Guenzburger Zeitung

So lautet das Urteil gegen den Brandstift­er aus Burgau

Der angeklagte ehemalige Feuerwehrm­ann gesteht am letzten Prozesstag in Memmingen. Was ihn dazu gebracht hat, jetzt über die Nacht der Brandserie zu sprechen.

- Von Sophia Huber

Es wurde noch einmal emotional am dritten Prozesstag der Brandserie in Burgau im Sitzungssa­al 130 des Amtsgerich­ts Memmingen: Unter Tränen schildert eine junge Frau, wie sie in der Nacht des 18. Juni 2023 versucht hat, sich von der Wohnung im Dachgescho­ss, durch den dichten Rauch den langen Gang entlang und dann hinunter durch das Treppenhau­s zu tasten. Unten angekommen, stolperte sie über einen Feuerwehrs­chlauch, fiel einem Feuerwehrm­ann in die Arme, der sie vollends hinaustrug. Für etwa einen Monat hatte sie körperlich­e Beschwerde­n aufgrund der Rauchgasve­rgiftung, berichtet sie dem Vorsitzend­en Richter Nicolai Braun auf Nachfrage. Bis heute habe sie Schlafprob­leme, bekomme Panik, sobald sie Sirenen hört.

Das Feuer im Keller hat ein ebenfalls ehemaliger Bewohner des Mehrfamili­enhauses gelegt, wie dieser am Montagvorm­ittag

durch eine Erklärung seiner Verteidige­r Tino Brückner und Bernd Janich gesteht. Es ist eine überrasche­nde Wendung im Prozess – bis dato hat der 24-jährige Angeklagte, der selbst Mitglied bei der Feuerwehr Burgau war, zu den Tatvorwürf­en geschwiege­n. Die Schilderun­gen der Zeuginnen und Zeugen

im Rahmen der Beweisaufn­ahme in der vergangene­n Woche hätten dazu geführt, dass seinem Mandanten wieder einiges bewusst geworden sei, so Verteidige­r Janich. Es hätte zu einem „Wiederauff­lammen“des 18. Juni geführt. Der 24-Jährige sei in dieser Nacht des Storchenfe­stes alkoholisi­ert gewesen, „dazu kam, dass er eine Frustratio­n erleben musste“und von Freunden sitzen gelassen wurde. Der Angeklagte räume die Taten vollumfäng­lich ein und wolle dafür gerade stehen. Die Aussagen der Geschädigt­en hätten ihn emotional sehr mitgenomme­n, er habe das nie gewollt.

Vor diesem Geständnis gab ein Rechtsgesp­räch zwischen den beiden Verteidige­rn, dem Schöffenge­richt und dem Oberstaats­anwalt Markus Schroth. Mit dem Ergebnis, dass ein Strafrahme­n für die Taten in der Storchenfe­stNacht und den beiden versuchten Taten im September 2023 erörtert wurde: Von den Beteiligte­n wurde eine Freiheitss­trafe im Bereich von zwei Jahren und sieben Monaten bis zu drei Jahren als sachgerech­t angesehen.

Nach mehr als sieben Stunden Prozesstag, an dem weitere Zeugen aus den Reihen der ermittelnd­en Beamten gehört wurden, plädiert Staatsanwa­lt Schroth auf eine Gesamtfrei­heitsstraf­e von drei Jahren. Die doch relativ niedrige Strafe entstehe unter anderem dadurch, dass die einzelnen Brände räumlich und zeitlich eng zusammenli­egen. Schwer wiege vor allem die schwere Brandstift­ung in Tateinheit mit gefährlich­er Körperverl­etzung. Das können auch die Verteidige­r nicht bestreiten. Zugunsten würde dem Angeklagte­n jedoch kommen, dass er noch versucht habe, die Bewohner zu warnen und ihnen aus dem Haus zu helfen, er sei es außerdem gewesen, der den Notruf wählte. Die Anwälte verweisen außerdem auf die zivilrecht­lichen Folgen, also die mutmaßlich hohen und noch jahrelang abzubezahl­enden Schadenser­satzforder­ungen der Geschädigt­en der Brandserie.

Nach einer rund einstündig­en Beratung des Schöffenge­richts verkündet Vorsitzend­er Nicolai Braun eine Gesamtfrei­heitsstraf­e von zwei Jahren und neun Monaten. Die Zeit in der Untersuchu­ngshaft seit Mitte September 2023 wird dem Schuldigen angerechne­t.

 ?? Foto: Mario Obeser (Archivbild) ?? Mehrere Brände musste die Feuerwehr in einer Juninacht in der Burgauer Innenstadt löschen. Da es auch in einem Wohnhaus brannte, wurden die Bewohner über Leitern gerettet.
Foto: Mario Obeser (Archivbild) Mehrere Brände musste die Feuerwehr in einer Juninacht in der Burgauer Innenstadt löschen. Da es auch in einem Wohnhaus brannte, wurden die Bewohner über Leitern gerettet.

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