Steilpass-Toni
Lange Zeit wurde er für sein vermeintlich bedächtiges Spiel belächelt. Bei seinem Comeback zeigt Kroos, welchen Wert er für das Team haben kann.
Das Spiel lief gerade vier Sekunden, da hatte Toni Kroos allen Skeptikern die Wandlung vom Querpass-Toni zum Steilpass-Toni eindrucksvoll vorgeführt und seinem königlichen DFB-Comeback den frühen Glanzpunkt verpasst. Nur acht Sekunden nach dem Anpfiff lag der Ball erstmals im Tor der Franzosen. Das schnellste Tor in der 1009 Länderspiele umfassenden DFB-Historie war das Fundament, auf dem das dominante 2:0 in Lyon entstehen konnte.
Der königliche Real-MadridGrande Kroos, 34, und der junge Leverkusener Wirtz, 20, – es war bezeichnend, dass die beiden Besten auch die Hauptdarsteller bei der brillanten Ouvertüre beim verheißungsvollen Start ins EM-Jahr waren.
Kroos scherzte in seiner typisch trockenen Art mit Blick auf die lange Winterpause des Nationalteams: „Die Standardtrainer haben ja genug
Zeit gehabt, vier Monate, sich was auszudenken.“Dass Kroos der Auslöser war, passte ins Bild eines wie gemalten Länderspiel-Comebacks nach fast 1000 Tagen. Der Rückkehrer
mit dem Ruhepuls am Ball auch unter Gegnerdruck war der Impulsgeber, der Taktgeber, der Kopf eines Teams, das plötzlich wieder Struktur und Führung besaß. „Er ist deutlich mehr Steilpass als Querpass. Er ist der Verbindungsspieler, den wir uns vorgestellt haben“, sagte Nagelsmann.
Kroos kann ein Bessermacher der anderen sein. Der Weltmeister von 2014 und fünfmalige Champions-League-Sieger strahlte am Samstagabend in jeder Aktion – ob offensiv oder defensiv – die Lust aus, die er auf die Heim-EM im Sommer hat.
„Wir können sehr zufrieden sein. Wir haben einen guten Schritt nach vorne gemacht, einen wichtigen Schritt. Es sind langsam die letzten Chancen Richtung EM, sich ein Gefühl zu holen. Das nehmen wir mit“, sagte Kroos. „Toni macht das Spiel für dich ganz einfach“, schwärmte Jamal Musiala. Deniz Undav sprach aus, was viele nach dem 107. Länderspiel von Kroos denken müssen: „Die Leute können froh sein, dass er sich noch mal umentschieden hat.“(dpa; Foto: Charisius, dpa)