.000 Euro ausgesetzt sei.

Fast exakt vier Jahre nach dem Verschwind­en Constantin Popas sei ein privater Fernsehsen­der aktiv geworden und habe ein Drehteam vor Ort geschickt, berichtet Dennis Kramer. Er selbst sei dafür auch interviewt worden. Dass in einem 15-minütigen Beitrag der Fall aufgegriff­en wird, freut den Kripobeamt­en. Somit werde er einem größeren Publikum wieder in Erinnerung gebracht. Kramer hofft, dass vielleicht der ein oder andere neue Hinweis komme. Und er verspricht: „Wir gehen jeder Spur nach.“

Es gab einen großen Sucheinsat­z im Februar 2020.

 ?? Foto: Alina Heindl (Archivbild) ?? Mehr als 100 uniformier­te Beamte waren im März 2020 unterwegs, um Spuren im Fall Constantin Popa zu finden.
Foto: Alina Heindl (Archivbild) Mehr als 100 uniformier­te Beamte waren im März 2020 unterwegs, um Spuren im Fall Constantin Popa zu finden.
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Foto: Polizei Constantin Popa aus Rumänien ist am 31. Januar 2020 in Kötz spurlos verschwund­en.

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