Balkankenner spricht bei der Kreis-CSU
Wie der frühere Bundesminister Christian Schmidt die Lage auf dem Balkan, in Europa und in der Welt einschätzt, erzählt er als Gastredner beim Frühjahrsempfang der Kreis-CSU im Stadtsaal in Krumbach.
Zum Frühjahrsempfang der CSU im Landkreis Günzburg hatte Landrat und Kreisvorsitzender Dr. Hans Reichhart in den Krumbacher Stadtsaal geladen, mit dabei der Bürgermeister der Stadt Krumbach, Hubert Fischer, der Krumbacher Ortsvorsitzende Florian Kaida, der Bundestagsabgeordnete Alexander Engelhard, die Landtagsabgeordnete Jenny Schack sowie mit Kreishandwerksmeister Michael Stoll und Sparkassenchef Daniel Gastl Personen des Wirtschaftslebens. Für Musik zwischen den Redebeiträgen sorgten Stephanie Knauer am Keyboard und Thomas Seitz an der Trompete. Reichhart fokussierte den Blick auf ein Jahr der Weichenstellungen: Das EU-Parlament, das indische Parlament und der amerikanische Präsident werden im Jahr 2024 neu gewählt. Es sei Aufgabe der Politik, nicht einfach Probleme zu benennen, sondern Zukunftsvisionen zu formulieren. Als besonderen Gast und Redner begrüßte er Christian Schmidt, dessen aktuelle Aufgabe es sei, dafür zu sorgen, dass Menschen verschiedener Volksgruppen und Konfessionen friedlich zusammenlebten.
Florian Kaida bemerkte in seinem Grußwort, dass die europäischen Institutionen und die Demokratie unter Druck stünden. Das überparteiliche „Bündnis für Demokratie und Zusammenhalt“, dem sich auch die CSU angeschlossen hat, setze da auf ein klares Bekenntnis. Die Demonstration unter dem Motto „Krumbach zeigt Herz statt Hetze“sei deshalb ein wichtiges Signal.
Gleich zu Beginn seines Vortrags betonte Christian Schmidt, dass seine Aufgabe in Bosnien und Herzegowina kein „Austrag“sei, sondern intensive Arbeit nach einem langen und ereignisreichen Politikerleben. Denn Schmidt saß für die CSU von 1990 bis 2021 im Bundestag und war von 2005 bis 2018 als Parlamentarischer Staatssekretär und Minister in der Bundesregierung tätig. Seit Mitte 2021 ist er Hoher Repräsentant der Vereinten Nationen für Bosnien und Herzegowina. In dieser Funktion überwacht und gestaltet er die Entwicklung des Landes nach dem Friedensabkommen von Dayton, das im Jahr 1995 den Bosnienkrieg beendete. Für diese Aufgabe, deren Übernahme er trotz aller Schwierigkeiten nicht bereue, benötige man Ausdauer und Durchsetzungskraft: „Man muss manchmal auf einen groben Klotz auch einen groben Keil setzen.“Er betonte, dass er umfassende Machtbefugnisse habe, und schon zehnmal von seinem Recht Gebrauch gemacht habe, Gesetze zu ändern.
Problematisch sei, dass ein Teil der politischen Klasse schwach sei und nur die eigenen Vorteile im Blick habe. Hoffnung machten ihm vernünftige, gut ausgebildete junge Leute, die sich aber häufig in Richtung Deutschland oder Österreich orientierten. Um diese Menschen im Land zu halten, brauche es Perspektiven wie den Beitritt zur EU. Schmidt plädierte hier für eine Politik der kleinen Schritte. Im Gespräch mit der Redaktion machte er auch klar, dass die Wunden aus dem Bosnienkrieg wie das Massaker von Srebrenica tief seien und die Versöhnung erschwerten.
In der deutschen Politik vermisste er streckenweise das Gefühl für Praxistauglichkeit und Verständnis bei den Menschen, sei es bei den Heizungen oder beim Agrardiesel. Zur weltpolitischen Lage sagte er: „Wir haben uns lange auf die USA verlassen.“Doch Europa müsse eigenständiger werden und gehe auch wichtige Schritte, wie die Unterstützung der Ukraine durch die EU zeige. Deutlich kritisierte er die Haltung des Papstes. Putin als russischer Präsident sei der Aggressor im Krieg mit der Ukraine und brutaler Menschenrechtsverletzungen schuldig. Da sei eine Aufforderung zur Kapitulation absolut nicht tragbar.
Tobias Bühler schließlich dankte dem Redner. In einem kurzen Rückblick auf seine Arbeit im Bezirkstag beklagte er den Mangel an Gesprächskultur und Sensibilität bei Mitgliedern der AfD und betonte, sich umso mehr für demokratische Werte einsetzen zu wollen. Sein Dank galt auch Angela Hirner und Daniel Schuler, die den Frühjahrsempfang organisiert hatten, der mit den drei Hymnen – Europa, Deutschland, Bayern – und bei einem Imbiss mit einem Gedankenaustausch abschloss.