Hamburger Morgenpost

Und tuUnder tut wieder, als sei nix passiert

Morgen will er sich erneut zum Boss wählen lassen. Europäer fordern Verschiebu­ng

- Von ARNO SCHMITZ und CHRISTIAN WIERMER

Zürich – Gestern sieben Festnahmen und Razzia im Hauptquart­ier, morgen Wiederwahl des Präsidente­n – schon heute startet in Zürich der wohl absurdeste FIFA-Kongress der FußballGes­chichte.

Über allem und allen steht dabei wie immer einer: Joseph S. Blatter (79), nennen wir ihn „Don Sepp“, den Paten des Fußballs. FIFA-Präsident seit Juni 1998. Schon nach seiner ersten Wahl vor 17 Jahren gab es Bestechung­svorwürfe, zahlreiche Skandale und Affären pflastern seine Amtszeit. Doch schuld waren immer andere. Auch diesmal wird in beiden Verfahren nicht gegen Blatter ermittelt. „Don Sepp“pocht auf eine weiße Weste und wird sich morgen in seine fünfte Amtsperiod­e wählen lassen.

Es sei denn, die Europäer können sich durchsetze­n. Die UEFA forderte gestern eine Verschiebu­ng der Wahl und eine Neuansetzu­ng innerhalb der nächsten sechs Monate. Die Festnahmen seien „ein Desaster für die FIFA“und beschmutzt­en das Bild des Fußballs, Korruption sei in der Kultur der FIFA tief verwurzelt, erklärte das UEFA-Exekutivko­mitee mit DFB-Präsident Wolfgang Niersbach.

„Der Kongress wird stattfinde­n, die Wahl wird stattfinde­n“, stellte dagegen FIFA-Medienchef Walter De Gregorio trocken klar. „Herr Blatter ist entspannt“, erzählte dieser allen Ernstes, um nach einer gewissen Entrüstung seitens der Journalist­en klarzustel­len: „Er tanzt natürlich nicht in seinem Büro auf dem Tisch. Nicht diese Art von relaxt.“Dass vier Stimmberec­htigte, darunter zwei Vize-Präsidente­n, nicht im Saal, sondern in Haft sitzen – Schwamm drüber.

Am Abend meldete sich dann auch Blatter selbst zu Wort und präsentier­te sich mal wieder als „Saubermann“: „Das ist eine schwierige Zeit für den Fußball, die Fans und die FIFA. Es sollte aber klar sein, dass wir die Untersuchu­ngen begrüßen.“Diese würden „die Maßnahmen stärken, welche die FIFA bereits eingeleite­t hat, um falsches Handeln im Fußball zu beenden“,.

Blatters einziger und nach allen bis gestern vorliegend­en Erkenntnis­sen chancenlos­er Gegenkandi­dat, Prinz Ali bin Al Hussein (39, Jordanien), sprach gestern von einem „traurigen Tag für den Fußball“. Das könnte man so sehen. Nur Blatter blieb natürlich ganz entspannt.

So wie auch im Juli 2012. Damals gab er unter dem Druck der Beweislast zu, von Bestechung­en im Zuge der ISL-Affäre gewusst zu haben. Blatter sprach von „Provisions­zahlungen“und stellte klar, man könne „die Vergangenh­eit nicht mit den Maßstäben von heute messen“, dies sei „Moraljusti­z“.

So tickt der Mann halt.

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Will trotz des FIFA- Bebens weitermach­en: Fußball- Boss Sepp Blatter

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