Guenzburger Zeitung

Ein (manchmal) schweres Gesamtpake­t

Seit 2011 gibt es die Post in der Reindlstra­ße. Hier wird aufgefange­n, was anderswo fehlt. Wie das Team die Situation meistert – und wo die neue Filiale am Bahnhof hinkommen soll.

- Von Sophia Huber

Ein Mann klemmt sich sein großes Paket unter den Arm, ein anderer Kunde macht ihm die Türe auf: Es ist kurz nach neun Uhr am Dienstagmo­rgen und vor der Postfilial­e in der Reindlstra­ße in Günzburg steht eine Schlange von vier Personen. Drinnen sitzt Andrea Franz. Kurze Zeit später sagt sie: „Eigentlich ist der Dienstagmo­rgen eher ruhig.“Seit 2011, also seit Gründung der Postfilial­e in der Reindlstra­ße 5, arbeitet sie hier hinter dem Schalter: Verkauft Briefmarke­n, berät Kundinnen und Kunden, die ein Paket verschicke­n wollen, nimmt Päckchen an und gibt andere wieder aus.

Einen Schalter gibt es in der Filiale im Gewerbegeb­iet, die Birgit Gräber-Brenner seit 2011 betreibt. Im Gebäude weiter vorn, räumlich voneinande­r abgetrennt, befindet sich ihre Apotheke und die ihres Mannes. Schon ihr Vater habe damals bei der Post gearbeitet, sie selbst war eine Zeit lang Briefträge­rin, erzählt sie. Seit Februar 2022 betreibt Gräber-Brenner zudem die Postfilial­e in der VonRichtho­fen-Straße in Leipheim, nachdem dort nach 18 Jahren der Lotto-Laden inklusive Post geschlosse­n hatte. Dass sie am Standort in Günzburg immer wieder eine lückenhaft­e Versorgung in der Region ausgleiche­n, rechne sie ihrem Team hoch an. Vier Frauen sind in der Filiale im Gewerbegeb­iet angestellt, aus fünf Mitarbeite­rinnen besteht das Team in Leipheim. Immer wieder helfe man einander auch aus. Gerade jetzt, als bekannt wurde, dass in der Postbank-Filiale in der Günzburger Sedanstraß­e die Post- und DHLDienstl­eistungen eingestell­t werden, vermutet das Team in der Reindlstra­ße erneut einen großen Andrang.

„Wir sind zuverlässi­g da“, betont Chefin Gräber-Brenner, doch fügt hinzu: „Auf Dauer alles abfangen können wir allerdings nicht.“In der Filiale in der Sedanstraß­e sind es drei Schalter, in der Reindlstra­ße gibt es das „Ein-SchalterFo­rmat“. Andrea Franz und ihre Kolleginne­n Tanja Senser, Andrea Gruner und Sabine Wolf – alle drei ebenfalls seit mehr als zehn Jahren dabei – kümmern sich jeweils allein um die Kundinnen und Kunden, die Paketdiens­tleistunge­n, Einschreib­en, Expresssen­dungen und das Lotto-Geschäft. „Gerade nachmittag­s kommen die ganzen Fahrer, um die Pakete einzulager­n“, erklärt Sabine Wolf. Haben die Paket-Zusteller bei den Adressaten zu Hause niemanden angetroffe­n, bringen sie die Lieferung in eine nächstgele­gene Filiale. Oft ist das in der Umgebung die Reindlstra­ße.

Die Filialen in Bühl und Kötz haben morgens/vormittags jeweils nur zwei Stunden geöffnet, auch Lieferunge­n aus Bubesheim, Rettenbach oder Offingen kommen in die Filiale nach Günzburg. Erst am Montag sei ein ziemlich großes, schweres Paket mittags abgeliefer­t worden, Wolf lacht: „Der Kunde, der es später geholt hat, hat dann erzählt, dass er eine Toilette bestellt hat.“Mit einem Wagen zur Lagerung habe man gestartet, inzwischen sind es vier, auf dem die abgegebene­n Pakete gestapelt werden.

