„Rentnergang“braut Bier nach Tradition
Beim Schaubrauen in der Blauen Ente zeigen die jung gebliebenen Nachwuchsbrauer, wie im 19. Jahrhundert Bier gebraut wurde. Das jüngste Mitglied ist 71 Jahre alt.
Eine „junge Rentnergang“sorgt in Leipheim in regelmäßigen Abständen dafür, dass sich die Besucherinnen und Besucher der Blauen Ente mit frisch gebrautem Bier nach alter Tradition und Herstellungsweise stärken können.
„Junge Rentnergang“oder auch „Nachwuchsbrauer“werden die so tatkräftigen Senioren deshalb genannt, weil sie bereits die zweite Generation der Brauer bilden, nachdem viele der Gründer dieser so engagierten Gruppe, die vor rund 20 Jahren die alte Wirtschaft und ihre Brauerei wieder zum Leben erweckt hat, inzwischen wirklich in die Jahre gekommen oder gestorben sind.
Die Geschichte der Blauen Ente und ihrer bei den durchgeführten Sanierungsmaßnahmen vor einem Vierteljahrhundert zufällig entdeckten historischen Brauanlage ist als beispielgebende Erfolgsgeschichte gelungener Bewahrung eines historischen Bauwerks und der damit verbundenen Wiederbelebung
einer alten Brauanlage zu bezeichnen. Dass die meisten Gasthäuser in früheren Jahren über eine eigene Brauerei verfügten, ist hinlänglich bekannt. Die Brauerei in den Räumen der Blauen Ente, die wohl um 1900 stillgelegt wurde, war jedoch komplett in Vergessenheit geraten. Als sich die Stadt Leipheim mit dem Historischen Arbeitskreis 1997 zur Sanierung des alten, an so exponierter Stelle neben dem Schloss gelegenen Gebäudes entschloss, wurde die Brauanlage zufällig entdeckt, genauso wie der darunter gelegene Schürkessel. Dieser war damals noch von allen Seiten zugemauert. Beim Umbau wurde festgestellt, dass die Maße von einem zum anderen Raum nicht stimmen.
Deshalb wurde kurzerhand eine Mauer eingerissen und dahinter der kleine Raum mit dem Schürloch entdeckt. Ebenso gefunden wurden weitere Einrichtungen, die zum Brauen notwendig waren und die den Vorfahren im 19. Jahrhundert und wahrscheinlich auch in den Jahren davor in der Blauen Ente ein völlig selbstständiges
Brauen ermöglicht haben. Es gab eine Mälzerei, in der das flach ausgelegte Getreide vorkeimen konnte, eine Darre, die durch Heißluftzufuhr aus dem Kamin sehr sinnreich konstruiert war, sowie einen praktischen Giebelbrunnen, dessen eine Hälfte in der Küche und die andere im Garten zu finden war. Die Freilegung des neun Meter tiefen Brunnens durch die Mitglieder des Historischen Vereins erwies sich als eine richtige Knochenarbeit, denn er war bis oben hin mit Bauschutt gefüllt.
Ein Glücksfall für alle heutigen Besucher der Blauen Ente war die unglaubliche Energie der damaligen Mitglieder des Historischen Arbeitskreises, die im Rahmen der Sanierungsmaßnahmen die Idee entwickelten, die Brauanlage wiederzubeleben. Es war auch ein Glücksfall, dass mit Heiner Beilhardt ein gelernter Küfer Mitglied des Arbeitskreises war und den Bau und die Pflege der Holzfässer übernehmen konnte.
Mit Braumeister Siegbert Wieser, der bereits in der Kreisheimatstube die historischen Brauvorgänge
betreute, wurde ein Lehrmeister für die Freizeitbrauer in Leipheim gefunden, der die Gruppe bis heute begleitet und ihr wertvolle Tipps für die Herstellung des Biers gibt. Es ist viel Fingerspitzengefühl erforderlich, wenn das Gerstenmalz in verschiedenen Temperaturstufen aufgekocht wird. Bis zum Zusetzen der Bierhefe und der anschließenden Gärung in Holzfässern braucht es viele einzelne Arbeitsschritte, um am Ende nach rund 14 Tagen 300 Liter des inzwischen so beliebten Gerstensaftes in die vorbereiteten Flaschen abfüllen zu können.
Vor rund 20 Jahren fingen die engagierten Männer an mit dem Brauen und vermitteln bei dem zwei Mal im Jahr stattfindenden Schaubrauen ihre Kunst dem interessierten Publikum. Neben dem im Frühjahr und Herbst stattfindenden Schaubrauen muss wegen der großen Nachfrage der Kessel zum Bierkochen mehrmals im Jahr angeschürt werden. Seit der Wiederaufnahme des Brauereibetriebs wird über die Anzahl der Sude Buch geführt.
So können die heute aktiven Nachwuchsbrauer voll Stolz berichten, dass beim Schaubrauen am Palmsonntag bereits zum 90. Mal Bier gebraut wurde.
Der Sprecher der Brauer, Manfred Czekalla, verweist mit großem Schmunzeln auf den doch schon recht hohen Altersdurchschnitt seines „Nachwuchsteams“. Das jüngste Mitglied der Brauer ist 71 Jahre alt und alle anderen haben auch schon eine Sieben in ihrer Altersangabe vorne dran stehen. Sie alle hoffen sehr, noch lange gesund und fit zu bleiben, um diesem so ganz besonderen Hobby noch eine Weile nachgehen zu können. Gleichzeitig würden sie sich aber auch jüngere Mitstreiter wünschen, die diese inzwischen so beliebte Einrichtung in die Zukunft führen könnten.
Bis zur Gärung in Holzfässern sind viele einzelne Arbeitsschritte nötig.