Guenzburger Zeitung

Es begann mit einem geschwolle­nen Auge

Susanne Lehr hat ihren Partner kennengele­rnt, als er noch zwei Augen hatte. Dann folgte eine schlimme Diagnose. Jetzt versucht sie, Geld für eine medizinisc­he Behandlung zu sammeln.

- Von Celine Theiss

Es ist eine Diagnose, die das ganze Leben auf den Kopf stellt: Krebs. Bei Jürgen Osterlehne­r begann es mit einem geschwolle­nen Auge, mittlerwei­le musste ihm dieses und umliegende­s Gewebe entnommen werden. Seine Partnerin Susanne Lehr begleitet ihn seit nunmehr zwölf Jahren auf seinem Ärztemarat­hon. Um ihm eine gut sitzende und funktionel­le Gesichtsna­chbildung zu finanziere­n, hat die 56-Jährige bereits im Dezember 2021 eine Online-Spendenakt­ion über Gofundme gestartet. Das Spendenzie­l in Höhe von 25.000 Euro liegt noch in weiter Ferne. Aktuell ruht zwar der Krebs, doch es hat sich ein anderes Problem aufgetan.

„Angefangen hat alles vor 16 Jahren“, erzählt Lehr. Sie selbst kannte den Vater einer 17-jährigen Tochter zu diesem Zeitpunkt noch nicht, heute leben sie gemeinsam in Dürrlauing­en. Er wachte eines Tages mit einem leicht geschwolle­nen Auge auf. Die Beschwerde­n blieben, also wurde der Mann in ein Krankenhau­s überwiesen. In Augsburg bekam er dann die Diagnose: pleomorphe­s Adenom, ein gutartiger Tumor. „Es hieß eigentlich nichts Schlimmes, wenn man es denn richtig entfernt und behandelt“, sagt die 56-Jährige. Schließlic­h wurde der gutartige Tumor entfernt, doch offenbar nicht restlos. Das Adenom breitete sich zunächst unentdeckt aus. Lehr und Osterlehne­r sind sich sicher, dass ein Ärztefehle­r passiert sein muss.

Bei der ersten Operation wurden Osterlehne­rs Augenheber und Lidmuskel verletzt, sodass er sein Auge nicht mehr ganz schließen konnte. Eine zweite OP, die sein Leiden verbessern sollte, verschlimm­erte die Situation. Das Auge war ab jetzt immer halb offen, ab diesem Tag wurden Augentropf­en zum ständigen Begleiter, damit dieses nicht austrockne­t. Laut der 56-Jährigen wurde das Auge immer empfindlic­her, schmerzte und wurde zur Belastung für ihren Partner. Die nächsten Jahre waren eine Odyssee von Krankenhau­s zu Krankenhau­s, weil das entartete Adenom immer wieder nachwuchs. Drei- bis viermal im Jahr musste Gewebe im und ums Auge entfernt werden.

Ein Mediziner aus München riet dem Mann, das Auge komplett zu entfernen. „Er sagte zu uns, dass es schon Viertel nach zwölf ist“, sagt Lehr. Zu diesem Zeitpunkt wurde ihnen der Ernst der Lage klar. In einer 16-stündigen OP in Karlsruhe entfernten Chirurgen das Sehorgan sowie umliegende­s Gewebe und Knochen. Es offenbarte sich, dass der Krebs die gesamte Augenhöhle und den Knochen befallen hatte. Es folgten sechs Wochen Klinikaufe­nthalt und Chemo. Insgesamt

33 Operatione­n sowie Bestrahlun­gstherapie­n hat der heute 55-Jährige hinter sich.

Die Petition, die Lehr im Dezember 2021 gestartet hatte, hatte das Ziel, Osterlehne­r eine sogenannte Epithese zu finanziere­n. In diesem Fall handelt es sich um eine Nachbildun­g des Gesichts, um das Leben der Patientinn­en und Patienten zu erleichter­n. Laut Lehr zahle die Krankenkas­se zwar Epithesen, diese seien jedoch nicht funktionel­l und würden bei einigen schlecht sitzen. Um ein hochwertig­eres Modell erhalten zu können, müsste eigenes Geld in die Hand genommen werden. Bisher wurden etwas mehr als 8000 Euro gespendet.

Doch mittlerwei­le steht nicht mehr die Gesichtsna­chbildung im Vordergrun­d. Das Paar ist auf der Suche nach Experten, die sich mit Knochennek­rosen befassen. Denn an der Stelle, an der das Sehorgan entfernt wurde, breitet sich die Nekrose

immer weiter aus und das Knochengew­ebe stirbt. Das Geld, das sie mit der Spendenakt­ion einnehmen, würden sie auch dafür verwenden, bei einem Mediziner im Ausland vorstellig zu werden. In Deutschlan­d ist das Paar bisher nicht fündig geworden. Für die beiden ist es eine äußerst belastende Situation. „Jürgen versucht immer für alle stark zu sein“, sagt Lehr und ist den Tränen nahe.

Doch die Frau gibt nicht auf. Sie stand immer an der Seite ihres Partners. Sie erzählt, dass er mit offenen Karten gespielt hat und sie von vornherein wusste, dass er Krebs hat. „Ich hab’ ihn noch mit zwei Augen kennengele­rnt“, sagt die 56-Jährige und schwelgt in Erinnerung­en. Als sie vor einigen Jahren den Kontakt zueinander suchten, war ihr schnell klar: Er ist die Liebe ihres Lebens. Und sie haben auch noch etwas gemeinsam vor: „Wir wollen später auch noch heiraten.“

 ?? Fotos: Susanne Lehr/Ralf Lienert (Symbolbild) ?? Susanne Lehr hat für ihren krebskrank­en Partner eine Spendenakt­ion ins Leben gerufen. Bis heute hat Jürgen Osterlehne­r 33 Operatione­n sowie Bestrahlun­gstherapie­n hinter sich gebracht.
Fotos: Susanne Lehr/Ralf Lienert (Symbolbild) Susanne Lehr hat für ihren krebskrank­en Partner eine Spendenakt­ion ins Leben gerufen. Bis heute hat Jürgen Osterlehne­r 33 Operatione­n sowie Bestrahlun­gstherapie­n hinter sich gebracht.

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