Guenzburger Zeitung

Eine seltene Begegnung: ein Biber auf Günzburgs Straßen

Ein Anwohner beobachtet nachts Am Mittleren Stadtbach das Tier. Warum das nicht überrascht und wie sich Menschen bei einer Begegnung verhalten sollten.

- Von Elly Ventroni

Als Markus Mayer in der Nacht von Sonntag auf Montag in seine Tiefgarage in Günzburg einfahren möchte, macht er eine ungewöhnli­che Begegnung. Ein Biber läuft ganz gemütlich vor seinem Auto entlang und setzt sich schließlic­h in die Einfahrt, die Am Mittleren Stadtbach gelegen ist. „Da guckt man schon erst einmal“, berichtet Mayer. Denn was macht ein Biber mitten in der Stadt?

Herbert Meyer, Biberberat­er im Bezirk West des Landkreise­s Günzburg, überrascht die Begegnung mit dem Nagetier hingegen nicht. Wenn im Frühling eine neue Bibergener­ation geboren wird, müssen die zweijährig­en Jungen abwandern, so der Biberberat­er. Die Elterntier­e

würden die Jungen aus ihrem Revier vertreiben, wobei es sehr grausam unter den Bibern zugehe. Etwa 30 Prozent der Jungtiere würde dabei so stark verletzt werden, dass sie an den Wunden sterben. Die Überlebend­en machen sich laut Meyer daraufhin flussaufwä­rts auf die Suche nach einer neuen Bleibe. Zur Fortbewegu­ng müssten die Jungbiber jedoch aufs Land ausweichen, da die Elterntier­e ihr Revier vehement gegen sie verteidigt­en. Er erzählt, dass durch die jährliche „Wanderung“der Jungtiere mittlerwei­le Biber in Baden-Württember­g leben, obwohl diese ursprüngli­ch nur in Passau angesiedel­t worden waren.

Die Route der Biber, die auf der Suche nach einem neuen Revier sind, könne natürlich auch entlang

des Günzburger Stadtbache­s führen, meint der Biberberat­er. Dabei würden sich die Nager nicht mehr als zehn bis 15 Meter von dem nächsten Gewässer entfernen. „Auf dem Land ist der Biber eher unbeholfen“, sagt Meyer – ganz im

Gegensatz zum Wasser. Normalerwe­ise würden sich Biber deshalb eher nicht in Städten aufhalten. Und auch, dass sich die Tiere innerstädt­isch ansiedeln, hätte er noch nie gesehen.

Erst vor Kurzem, berichtet der Biberberat­er, hätte er aber einen Fall erlebt, bei dem ein Biber unter ein Auto gekommen sei. Dieser wurde verletzt in einem Tümpel gefunden. Das Tier musste schließlic­h eingefange­n und getötet werden. Kranke Tiere erkenne man häufig daran, dass sie ihre Scheu vor dem Menschen verlieren.

Wer auf einen Biber in der Stadt trifft, muss jedoch keine Angst haben: An Land ist der Nager aufgrund seiner Unbeholfen­heit nicht gefährlich. Anders ist es im Wasser. Hier können Biber durchaus aggressiv reagieren, wenn Hunde in ihr Revier eindringen. Deshalb rät Meyer Hundebesit­zern, ihr Tier von solchen Gewässern und ganz generell von den Nagetieren fernzuhalt­en. Außerdem sei es sinnvoll, zu versuchen, einen Biber, der sich auf eine Straße verirrt hat, ins Gebüsch zu leiten, um ihn vor Autos zu schützen. Doch zu einer solchen Begegnung kommt es nur selten, betont Meyer, denn das Tier ist nachtaktiv.

Weil das Antreffen eines Bibers in der Stadt eben so rar ist, wollte Mayer seinen nächtliche­n Besucher mit einem Foto einfangen und stieg für eine bessere Perspektiv­e aus seinem Auto aus. Daraufhin hätte der Biber kurz innegehalt­en, hätte sich umgedreht und geschaut und sei anschließe­nd unbeirrt weitergela­ufen.

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Foto: Markus Mayer Markus Mayer staunt nicht schlecht, als er nachts einen Biber in seiner Tiefgarage­neinfahrt in Günzburg antrifft.

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