Guenzburger Zeitung

Putins Hund und Pudels Beitrag

Der alte und neue russische Präsident agiert mit Einschücht­erung und Spaltung – nach innen wie außen. Das zeigt sich auch bei uns, zum Beispiel in der Debatte um den Taurus.

- Von Christian Imminger

Die halbe Welt diskutiert seit geraumer Zeit, was es wohl bedeuten würde und was zu tun sei, wenn er wieder Präsident würde. Also Trump. Und ungeachtet aller ohne Zweifel damit einhergehe­nden Widrigkeit­en lacht darüber (kalt und nach innen, wie wir seit Chesterton um das Böse wissen) nur einer, nämlich Wladimir Putin. Denn der wird an diesem Wochenende auf jeden Fall wieder Präsident, während in den USA immerhin noch die Möglichkei­t besteht, dass es auch anders kommt.

Russland und die Wahlen aber: eh klar. Doch was folgt daraus? Haben wir uns damit einfach abgefunden, also mit Putin? Wie all die Jahre davor, als man noch hoffte, ihn mittels buchstäbli­cher Anbindung, nämlich an das deutsche Erdgasnetz, irgendwie bei Laune und an der Leine zu halten? Im Gegenteil, er ließ bekanntlic­h damals vor Angela Merkel seinen Hund von selbiger, doch Einschücht­erung ist freilich nicht sein einziges Herrschaft­sprinzip, weder nach innen noch nach außen.

Nein, als ehemaliger Geheimdien­stmann weiß Putin genau um die Macht der Spaltung und Desinforma­tion. Diabolein heißt das im Griechisch­en, also: durcheinan­derbringen, Zerwürfnis erzeugen, entzweien. Es ist ein altes Rezept von Diktaturen, und ein Diktator ist er und muss er mittlerwei­le genannt werden, daran ändert auch die an diesem Freitag beginnende Abstimmung nichts, die sich im Grunde, auch das ein Muster, nur darum dreht: Wir, „das Volk“, oder die anderen, die nicht dazugehöre­n.

Komplexer und nicht minder perfide ist dieses Spiel allerdings, wenn es um das Ausland geht. Die Täuschungs- und Manipulati­onsversuch­e, die öffentlich­e Meinung in Europa und Deutschlan­d zu beeinfluss­en, zu spalten, sind jedenfalls Legion. Vom „Fall Lisa“während der Flüchtling­skrise, von der Unterstütz­ung rechtsgeri­chteter Bewegungen auf dem ganzen Kontinent, russischen Trollen in den Kommentars­palten bis hin zu jetzt, wenn gefühlt über nichts heftiger als um einen Marschflug­körper gestritten wird. Und man ist versucht zu sagen: Putin hat sein Ziel erreicht. Denn war sich Europa, waren sich auch die Parteien der Mitte in einem bis dato militärisc­h nicht ohne Grund äußerst zurückhalt­enden Deutschlan­d erstaunlic­h einig zu Beginn der russischen Aggression und vor allem zur großen Überraschu­ng Putins, so herrscht spätestens jetzt der Zwist, etwa zwischen Frankreich und Deutschlan­d – und hierzuland­e die Parteitakt­ik. Anders ist zumindest nicht zu erklären, warum die Union im Bundestag, der übrigens gar nicht zuständig ist, erneut über den Taurus abstimmen ließ (und nicht mal alle eigenen Abgeordnet­en dafür waren), die Sozialdemo­kraten wiederum Olaf Scholz mit Blick auf die Wahlen als „Friedenska­nzler“inszeniere­n wollen. Wie leicht man den Manipulati­onsversuch­en erliegen kann, hat nach dem abgehörten und von Russia Today veröffentl­ichten Bundeswehr-Gespräch exemplaris­ch auch für viele Medien aber der CDU-Politiker und oft gesehene TalkshowGa­st Roderich Kiesewette­r gezeigt, der prompt über Putins Stöckchen hüpfte und sagte: „Russland hat gezeigt, dass Scholz mit falschen Informatio­nen arbeitet.“Russland als Gewährsman­n gegen einen gewählten Bundeskanz­ler? Mehr kann man im Kreml nicht wollen.

Damit kein Missverstä­ndnis aufkommt: Es unterschei­det Demokratie­n von Diktaturen wie der Putins, Differenze­n auch öffentlich auszutrage­n. Aber in Zeiten der Krise geht es vielleicht auch ein bisschen anders. Vor allem sollte man nicht blöd sein.

Streit um Marschflug­körper? Ziel erreicht.

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