Reformhaus schließt: „Wir hätten mehr Stammkunden gebraucht“
Das Rockoli und Röschen in der Burgauer Innenstadt wird es ab Montag nicht mehr geben. Die Gründe für die Schließung sind vielfältig. Darauf gab es viele Reaktionen.
Andreas Feil, der Inhaber von Rockoli und Röschen, hat keine leichte Entscheidung getroffen. Sein Reformhaus in der Stadtstraße, mitten im Herzen der Stadt, hat am verkaufsoffenen Marktsonntag ein letztes Mal geöffnet. Seit 22 Monaten führte er das Geschäft und bot auf 266 Quadratmetern eine große Bandbreite an Produkten an, die dem Wohlbefinden zuträglich waren. Für Feil war Rockoli und Röschen ein Herzensprojekt, das er mit großer Unterstützung von Freunden und Familie aufbaute. Sein Reformhaus mit Café entwickelte sich zu einem Ort, in dem es nicht nur um nachhaltige Lebensmittel oder Naturheilprodukte ging, sondern der auch Raum für Begegnung und Vernetzung schaffte. Der Unternehmer spricht jetzt über die Gründe, warum er aufhört, über das Konsumverhalten vieler Menschen, aber auch wie es für ihn weitergehen kann.
„In den vergangenen Tagen war ich sehr traurig“, erzählt Andreas Feil. Immer wieder kamen Menschen in seinen Laden, die bereits aus den sozialen Netzwerken über die Schließung erfahren haben, um sich von ihm zu verabschieden. „Dass so viele Menschen kamen und sich bei mir bedankt haben, hat mich komplett überrumpelt“, sagt Feil. Im Mai 2022 eröffnete er nach elf Wochen mühsamer Umbauarbeiten das Reformhaus. Erschüttert von einer Diagnose hängte er damals seinen Beruf als Entwicklungsingenieur bei BMW in München an den Nagel. „Ohne die Unterstützung von Freunden und Familie hätte ich das alles nicht geschafft“, sagt er. In den vergangenen 22 Monaten ermöglichte Feil durch sein Reformhaus mehrere Spendenaktionen für soziale Zwecke. So kamen allein 2500 Euro Spendengelder zur Unterstützung krebskranker Kinder zustande.
Dieses Kapitel muss Feil jetzt schließen. Ein Grund ist die Gesundheit.
„Alles muss auch gesund bleiben, nicht nur der Körper, auch die Seele und der Geist“, sagt er. Für die Idee Rockoli und Röschen brannte er, wählte den Weg in die Selbstständigkeit. Durch die Kooperation mit regionalen Lieferanten hielt Feil neben typischer Reform-Ware auch ein Angebot als Dienstleister aufrecht. „Wegen meiner damaligen Erkrankung habe ich alles Mögliche an Naturheilprodukten ausprobiert.“Es entstanden intensive Kontakte mit Medizinern, Heilpraktikern, ja sogar Hebammen. Manchmal helfe es auch mal, kein Präparat zu empfehlen, sondern jemandem einen guten Kontakt
oder eine Visitenkarte mitzugeben. Immer mehr Reformhäuser verschwinden von der Bildfläche, erklärt Feil. Zu tun habe das vor allem auch mit dem Konsumverhalten der Menschen, das sich grundlegend verändert habe. Wirtschaft und Discounter steuern und drücken die Preise. Als kleiner „TanteEmma-Laden“habe man es da schwer, mithalten zu können. Die Verbraucher, wirtschaftlich gebeutelt von den Krisen, gehen zu den großen Discountern, merkt der gebürtige Offinger an. Der Markt für Reformhäuser habe bereits zu Coronazeiten um rund acht Prozent verloren. Inzwischen verzeichne dieser Einbußen von rund 20 Prozent. „Das liegt schon daran, dass alles billiger sein muss“, sagt Feil.
Vielleicht führe seine Schließung dazu, dass doch noch einige ihr Konsumverhalten überdenken und erkennen, was es ausmache, wenn viele kleine Läden schließen, sagt Feil. Ein großes Manko sei auch gewesen, dass immer wieder Leute in seinen Laden kamen, sich beraten ließen und im Internet bestellt haben, anstatt den regionaleren Geschäften eine Chance zu geben. „Früher ist man auch mit dem Milchkännchen zum Bauern gelaufen und hat Milch geholt. Wenn die Leute wieder etwas mehr in die
Richtung kämen, da wär viel geholfen“, sagt er. Man habe bessere Qualität und vor allem sei es nachhaltiger. Sein Wunsch war, dass dieses Konzept aufgeht – allein, weil dadurch viel Verpackung wegfalle. Doch dafür scheint die Gesellschaft noch zu bequem zu sein, betont Feil. Für viele ist es eine Frage des Komforts, wenn man zum Discounter geht – nicht nur wegen der billigen Preise, sondern auch, weil man dort alles bekommt, natürlich gut verpackt. Das schaffe „Tante Emma“nicht. „Mir fehlten tatsächlich noch mehr treue Kunden, die diese Nachhaltigkeit und Achtsamkeit gelebt haben.“
In den vergangenen 22 Monaten hat Feil ein starkes Unternehmernetzwerk in Augsburg und München bis in die Region aufbauen können. Darunter zählt er Spezialisten aus dem Bereich der Naturheilkunde und der Schulmedizin. Besonders wertvoll seien ihm auch die Kontakte mit seinen Kunden gewesen, die er im Laufe der Zeit hat knüpfen können. Patienten, mit denen er über ihre Volkskrankheiten sprach und die ihre Erfahrungen mit ihm teilten. „Ich habe einfach eine breite Allgemeinbildung zu Gesundheits- und Umweltthemen aufbauen können und bin darauf auch stolz. Das ist das Kostbarste, was ich aus der Zeit im Rockoli mitnehme.“
Für die Themen Umwelt, Klima, Nachhaltigkeit, wie auch für Gesundheit und Wohlbefinden sei er nach wie vor passioniert. „Ich darf das weiterhin in beratender Funktion machen“, sagt er. In Zukunft will er als Dienstleister Vorträge halten, so sein Wissen weitergeben und verschiedenste Plattformen dafür nutzen, sagt er. „Für mich ist das Ende von Rockoli und Röschen kein Schritt zurück, nur ein Schritt zur Seite“, betont Feil. „Ich bin gewachsen an den Herausforderungen und freue mich auf zukünftige Themen um Umwelt, Klima und Nachhaltigkeit, aber auch Gesundheit und Wohlbefinden. Burgau sei ihm nach wie vor ans Herz gewachsen.