Guenzburger Zeitung

Der Eispalast wird zum Tollhaus

Der ESV Burgau entscheide­t das großartige erste Spiel zur Landesliga-Meistersch­aft nach Penaltysch­ießen 5:4 für sich. Sieben Schützen scheitern – dann trifft einer, auf den immer Verlass ist. 650 von 700 Fans in der ausverkauf­ten Halle feuern die Eisbären

- Von Uli Anhofer

Ein Eishockeys­piel auf derart hohem Niveau hat es im Burgauer Eispalast schon lange nicht mehr gegeben. Das erste Finale um die bayerische Landesliga-Meistersch­aft zwischen dem ESV Burgau und dem EHC Waldkraibu­rg machte Werbung für die schnellste Mannschaft­ssportart der Welt. Dass die Eisbären die dramatisch­e Partie am Ende 5:4 (3:4/0:0/1:0 – 1:0) nach Penaltysch­ießen für sich entschiede­n, war für die Anhänger der Markgräfle­r natürlich noch die Kirsche auf der Torte. In der Bestof-five-Serie gingen die Burgauer damit 1:0 in Führung.

Die Stimmung in der Halle war während der kompletten Begegnung sensatione­ll. Schon als die Burgauer Eishockey-Legende Jan Hofmann den Pokal auf die Eisfläche trug, gab es von beiden Fanlagern großen Applaus. Begleitet wurde Hofmann von Peter Köllner, der einst zu den Gründern des Eishockeys­ports in Burgau gehörte.

Nach der Bayernhymn­e ging es ohne Anlaufphas­e los und das sofort in atemberaub­endem Tempo. In der vierten Minute gingen die Gäste dann auch schon in Führung. Die ESV-Verteidige­r ließen ihren Gegenspiel­ern etwas zu viel Platz, die Scheibe kam zu Martin Herman und der Tscheche nagelte sie aus der Halbdistan­z ins Tor.

Doch dieser frühe Gegentreff­er bremste die Burgauer keineswegs aus. Im Gegenteil: Die Eisbären machten gehörig Druck auf den von Christoph Lode gehüteten Waldkraibu­rger Kasten. Und exakt 110 Sekunden nach der Führung

der Gäste verwertete Sven Gäbelein ein Zuspiel von David Ballner aus kurzer Distanz. Das zweite Burgauer Tor war beinahe eine Kopie des ersten ESV-Treffers. Ballner spielte zwei EHC-Verteidige­r aus, brachte den Puck vors Tor und Gäbelein vollstreck­te (9.).

Jetzt waren die ESV-Fans zum ersten Mal so richtig aus dem Häuschen – um sogleich einen kleinen Stimmungsk­iller hinnehmen zu müssen. Mit einem Schuss von der Bande überrascht­e Dominik Soukup ESV-Goalie Philipp Schnierste­in. „Wenn die Spieler dieses Tempo über 60 Minuten durchhalte­n, können wir uns auf einiges gefasst machen“, blickte ein Burgauer Anhänger auf die ersten

zehn Minuten zurück. Und es ging tatsächlic­h genau so weiter.

Das zweite Stimmungsh­och im Burgauer Eisstadion erlebten die Fans, als Marc Barchmann die Scheibe von Jakob Schwarzfis­cher serviert bekam und eiskalt einnetzte (12.). Doch die Antwort der Gäste ließ erneut nicht lange auf sich warten. In Überzahl war Topscorer Nico Vogl erfolgreic­h. Er platzierte die Scheibe durch Schnierste­ins Schoner ins Netz (14.). Als Vogl zwei Minuten später die erneute Führung für die Gäste erzielte, hörte man kurzfristi­g nur noch die Anfeuerung­srufe der 50 Waldkraibu­rger Fans, die den 170 Kilometer langen Weg nach Burgau auf sich genommen hatten.

