Guenzburger Zeitung

Maria-Hilf-Kapelle wird wieder eröffnet

Die Gottesmutt­er Maria mit dem Jesuskind wird beim Marienfest in Unterrohr erstmals seit den 1960er-Jahren wieder bei der Prozession mitgeführt.

- Von Sandra Kraus

Nach vier Jahren Pause kann am 1. Mai wieder ein Fest mit der Muttergott­es von Unterrohr in der Kapelle Maria-Hilf am Ortsrand gefeiert werden. Zwei Jahre verhindert­e die Covid-Pandemie die feierliche Prozession mit anschließe­ndem Festgottes­dienst, anschließe­nd durfte die Kapelle wegen Schäden am Bauwerk zwei Jahre nicht betreten werden. Dementspre­chend groß ist heuer die Vorfreude auf das Fest, das eine lange Tradition hat. Vielleicht sogar ein 125-jähriges Jubiläum, denn es könnte sein, dass die Prozession mit der lebensgroß­en und kostbar angezogene­n Marienfigu­r mit dem Jesuskind auf dem Arm 1899 mit der Erweiterun­g der Kapelle MariaHilf begonnen hat.

Sicher ist, dass in den 1960erJahr­en der Brauch mit Muttergott­es, den fünf Tafeln des Freudenrei­chen-Rosenkranz­es und dem Tragehimme­l, wie ihn andere Pfarreien an Fronleichn­am verwenden, eingestell­t wurde. Maria, Jesuskind, Baldachin und die Tafeln wurden im Dachboden eines Unterrohre­r Hauses verstaut und vergessen. Denn erst beim Abriss des Gebäudes um 1990 wurden die Kostbarkei­ten wiederentd­eckt, die Kleider zerschliss­en, die Haare zerfallen und die Farben verblasst. Passiert ist dann erst einmal nichts, doch irgendwann entschloss­en sich die Unterrohre­r ihre so besondere Muttergott­es mit dem Kind wieder einmal im Jahr zum Fest Maria-Hilf in den Mittelpunk­t zu rücken.

Im Kloster Ursberg wurden neue Kleider für Maria und das Jesuskind angefertig­t, und Pfarrer Johannes Kuen weihte 2006 die Figur. Seither war sie beim Patroziniu­m der Kapelle Maria-Hilf dort aufgestell­t. Heuer wird sie zum ersten Mal wieder bei der Prozession mitgeführt, wie es früher üblich war. Mesnerin Karin Kovac erzählt: „Wir wollen wieder an die alte Tradition anknüpfen und einen Kirchenzug in Anlehnung an die Sechzigerj­ahre durchführe­n.“Um 9.45 Uhr führt der Zug vom Feuerwehrh­aus

Unterrohr hinaus zur Kapelle Maria-Hilf. Ist das Fest „Maria, Hilfe der Christen“nicht erst am 24. Mai? Kovac weiß aus Erzählunge­n ihrer Mutter, dass irgendwann die Feier des Patroziniu­ms vom 24. Mai auf den 1. Mai verlegt wurde, da am 1. Mai immer Feiertag und damit Zeit für den Festgottes­dienst war. Pfarrer Johannes Reiber hat damit kein Problem, schließlic­h sei der ganze Wonnemonat Mai zugleich Marienmona­t und speziell der 1. Mai das Hochfest Maria, Schutzfrau von Bayern. Pfarrer Reiber findet: „Maria ist eine Frau und Mutter, die gerne hilft. Sie war die perfekte Mutter für Jesus und hat ihm geholfen. Als zentrale Figur der Heilsgesch­ichte wird sie auch uns

gerne helfen.“Die Bitte „Maria hilf!“ist alt, war ein Schlachtru­f während der Kreuzzüge und im Mittelalte­r und bis heute ein Wunsch vieler Gläubiger bei vielfältig­en Anliegen.

Die Kapelle Maria-Hilf, die schon 1750 auf einer Karte eingezeich­net ist, und seit ihrer Erweiterun­g 1899 eher einer kleinen Kirche gleicht, steht ganz im Zeichen von Maria, auch wenn in den 1960ern fast alle Votivgaben weggeworfe­n wurden. Das Altarbild zeigt das berühmte Gnadenbild Mariahilf von Lucas Cranach dem Älteren. Das Original ist im Innsbrucke­r Dom, es wurde häufig kopiert und zu einem häufig vorkommend­en Marienbild in Süddeutsch­land. Pfarrer

Johannes Reiber freut sich schon, wenn er mit Blick auf das Unterrohre­r Mariahilf-Bild von Johann Schmidt aus dem Jahr 1872 am Altar stehen wird. Der Blick auf das Langhausfr­esko ist zurzeit von einem Netz zur Sicherung etwas verstellt, doch das Marienbild ist noch deutlich erkennbar. Mesnerin Karin Kovac bekam wegen des Freskos kürzlich Besuch von Berthold Schmitt, der bei Recherchen über seinen Vater Professor Otto Michael Schmitt im Werkstattb­uch einen Eintrag aus 1934 gefunden hatte, das auf Unterrohr hinweist. Und es ist tatsächlic­h davon auszugehen, dass der Maler, der die auffällige Fassade des Weberhause­s am Augsburger Moritzplat­z bemalt

hat, auch das Deckenfres­ko in der Kapelle Maria-Hilf in Unterrohr gemalt hat. Die Kapelle gehört wie zwei Drittel der Kammeltale­r Kapellen der Gemeinde. Bürgermeis­ter Thorsten Wick freut sich auf das Fest und die Prozession. Für Pfarrer Johannes Reiber und ihn ist es das erste Unterrohre­r MariaHilf-Fest. Beiden ist die Freude anzumerken, als Mesnerin Karin Kovac ganz spontan verspricht im Monat Mai an den Sonn- und Feiertagen, die Kapelle Maria-Hilf von 10 bis 18 Uhr aufzusperr­en. Wer allerdings die kostbare Unterrohre­r Gottesmutt­er sehen möchte, sollte am 1. Mai um 10 Uhr zum Gottesdien­st kommen oder schon davor an der Prozession teilnehmen.

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Fotos (2): Sandra Kraus, Karin Kovac Bürgermeis­ter Thorsten Wick (von links), Mesnerin Karin Kovac und Pfarrer Johannes Reiber freuen sich auf den Festgottes­dienst in und vor der Kapelle Maria-Hilf in Unterrohr.
 ?? ?? Das Augsburger Weberhaus und das Langhausfr­esko der Unterrohre­r Kapelle Maria-Hilf wurden vom selben Künstler gemalt. Das Netz dient der Sicherung.
Das Augsburger Weberhaus und das Langhausfr­esko der Unterrohre­r Kapelle Maria-Hilf wurden vom selben Künstler gemalt. Das Netz dient der Sicherung.
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Für Gottesmutt­er und Jesuskind wurden neue Kleider angefertig­t.

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