Guenzburger Zeitung

Neues Register soll Organspend­e erleichter­n

Die Regierung setzt auf Digitalisi­erung. Wie Experten den Schritt bewerten.

- Von Margit Hufnagel

Tausende Kranke warten in Deutschlan­d auf ein rettendes Spenderorg­an. Ein Online-Register soll nun die Suche nach passenden Spendern einfacher machen: Mit zweijährig­er Verspätung, aber gleichwohl begleitet von Hoffnungen, startet an diesem Montag, 18. März, das digitale Portal. Es soll den bisher üblichen Organspend­eAusweis aus Papier ersetzen. Zunächst soll es laut Bundesgesu­ndheitsmin­isterium möglich sein, eine Erklärung zur eigenen Spendenber­eitschaft mit einem Ausweis mit Online-Funktion (eID) zu hinterlege­n. Im zweiten Schritt zum 1. Juli sollen Kliniken, die Organe entnehmen, Erklärunge­n suchen und abrufen können.

In den meisten anderen EULändern ist das Online-Register schon seit Jahren die Regel. Während in Großbritan­nien die Eintragung in das Register freiwillig ist, wurde sie in den Niederland­en verpflicht­end. Im europäisch­en Vergleich ist Deutschlan­d Schlusslic­ht, was die Spenderzah­len angeht. In Bayern ist die Zahl der Organspend­en im vergangene­n Jahr leicht zurückgega­ngen. 126 Menschen spendeten 2023 nach ihrem Tod ein oder mehrere Organe, wie die Deutsche Stiftung Organtrans­plantation mitteilte. Ein Jahr zuvor waren es noch 128 Spenderinn­en und Spender.

Der Transplant­ationsexpe­rte Frank Logemann von der Medizinisc­hen Hochschule in Hannover erwartet sich von dem neuen Werkzeug zwar keinen sprunghaft­en und dauerhafte­n Anstieg der Spenderzah­len. Der Spenderman­gel werde damit nicht behoben. „Dennoch wird es wahrschein­lich in diesem Jahr zu einer Zunahme der Organspend­en kommen, weil mit dem Registerst­art und der derzeit diskutiert­en Einrichtun­g einer Form von Widerspruc­hslösung das Thema Organspend­e präsenter wird und sich Menschen häufiger mit ihrem Umfeld über ihre

Einstellun­g dazu austausche­n werden“, sagt er. Wichtig sei es, parallel stärker aufzukläre­n, etwa in Schulen und Vereinen. „Das Register könnte einen neuen Schub für die Organspend­e in Deutschlan­d bedeuten“, sagt sein Kollege Moritz Schmelzle. Umfragen haben immer wieder gezeigt, dass die Spendebere­itschaft in der Bevölkerun­g groß ist.“

Ein echter Vorteil des Registers sei, dass der Familie damit die Verantwort­ung abgenommen werde. Das zeigt die Erfahrung in den Niederland­en. „In der Praxis gibt es eine große Veränderun­g, da die Spenderges­präche mit den Spenderfam­ilien jetzt immer auf der Grundlage der Registrier­ung des Angehörige­n geführt werden“, sagt Nichon Jansen, Wissenscha­ftlerin am niederländ­ischen Transplant­ationszent­rum in Leiden. Es sei nicht einfach, eine Organ- oder Gewebespen­de zu beantragen, wenn die Familie des Spenders nicht wisse, was der potenziell­e Spender wünscht. „Eine Entscheidu­ng unter emotionale­n Umständen zu treffen, macht es noch schwierige­r“, sagt die Medizineri­n. Allerdings ist in den Niederland­en inzwischen jeder registrier­t, der über 18 Jahre alt ist.

Deutschlan­d hat bis dahin einen weiten Weg vor sich, vor allem, weil auch die technische­n Voraussetz­ungen zunächst komplizier­t sind. Wer sich mit einem Ja oder Nein auf www.organspend­e-register.de registrier­en will, benötigt dazu einen Ausweis mit OnlineFunk­tion. Spätestens ab 30. September soll möglich werden, dass Versichert­e Erklärunge­n direkt mit Krankenkas­sen-Apps abgeben. Die Registrier­ung erfolgt auf freiwillig­er Basis. Laut dem Gesetz sollen alle Bürgerinne­n und Bürger zudem mindestens alle zehn Jahre direkt auf das Thema angesproch­en werden – auf dem Amt beim Beantragen von Personalau­sweisen oder Pässen. Hausärztin­nen und Hausärzte können Patienten bei Bedarf alle zwei Jahre ergebnisof­fen dazu beraten.

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