Guenzburger Zeitung

Schon vor dem Lernzirkel wird die Synagoge zum Lernort

Ab Montag werden Gymnasiast­en in der ehemaligen Synagoge Ichenhause­n wieder mehr als 1000 Grundschül­er aus dem Landkreis unterricht­en. Auch das Auftaktkon­zert ist ein lehrreiche­r Abend.

- Von Rebekka Jakob

„Diese unermessli­che Sehnsucht“– unter diesem Titel stand das Konzert mit Harfe und Gesang zur Eröffnung der Woche der Brüderlich­keit in der ehemaligen Synagoge Ichenhause­n. Es war ein Abend unter ganz besonderen Vorzeichen: Denn zum einen findet ab Montag an gleicher Stelle der Lernzirkel Judentum des Dossenberg­er-Gymnasiums statt, und das bereits zum 25. Mal. Zum anderen hieß die Künstlerin Susanne Weinhöppel – wie bereits vor einem Vierteljah­rhundert, als zum ersten Mal Gymnasiast­en mit Grundschül­ern hier über jüdisches Leben und jüdischen Glauben sprachen.

Klaus Wolf, Vorsitzend­er des Stiftungsr­ates der Stiftung ehemalige Synagoge Ichenhause­n, sprach von einem Lernort mit großem Symbolwert, zu dem das Herz der einstigen jüdischen Gemeinde im „schwäbisch­en Jerusalem“in dieser Woche wird. Der Lernzirkel sei eine besonders gelungene Möglichkei­t der Antisemiti­smuspräven­tion. Oder, wie es Josef Schuster, der Präsident des Zentralrat­s der Juden in Deutschlan­d bei seinem Besuch ausdrückte: „Ichenhause­n ist ein Synonym der Hoffnung.“

Hoffnung und Verzweiflu­ng, Sehnsucht und Liebe, ernste Töne und humorvolle Texte wechselten sich im Programm von Susanne Weinhöppel ab. Die Harfenisti­n und Sängerin schlug in ihrem jiddisch und deutsch vorgetrage­nen Programm den Bogen von der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg bis in die

Gegenwart. Klug und fundiert, nachdenkli­ch und humorvoll, führte sie in die Lieder und Texte ein, ließ dabei Autoren wie Kurt Tucholsky, Mordechaj Gebiertig,

Erich Fried und Wolf Biermann zu Wort kommen. Statt dabei den Zeigefinge­r zu erheben, nutzte die Künstlerin aus München ihre Finger deutlich gewinnende­r an den

Saiten Harfe, der sie bei den zum großen Teil selbst geschriebe­nen Arrangemen­ts berührende und sehnsuchts­volle Töne entlockte.

Ab Montag lernen mehr als 1000 Grundschül­er aus dem gesamten Landkreis von den Neuntkläss­lern des Günzburger Gymnasiums in der ehemaligen Synagoge und auf dem jüdischen Friedhof, wie das jüdische Leben in der schwäbisch­en Kleinstadt vor 100 Jahren ausgesehen hat. Auch für die erwachsene­n Konzertbes­ucher wurde die Synagoge an diesem Abend zum Lernort.

Das Konzert zur Eröffnung der Woche der Brüderlich­keit wie übrigens auch der zum Jubiläum angebotene Lernzirkel für Eltern der Dossenberg­er-Gymnasiast­en am Sonntag hätten deutlich mehr Teilnehmen­de verdient gehabt.

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Foto: Rebekka Jakob Susanne Weinhöppel gestaltete das Konzert zum Auftakt der Woche der Brüderlich­keit in der Synagoge Ichenhause­n.

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