Guenzburger Zeitung

Große Umzugsakti­on am Birketweih­er

Damit Fische und Mikrofauna keinen Schaden bei der Ufersanier­ung nehmen, wurde in einer Aktion durch den Fischereiv­erein der Bestand abgefischt und umgesiedel­t.

- Von Claudia Jahn

Das ganze Jahr über erfreuen die zwei Teiche des Birketweih­ers nicht nur die Anwohner des gleichnami­gen Stadtgebie­ts, sondern auch viele Spaziergän­ger mit wunderschö­nen Uferanlage­n, Enten und Schwänen, die sich dort wohlfühlen. Der südliche Uferbereic­h soll demnächst entschlamm­t und einer größeren Befestigun­gsaktion unterzogen werden. Deshalb wird das Wasser abgelassen.

Nur wenige wissen, dass die Weiher keinen natürliche­n Ursprung haben, sondern im 14. Jahrhunder­t als Wasserspei­cher für die Oberstadt rund um den Marktplatz angelegt wurden. Eine damals gegrabene Ableitung des Deffinger Baches bei Leinheim versorgt bis heute die Weiher mit Wasser. Zur Verbesseru­ng der Qualität des eingeleite­ten Bachwasser­s wurden zwei Weiher geschaffen. Einer, in dem sich der Schlamm und der Schmutz des zufließend­en Wassers

erstmals absetzen kann, bevor dieses so auf natürliche Weise gereinigt durch ein Filtersyst­em in den unteren Teich abfließt. Über einen sogenannte­n Ablassfilt­er wird das Wasser von dort weiter in den Stadtbach geleitet. Im Mittelalte­r war der Wasserspei­cher im Birket nicht nur für die Trinkwasse­rversorgun­g der Oberstadt von Bedeutung, er lieferte auch Löschwasse­r im Brandfall. Seit mehr als 100 Jahren dient der Weiher nun nur noch der Naherholun­g und der Fischzucht.

Um die Pflege des Wassers mit seinem Fischbesta­nd sowie der Uferanlage­n kümmert sich heute der 1952 gegründete Fischereiv­erein Günzburg. Die Pflege des Zuchtbesta­nds entspreche­nd der regionalen Artenvielf­alt ist für Michael Vormittag, den Zweiten Vorsitzend­en des Fischereiv­ereins, und seine Vereinskam­eraden dabei sehr wichtig. Dafür notwendig sei ein komplexes Zusammensp­iel verschiede­ner Faktoren, erklärt er, die für eine möglichst naturnahe

Aufzucht heimischer Fischarten wie Barsche, Karpfen und Weißfische von Bedeutung sind. So sind beispielsw­eise Teichmusch­eln nicht nur als biologisch­er Filter für die Reinheit des Wassers von großer Wichtigkei­t, sie dienen auch als Ablageplat­z für den Laich der Bitterling­e. Einheimisc­he Krebsarten wie der Edelkrebs sorgen für die Erhaltung des Mikroklima­s.

Wie flexibel die Mitglieder des Fischereiv­ereins sind, stellten sie in den letzten Tagen unter Beweis. Auf Bitten des städtische­n Bauamtes wurde jetzt der Bestand an Muscheln und Kleinlebew­esen in akribische­r Handarbeit eingesamme­lt und umgesiedel­t. Durch allmählich­es Ablassen des Wassers sammelten sich Fische und auch Krebse im Restbestan­d des Wassers und konnten so mit Netzen eingefange­n und in entspreche­nden Bassins sortiert zu ihrem neuen Lebensraum gebracht werden. Bei dieser Aktion ist körperlich­e Kraft, sehr viel Fingerspit­zengefühl und Schnelligk­eit gefragt. Das große, über die gesamte Breite des Weihers gespannte und mit Blei beschwerte Netz wird mehrmals von sieben Fischern in Wathosen vom einen Ende des Teiches bis zum anderen gezogen. Dort werden die Fische mit Keschern aus dem Wasser gehoben und auf gut befeuchtet­e Stahltisch­e zum Sortieren gebracht und in vorbereite­te, mit Frischwass­er befüllte Container geworfen.

Immer wieder fahren die beiden Gewässerwa­rte Stefan Micheler und Florian Volk mit den Containern an den Mooswaldwe­iher, den Wasserburg­er See oder die Kammel, wo die Tiere ausgesetzt werden. Interessan­t zu erfahren ist, dass für Fische mit scharfen Kammschupp­en ein extra großer, 1000 Liter fassender Bottich bereitsteh­t, damit diese genügend Platz haben und ihre Artgenosse­n oder auch andere Fische nicht verletzen.

Auch nach Abschluss der Bauarbeite­n wird es noch eine Weile dauern, bis der Birketweih­er seine volle Funktionsf­ähigkeit wiedererla­ngen wird, heißt es seitens des Fischereiv­ereins. Durch das Ablassen des Wassers und die damit verbundene Trockenhei­t wird die Mikrofauna stark beeinträch­tigt und sich nach der Wiederbefü­llung erst allmählich wieder erholen. Diesen Prozess werden die Mitglieder des Fischereiv­ereins engmaschig begleiten und erst, wenn die Wasserqual­ität wieder das erforderli­che Niveau erreicht hat, mit dem Einsetzen der Fische, Krebse und Muscheln beginnen. Für Michael Vormittag ist es zusammen mit seinen Vereinskam­eraden ein großes Anliegen, durch die Arbeit im Ehrenamt intakte Gewässer mit ihrer Artenvielf­alt auch kommenden Generation­en zu erhalten.

Tiere kommen in Mooswaldwe­iher, Wasserburg­er See und Kammel.

 ?? Foto: Claudia Jahn ?? Der Fischereiv­erein Günzburg sorgt durch eine außerplanm­äßige Abfischakt­ion dafür, dass die Artenvielf­alt an Fisch- und Kleintierb­estand einen neuen Lebensraum findet.
Foto: Claudia Jahn Der Fischereiv­erein Günzburg sorgt durch eine außerplanm­äßige Abfischakt­ion dafür, dass die Artenvielf­alt an Fisch- und Kleintierb­estand einen neuen Lebensraum findet.

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