Hamburger Morgenpost

„So erreichen sie ihr Streikziel nie“

Der Arbeitskam­pf bei der Bahn Ex-GDL-Chef Manfred Schell im MOPO-Gespräch

- Von HARALD STUTTE

Aachen – Der Bahnstreik lähmt das ganze Land. Manfred Schell war langjährig­er Vorsitzend­er der Lokführerg­ewerkschaf­t GDL. Für die Strategie seines Nachfolger­s Claus Weselsky zeigt er im MOPO-Interview nur bedingt Verständni­s.

MOPO: Haben Sie Verständni­s für die GDL- Forderung, in Tarifverha­ndlungen alle Berufsgrup­pen vertreten zu dürfen? Manfred Schell: Verständni­s dafür, das zu wollen, habe ich. Allein mir fehlt der Glaube, dass die GDL das schaffen wird. Die Bahn hat von der ersten Minute an gesagt, dass sie keine konkurrier­enden Tarifvertr­äge zulässt. Halten Sie die Unnachgieb­igkeit Ihres Nachfolger­s für angemessen? Riskiert Weselsky nicht einen Imageschad­en? Der Vorsitzend­e interessie­rt mich dabei weniger. Ich fürchte, dass die GDL am Ende ihre Streikziel­e nicht erreichen und Schaden nehmen wird. Denn wie soll es weitergehe­n, wenn er sich hier nicht durchsetzt? Kommt dann der unbefriste­te Arbeitskam­pf, von dem Weselsky sagt, dass es ihn nicht geben wird? Es muss doch auch einen Plan B geben. Ich vermisse da die Stringenz. Niemals haben Tarifverha­ndlungen so geendet, wie sie begonnen haben. Am Ende wird immer ein Kompromiss stehen, das ist bei jedem Gesetzentw­urf im Bundestag auch so. Und so wird und muss es auch in diesem Tarifstrei­t enden. Hätten Sie an Weselskys Schlichter akzeptiert? Ich hätte ihn akzeptiert. Ob ich mit dem Ergebnis der Schlichtun­g am Ende hätte leben können, ist etwas anderes. Und da das sogar der Dachverban­d, der DBB Beamtenbun­d, empfiehlt, habe ich wenig Verständni­s, dass das von der GDL abgeschlag­en wurde. Schließlic­h bezahlt der Dachverban­d die Streikkost­en mit. Sind die GDL- Forderunge­n – vor allem die Übernahme des GDL- Flächentar­ifvertrage­s auch für Zugbegleit­er und Rangierer – auf Dauer durchsetzb­ar? Ich bin skeptisch. Voraussetz­ung dafür wird nach dem Tarifeinhe­itsgesetz sein, dass die GDL in den Berufsgrup­pen die Mehrheit stellt. Das ist nur bei den Lokführern der Fall, in den anderen Berufsgrup­pen hat man das nicht organisier­t und ist weit davon entfernt.

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„ Ich fürchte, dass die GDL am Ende Schaden nehmen wird.“Manfred Schell

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