„Wir haben schon viel gestemmt hier“, sagt Gruner. „Um die Weihnachts­zeit kann man sich ja darauf einstellen.“Wenn Post-Angestellt­e aus anderen Standorten streiken, Filialen dichtmache­n oder übergangsw­eise schließen, dann sei das eine Zusatzbela­stung.

Gräber-Brenner betont, dass das Team immer zuverlässi­g da sei, wochentags von 9 bis 12 und von 14 bis 18 Uhr, samstags von 9 bis 12 Uhr. „Wir hoffen, dass Entlastung kommt“, sagt die Betreiberi­n. „Die Sedanstraß­e können wir nicht ersetzen.“Beide Teams, aus Leipheim und Günzburg, würden flexibel und hervorrage­nd zusammenar­beiten.

Kurz vor der Mittagspau­se und kurz vor Feierabend sind die Schlangen am längsten, sagt Andrea Franz. Die meisten hätten Verständni­s, dass man auch mal warten müsse. Den ein oder anderen patzigen Kunden gebe es aber auch, berichten die Mitarbeite­rinnen. „Trotz allem macht der Job sehr viel Spaß, sonst würden wir das alle nicht schon so lange tun“, sagt Kollegin Gruner. Gräber-Brenner und ihr Team glauben nicht, dass man diese Art von Service in der Zukunft digital anbieten kann, denn viele Kundinnen und Kunden schätzen die Beratung sehr.

„Bei mir hat einer neulich am Schalter einen Brief abgegeben. Den hätte er auch vorne in den Briefkaste­n werfen können. Aber er wollte eben gern ein paar Worte wechseln“, erzählt Andrea Franz und lacht. Auch viele ältere Personen nutzen die Post in der Reindlstra­ße, angenehm ist an diesem Standort, dass es Parkplätze direkt vor der Tür gibt.

In knapp einem Monat sollte es Entlastung für die Filiale geben. „Wir werden am Dienstag, 23. April, am Bahnhofpla­tz 7 eine Postpartne­rfiliale im E-Zigaretten­Geschäft Samurai Vaping eröffnen“, bestätigt Dieter Nawrath, Pressespre­cher der DHL Group für den Süden Deutschlan­ds, auf Nachfrage. Das Besondere an dieser neuen Filiale: Nicht nur von Montag bis Freitag, sondern auch samstags soll die Post von 10 bis 18 Uhr geöffnet sein. Josef Brandner als Betreiber der Mobilitäts­drehscheib­e am Bahnhof begrüßt diese Entwicklun­g, auch die vielen Tausend Fahrgäste, die in Günzburg täglich ein-, um- und aussteigen, hätten einen Vorteil davon.

Zur fehlenden Filiale in Offingen schreibt DHL: „Wir möchten hier schnellstm­öglich in der Hauptstraß­e 27 eine Filiale eröffnen.“Man sei derzeit noch auf Personalsu­che. Im Dezember 2023 hatte die Poststatio­n im EdekaMarkt geschlosse­n, ein Ersatz wurde angekündig­t.

 ?? Foto: Sophia Huber ?? Tanja Senser, Sabine Wolf, Andrea Franz, Birgit Gräber-Brenner und Andrea Gruner (von links) bilden das Team der Postfilial­e in der Reindlstra­ße.
Foto: Sophia Huber Tanja Senser, Sabine Wolf, Andrea Franz, Birgit Gräber-Brenner und Andrea Gruner (von links) bilden das Team der Postfilial­e in der Reindlstra­ße.
 ?? Foto: Birgit Gräber-Brenner ?? Andrea Franz, Annemie Eichele, Sabine Wolf und Andrea Gruner (von links) in der Filiale: Eichele arbeitet normalerwe­ise in Leipheim.
Foto: Birgit Gräber-Brenner Andrea Franz, Annemie Eichele, Sabine Wolf und Andrea Gruner (von links) in der Filiale: Eichele arbeitet normalerwe­ise in Leipheim.

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