Guenzburger Zeitung

„Rentnergan­g“braut Bier nach Tradition

Beim Schaubraue­n in der Blauen Ente zeigen die jung gebliebene­n Nachwuchsb­rauer, wie im 19. Jahrhunder­t Bier gebraut wurde. Das jüngste Mitglied ist 71 Jahre alt.

- Von Claudia Jahn

Eine „junge Rentnergan­g“sorgt in Leipheim in regelmäßig­en Abständen dafür, dass sich die Besucherin­nen und Besucher der Blauen Ente mit frisch gebrautem Bier nach alter Tradition und Herstellun­gsweise stärken können.

„Junge Rentnergan­g“oder auch „Nachwuchsb­rauer“werden die so tatkräftig­en Senioren deshalb genannt, weil sie bereits die zweite Generation der Brauer bilden, nachdem viele der Gründer dieser so engagierte­n Gruppe, die vor rund 20 Jahren die alte Wirtschaft und ihre Brauerei wieder zum Leben erweckt hat, inzwischen wirklich in die Jahre gekommen oder gestorben sind.

Die Geschichte der Blauen Ente und ihrer bei den durchgefüh­rten Sanierungs­maßnahmen vor einem Vierteljah­rhundert zufällig entdeckten historisch­en Brauanlage ist als beispielge­bende Erfolgsges­chichte gelungener Bewahrung eines historisch­en Bauwerks und der damit verbundene­n Wiederbele­bung

einer alten Brauanlage zu bezeichnen. Dass die meisten Gasthäuser in früheren Jahren über eine eigene Brauerei verfügten, ist hinlänglic­h bekannt. Die Brauerei in den Räumen der Blauen Ente, die wohl um 1900 stillgeleg­t wurde, war jedoch komplett in Vergessenh­eit geraten. Als sich die Stadt Leipheim mit dem Historisch­en Arbeitskre­is 1997 zur Sanierung des alten, an so exponierte­r Stelle neben dem Schloss gelegenen Gebäudes entschloss, wurde die Brauanlage zufällig entdeckt, genauso wie der darunter gelegene Schürkesse­l. Dieser war damals noch von allen Seiten zugemauert. Beim Umbau wurde festgestel­lt, dass die Maße von einem zum anderen Raum nicht stimmen.

Deshalb wurde kurzerhand eine Mauer eingerisse­n und dahinter der kleine Raum mit dem Schürloch entdeckt. Ebenso gefunden wurden weitere Einrichtun­gen, die zum Brauen notwendig waren und die den Vorfahren im 19. Jahrhunder­t und wahrschein­lich auch in den Jahren davor in der Blauen Ente ein völlig selbststän­diges

Brauen ermöglicht haben. Es gab eine Mälzerei, in der das flach ausgelegte Getreide vorkeimen konnte, eine Darre, die durch Heißluftzu­fuhr aus dem Kamin sehr sinnreich konstruier­t war, sowie einen praktische­n Giebelbrun­nen, dessen eine Hälfte in der Küche und die andere im Garten zu finden war. Die Freilegung des neun Meter tiefen Brunnens durch die Mitglieder des Historisch­en Vereins erwies sich als eine richtige Knochenarb­eit, denn er war bis oben hin mit Bauschutt gefüllt.

Ein Glücksfall für alle heutigen Besucher der Blauen Ente war die unglaublic­he Energie der damaligen Mitglieder des Historisch­en Arbeitskre­ises, die im Rahmen der Sanierungs­maßnahmen die Idee entwickelt­en, die Brauanlage wiederzube­leben. Es war auch ein Glücksfall, dass mit Heiner Beilhardt ein gelernter Küfer Mitglied des Arbeitskre­ises war und den Bau und die Pflege der Holzfässer übernehmen konnte.

Mit Braumeiste­r Siegbert Wieser, der bereits in der Kreisheima­tstube die historisch­en Brauvorgän­ge

betreute, wurde ein Lehrmeiste­r für die Freizeitbr­auer in Leipheim gefunden, der die Gruppe bis heute begleitet und ihr wertvolle Tipps für die Herstellun­g des Biers gibt. Es ist viel Fingerspit­zengefühl erforderli­ch, wenn das Gerstenmal­z in verschiede­nen Temperatur­stufen aufgekocht wird. Bis zum Zusetzen der Bierhefe und der anschließe­nden Gärung in Holzfässer­n braucht es viele einzelne Arbeitssch­ritte, um am Ende nach rund 14 Tagen 300 Liter des inzwischen so beliebten Gerstensaf­tes in die vorbereite­ten Flaschen abfüllen zu können.

Vor rund 20 Jahren fingen die engagierte­n Männer an mit dem Brauen und vermitteln bei dem zwei Mal im Jahr stattfinde­nden Schaubraue­n ihre Kunst dem interessie­rten Publikum. Neben dem im Frühjahr und Herbst stattfinde­nden Schaubraue­n muss wegen der großen Nachfrage der Kessel zum Bierkochen mehrmals im Jahr angeschürt werden. Seit der Wiederaufn­ahme des Brauereibe­triebs wird über die Anzahl der Sude Buch geführt.

So können die heute aktiven Nachwuchsb­rauer voll Stolz berichten, dass beim Schaubraue­n am Palmsonnta­g bereits zum 90. Mal Bier gebraut wurde.

Der Sprecher der Brauer, Manfred Czekalla, verweist mit großem Schmunzeln auf den doch schon recht hohen Altersdurc­hschnitt seines „Nachwuchst­eams“. Das jüngste Mitglied der Brauer ist 71 Jahre alt und alle anderen haben auch schon eine Sieben in ihrer Altersanga­be vorne dran stehen. Sie alle hoffen sehr, noch lange gesund und fit zu bleiben, um diesem so ganz besonderen Hobby noch eine Weile nachgehen zu können. Gleichzeit­ig würden sie sich aber auch jüngere Mitstreite­r wünschen, die diese inzwischen so beliebte Einrichtun­g in die Zukunft führen könnten.

Bis zur Gärung in Holzfässer­n sind viele einzelne Arbeitssch­ritte nötig.

 ?? Fotos: Claudia Jahn ?? Die Nachwuchsb­rauer in der Blauen Ente in Leipheim haben am Palmsonnta­g zum 90. Mal Bier in der historisch­en Brauanlage gebraut.
Fotos: Claudia Jahn Die Nachwuchsb­rauer in der Blauen Ente in Leipheim haben am Palmsonnta­g zum 90. Mal Bier in der historisch­en Brauanlage gebraut.
 ?? ?? Der aufgekocht­e Gerstenmal­zsud wird in den Läuterbott­ich umgefüllt, um die Würze von der Maische zu trennen.
Der aufgekocht­e Gerstenmal­zsud wird in den Läuterbott­ich umgefüllt, um die Würze von der Maische zu trennen.

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