Kapern die Russen Syrien?
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Hamburg – Was will Wladimir Putin in Syrien? Mit jedem Tag steigt die russische Militärpräsenz in dem vom Bürgerkrieg verwüsteten Land. 28 Kampfflieger, gepanzerte Fahrzeuge, 1700 Russen sollen inzwischen vor Ort sein. Unklar ist, wohin die Operation zielt: Luftschläge oder gar ein Einsatz von Bodentruppen? Im Pulverfass Syrien glimmt eine neue Lunte.
Die Russen versuchen zweifellos, ihre seit Langem bestehende Marinebasis in Tartus zu schützen. Jetzt beginnen sie damit, auf dem Luftwaffenstützpunkt Jableh bei Latakia eine Flugleitzentrale aufzubauen. Über die Motive Putins gibt es bisher nur Spekulationen:
Russische Luftschläge aufseiten der Truppen von Baschar al-Assad? Für Prof. Dr. Michael Brzoska, Direktor des Instituts für Friedensforschung in Hamburg, ist das die wahrscheinlichste Variante. Brzoska: „Die syrische Luftwaffe kann nur noch Fassbomben abwerfen, aber für gezielte Luftschläge reicht es nicht mehr. Unklar ist aber, gegen wen die Russen Angriffe fliegen wollen: Gegen den Islamischen Staat? Oder auch gegen die Nusra- Front, die Al Kaida nahesteht? Oder sogar gegen die Rebellen?“
Einsatz von Bodentruppen? Für den Friedensforscher ist klar, dass Putin die abnehmende Kampfkraft der AssadTruppen ausgleichen will, um den wichtigsten Partner in Nahost nicht zu verlieren – aber eher nicht am Boden. Dazu sei das russische Kontingent zu klein. Allein die iranisch gestützte Hisbollah sei mit 12000 Mann in Syrien vor Ort.
Den USA die Stirn bieten? Hier könnte ein wesentliches Motiv liegen: Mit den Amerikanern auf Augenhöhe wieder ins Gespräch kommen, Washington in eine Kooperation gegen den Islamischen Staat zu zwingen, so Brzoska.
Spaltung Syriens? Daran glaubt Brzoska nicht. „Es gibt keinen klaren Frontverlauf, alles ist sehr kleinteilig. Selbst das Alawiten-Kernland ist umkämpft. Eine Teilung wäre schwierig.“
Provokation? Mit dem Eintreten der Russen in den Konflikt steigt die Nervosität auch in Israel, das ab und an Nachschubkolonnen der Hisbollah aus der Luft angreift. Was, wenn dabei Russen getroffen würden? Was, wenn die Russen Luftschläge gegen die Rebellen führen und westliche Einsatzkräfte treffen? „Die Gefahr eines Unglücks, die Gefahr durch Provokationen ist da“, analysiert Brzoska. „Aber alle sind sich dessen bewusst, es laufen viele Kontakte, um das zu vermeiden. Ob sich alle dran halten, ist eine andere Sache.“