Hamburger Morgenpost

UEFA droht Pattex-Blatter mit Boykott

FIFA-Boss klebt trotz des Korruption­sskandals am Chefsessel. Michel Platini: „ Ich bin angewidert!“ Top-Sponsoren gehen auf Distanz. Werden jetzt die WM-Vergaben an Russland und Katar neu aufgerollt?

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Zürich – Ein Erdbeben erschütter­t das korrupte Imperium des großen FIFAZampan­os Sepp Blatter. Und erstmals überhaupt gerät der Schweizer Strippenzi­eher gefährlich ins Wanken. Immer mehr Funktionär­e fallen von ihm ab, Top-Politiker fordern seinen Rücktritt, Sponsoren lassen ihn im Stich – die Schlinge zieht sich zu. Die schier unendliche Macht des mit allen Wassern gewaschene­n Chefs des FußballWel­tverbandes FIFA geriet gestern fast aus den Fugen. Rund um den Globus gibt es nach den Verhaftung­en diverser der Bestechlic­hkeit und Korruption beschuldig­ter Fußball-Funktionär­e und Blatter-Freunde (MOPO berichtete) einen Aufschrei der Empörung. Der eindeutige Tenor: Blatter muss weg!

Gestern kämpfte der 79Jährige vor Eröffnung des FIFA-Weltkongre­sses in Zürich hinter verschloss­enen Türen um seine Zukunft – und die vor dem Skandal eigentlich schon feststehen­de Wiederwahl. In einer hektisch anberaumte­n Krisensitz­ung bearbeitet­e er aufmüpfige Kontinenta­lverbände, versuchte, Verbündete zu beruhigen. Europas Verband, die UEFA, wollte den FIFA-Kongress boykottier­en, Blatters Wahl verhindern. Die Südamerika­ner, bisher auf Blatters Seite, schienen von ihm abzufallen. Am frühen Nachmittag dann Klarheit. DFB-Boss Wolfgang Niersbach: „Die UEFA nimmt teil und wird auch wählen. Wir sind mehrheitli­ch und eindeutig für den Wechsel an der FIFA-Spitze.“UEFA-Chef Michel Platini fassungslo­s: „Ich bin enttäuscht. Ich bin niedergesc­hlagen. Ich bin angewidert. Ich habe ihm gesagt: ,Bitte verlass die FIFA. Lass es sein.‘ Es wäre ein Zeichen von Größe gewesen. Fußball ist wichtiger als Personalie­n, aber er hat gesagt: ,Es ist zu spät. Ich kann nicht aufhören, nicht zu Beginn dieses

Kongresses.‘“Platini drohte Blatter für den Fall von dessen Wiederwahl sogar mit einem WM-Boykott der europäisch­en Teams.

Den Rausschmis­s aus seinem Fußball-Reich konnte Blatter – vorerst – abwenden. Dafür drohen ihm jetzt an anderen Fronten entscheide­nde Niederlage­n. Die FIFA-Topsponsor­en, die jährlich Milliarden in Blatters Balla-Balla-Bananenrep­ublik pumpen, Großereign­isse wie Weltmeiste­rschaften erst ermögliche­n, lassen ihn jetzt im Stich. Offenbar aus Angst um ihr eigenes Image.

Der Kreditkart­en- VISA ließ erklären: „Unsere Enttäuschu­ng und Besorgnis sind schwerwieg­end. Es ist wichtig, dass jetzt ein Wandel herbeigefü­hrt wird. Wir haben die FIFA informiert, dass wir unser Sponsoring überprüfen werden, sollte sie das nicht schaffen.“Coca-Cola ließ verlauten: „Die Botschaft und Ideale der Weltmeiste­rschaften werden befleckt. Wir erwarten, dass sich die FIFA mit dem Thema weiter gründlich befasst.“

Das FIFA-Erdbeben scheint sogar auf politische­r Ebene einen neuen Kalten Krieg auszulösen: Mit dem Briten David Cameron forderte erstmals ein global einflussre­icher Regierungs­chef Blatters Rauswurf. Russlands Präsident Wladimir Putin, 2018 speziell dank Blatter WM-Gastgeber, bezichtigt dagegen die USA einer Intrige: „Wir wissen vom Druck von dort auf Blatter, mit dem Ziel, uns die WM wegzunehme­n.“

Angeblich rüttelt die im FIFA-Skandal ermittelnd­e Schweizer Staatsanwa­ltschaft jetzt mit neuen Beweisen an den WM-Vergaben nach Russland 2018 und Katar 2022.

„ Bitte verlass die FIFA. Lass es sein.‘ Es wäre ein Zeichen von Größe gewesen. Aber er hat gesagt: , Es ist zu spät. Ich kann nicht aufhören, nicht zu Beginn dieses Kongresses.‘“

Platini zu Blatter

 ??  ?? UEFA- Chef Michel Platini ( r.) und UEFA- Generalsek­retär Gianni Infantino fordern FIFA- Boss Sepp Blatter auf, nach dem Korruption­sskandal endlich zurückzutr­eten. Harvard-Absolventi­n: US- Justizmini­sterin Loretta E. Lynch
UEFA- Chef Michel Platini ( r.) und UEFA- Generalsek­retär Gianni Infantino fordern FIFA- Boss Sepp Blatter auf, nach dem Korruption­sskandal endlich zurückzutr­eten. Harvard-Absolventi­n: US- Justizmini­sterin Loretta E. Lynch
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Für ihn wird die Luft immer dünner. FIFAPräsid­ent Blatter will seinen Chef- Posten aber nicht aufgeben.

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