Beide Teams hielten das Tempo auch im zweiten Abschnitt hoch. Die erste gefährlich­e Situation kreierten die Gäste. Daniel Hora, der wohl beste Verteidige­r der Landesliga, hatte abgezogen, doch der Puck knallte an den Pfosten. Etwas später standen die Burgauer für 28 Sekunden mit zwei Mann Überzahl auf dem Eis. Doch in dieser Phase sollte kein Treffer gelingen. Kurz vor Ende des Mitteldrit­tels dann mussten die Burgauer eine Unterzahl-Situation überstehen. Und beinahe gelang ihnen hier ein weiterer Treffer: David Ballner klaute sich den Puck und fuhr gemeinsam mit Petr Ceslik einen Konter, doch Keeper Lode stand im Weg und konnte abwehren.

Im letzten Drittel wurden die Eisbären von ihren Fans immer wieder nach vorne getrieben. Als Hora auf der Strafbank saß, nahm Petr Ceslik sein Herz in die Hände, kurvte aus dem eigenen Drittel heraus in Richtung Tor, zog ab und die Scheibe war drin (53.).

Jetzt war im Eisstadion am Gsundbrunn­enbad die Hölle los. Mit großem Kampf, einem stark haltenden Torwart Philipp Schnierste­in und der Unterstütz­ung der Fans brachten die Eisbären das Unentschie­den in die Verlängeru­ng.

In den Finalspiel­en dauert diese Verlängeru­ng zehn Minuten und wird mit jeweils vier Feldspiele­rn ausgetrage­n. Es gilt die SuddenDeat­h-Regel;

das heißt, dass die Partie zu Ende ist, sobald ein Team einen Treffer erzielt. Die größeren Chancen dazu hatten die Burgauer. Doch Petr Ceslik konnte keine seiner beiden Gelegenhei­ten nutzen.

Als nach zehn Minuten kein Treffer gefallen war, ging es ins Penaltysch­ießen. Die Eisbären Max Arnawa, Marvin Mändle und David Ballner scheiterte­n an Goalie Lode, doch auch ESV-Schlussman­n Schnierste­in war für Dominik Soukup, Daniel Hora und Antony Dillmann nicht zu überwinden. Nach drei Schützen dreht sich die Reihenfolg­e und die Gäste mussten jetzt vorlegen. Die Spannung war auf dem Höhepunkt, denn jetzt zählte jeder Fehlschuss beziehungs­weise jedes Tor. Der Waldkraibu­rger Topscorer Nico Vogl lief an und fand in Schnierste­in seinen Meister. Dass jetzt ESV-Kapitän David Zachar die Verantwort­ung übernahm, war beinahe logisch. Der Burgauer Anführer spielte Keeper Lode aus und schob den Puck aus kurzer Distanz ins Tor. Jetzt brachen im Eisstadion alle Dämme. „ESV, ESV“-Rufe hallten durch das Rund der Halle. Die Eisbären ließen sich feiern, legten aber dann schnell den Fokus auf die zweite Partie in Waldkraibu­rg. Dieses Spiel war bei Redaktions­schluss noch nicht beendet.

ESV Burgau – EHC Waldkraibu­rg 5:4 (3:4/0:0/1:0/1:0) n. P.

Tore 0:1 Herman (4.), 1:1, 2:1 Gäbelein (6. und 9.), 2:2 Soukup (10.), 3:2 Barchmann (12.), 3:3, 3:4 Vogl (14. und 16.), 4:4 Ceslik (53.), 5:4 Zachar (Penaltysch­ießen)

Strafen – Burgau: 12 Minuten; Waldkraibu­rg: 12 Minuten

Zuschauer 700 – ausverkauf­t

 ?? Foto: Ernst Mayer ?? Spieler und Fans als Einheit: Riesiger Jubel umbrandete den Eishockey-Landesligi­sten ESV Burgau nach dem Sieg im ersten Landesliga-Finale.
Foto: Ernst Mayer Spieler und Fans als Einheit: Riesiger Jubel umbrandete den Eishockey-Landesligi­sten ESV Burgau nach dem Sieg im ersten Landesliga-Finale.

Newspapers in German

Newspapers from Germany