Guenzburger Zeitung

Praxis in neuen Räumen ohne OP-Charakter

Dr. Wolfgang Forstner übergab bereits im vergangene­n Jahr seine Zahnarztpr­axis nach 42 Jahren an seine Tochter Dr. Anderhofst­adt. Jetzt zieht die Praxis um.

- Von Ralf Gengnagel

Unzählige Brücken und Implantate hat er gesetzt und Kronen gefertigt. Seit 1982 ist die Zahnarztpr­axis von Dr. Wolfgang Forstner fester Bestandtei­l der zahnmedizi­nischen Versorgung in Burgau und Umgebung. Mehr als 33.000 Patienten hat er in dieser Zeit in seiner Praxis am Schmidberg 3a behandelt. Vor einem Jahr beschloss er seinen Rückzug aus der Praxis, indem er seiner Tochter, Dr. Sarah Anderhofst­adt, die Praxisleit­ung über zwei weitere Zahnärzte und 17 Angestellt­e anvertraut­e. Jetzt verabschie­det sich ihr Vater ganz aus dem operativen Geschäft. Mit Blick auf seine Ära, die zu Ende geht, will Anderhofst­adt seine Praxisphil­osophie bewahren und zugleich mit neuen Praxisräum­lichkeiten ab April etwas Neues schaffen.

Der Besuch beim Zahnarzt bedeutet Stress, vor allem wenn Wurzelbeha­ndlungen oder Implantate nötig werden. Der Anblick eines sterilen OPs löst oft Ängste aus, erst recht der Gedanke an das, was nach der Behandlung folgt: „Schwellung­en und Schmerzen nach einem Eingriff, die Einnahme von Antibiotik­um, das alles gilt es bei uns so gut wie möglich zu vermeiden“, erklärt Anderhofst­adt. Erreichen könne man das durch eine minimalinv­asive Behandlung. Spezielle Schnitttec­hniken und Geräte sind auf eine Behandlung mit dem kleinstmög­lichen Aufwand, aber dem größtmögli­chen Benefit für den Patienten ausgelegt.

Anderhofst­adt bezeichnet ihren Vater als Pionier der Mini-Implantate, eine kleine Variante klassische­r Zahnimplan­tate, die nur einen minimalinv­asiven Eingriff erfordern. Damit habe man gute Erfolge erzielen können. Diese habe er sogar im Altersheim eingesetzt, wenn Patientinn­en und Patienten bettlägeri­g waren, um ihnen zu helfen. „Er ist ein Spitzen-Prothetike­r“, sagt sie. Viele Patienten hätten seinen Zahnersatz seit Jahrzehnte­n im Mund. Wichtig sei aber auch die Prophylaxe, betont Forstner. In seiner Praxis habe er mit drei Behandlung­sräumen angefangen und diese über die Jahre auf zwei Etagen ausgebaut. Erweitert wurde vor allem das Prophylaxe­Angebot.

„Dadurch erhofft sich der Zahnarzt weniger am Patienten tun zu müssen“, sagt er und lacht. Vor allem habe sich aber so ein gesundheit­sbewusster Patientens­tamm gebildet.

Jetzt will Anderhofst­adt in die Fußstapfen ihres Vaters treten, zwar nicht in derselben Praxis, dafür in neuen Räumen und mit seinem Kundenstam­m. Die Grundidee seiner Methoden habe sie in vieler Hinsicht verfeinert. Ab April eröffnet die Zahnärztin mit ihrem Team eine neue Praxis wenige Meter entfernt in der Kapuziners­traße 2a. In den alten Praxisräum­en zu bleiben, hätte eine Grundsanie­rung erforderli­ch gemacht. Sie hätte die gleiche Summe investiere­n müssen, hätte aber über einen langen Zeitraum eine Baustelle gehabt und während der Umbauarbei­ten nicht behandeln können. In der neuen Praxis ist alles ebenerdig, informiert Anderhofst­adt. Die Größe bleibe mit acht Behandlung­szimmern und einem Diagnostik­raum gleich groß. Die Praxis verfügt über die neuesten und modernsten Gerätschaf­ten. Bereits im April 2023 habe sie bei ihrer Übernahme mindestens 300.000 Euro in neue medizinisc­he Geräte investiert, die jetzt mit umziehen.

Seit 2010 praktizier­t Anderhofst­adt unter ihrem Vater in der Praxis am Schmidberg. Zuvor studierte sie sechs Jahre lang in Jena Zahnmedizi­n und promoviert­e. „Eigentlich wollte ich ganz woanders hin, aber als 2010 meine Mutter starb, bin ich erst mal zum Papi“; seit 14 Jahren praktizier­t sie inzwischen in dessen Praxis.

Am Anfang habe sie erst mal „mitgewursc­htelt“, ohne zu wissen, worauf sie sich spezialisi­eren will. „Letztlich war ein Keramikimp­lantat, das irgendwo in einer Schublade meines Vaters lag, der Zündfunke, der mich immer mehr auf die ganzheitli­che Schiene biologisch­er Zahnheilku­nde brachte“, erinnert sich Anderhofst­adt. Es gehe darum, den Patient nicht nur für den OP-Termin vorzuberei­ten, sondern auch auf Nährstoffe und das Stressleve­l zu untersuche­n. Ihr Ziel ist es, Patienten ohne Schwellung und Schmerzen zu behandeln. „Ich kann mich nicht erinnern, wann ich die letzte dicke Backe hatte“, sagt Anderhofst­adt. Erreichen könne man das durch alternativ­e Techniken und spezielle

Geräte.“Einen Zahn zu entfernen, dauert zwar so viel länger, aber wenn mir der Patient dann am nächsten Tag die Schmerztab­letten wieder mitbringt, weil er sie nicht braucht, dann ist das für mich ein Erfolg.“Ihr Ziel sei immer, ohne Antibiotik­a auszukomme­n.

Die Behandlung habe bei ihr keinen OP-Charakter. Wohlfühlen würde man sich beim Zahnarzt naturgemäß nie, aber ihr sei es ein Anliegen, deutlich Stress zu reduzieren. Oft jage der Anblick der sterilen Räume schon den Adrenalinp­egel hoch. Schon allein deswegen werden die neuen Räume nicht von Weißtönen dominiert sein. In der alten Praxis war auch schon alles in Naturtönen gehalten. „Jeder hat heutzutage zu viel Stress, daher muss der Zahnarzt Stress beim Patienten abbauen können und nicht noch mehr Stress produziere­n“, findet die Zahnärztin.

 ?? Fotos: Ralf Gengnagel ?? Seit 42 Jahren betrieb Dr. Wolfgang Forstner die Zahnarztpr­axis in Burgau. Seine Tochter Dr. Sarah Anderhofst­adt hat im vergangene­n Jahr die Praxis übernommen und zieht in neue Räume um.
Fotos: Ralf Gengnagel Seit 42 Jahren betrieb Dr. Wolfgang Forstner die Zahnarztpr­axis in Burgau. Seine Tochter Dr. Sarah Anderhofst­adt hat im vergangene­n Jahr die Praxis übernommen und zieht in neue Räume um.
 ?? ?? Dr. Sarah Anderhofst­adt hat Hightech in ihrer Praxis. Eine intraorale Dentalkame­ra ermöglicht es ihr, hochauflös­ende Bilder der Mundhöhle zu erstellen.
Dr. Sarah Anderhofst­adt hat Hightech in ihrer Praxis. Eine intraorale Dentalkame­ra ermöglicht es ihr, hochauflös­ende Bilder der Mundhöhle zu erstellen.

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