Weiß sie wirklich, was sie tut?
Ein bisschen wird sich die Kanzlerin wie der Zauberlehrling fühlen, der die Geister, die er rief, nicht mehr loswird. Nur dass es sich – anders als in Goethes Gedicht – um Menschen handelt, die bei uns eine neue Heimat suchen. Merkel droht auf fatale Weise zum Opfer der Unvereinbarkeit von Anspruch und Wirklichkeit zu werden. Der Anspruch, das war ein zutiefst christliches Prinzip, dem die Pfarrerstochter fast schon reflexhaft nachgab: Menschen in Not zu helfen! Die Wirklichkeit, das sind finanzielle und organisatorische Grenzen, an die Kommunal- und Landespolitiker stoßen. Denn anders als Merkel arbeiten die dort, wo Politik auf Wirklichkeit trifft. Wenn die Kanzlerin die Dinge weiter laufen lässt, setzt sie die wichtigste Säule der oft zitierten „Willkommenskultur“aufs Spiel. Auch die Bereitschaft der Bürger, sich selbstlos zu engagieren. Die Bundesregierung ist in der Bringschuld: Sie muss zeigen, dass sie Herr der Lage ist. Und im Falle der Überstrapazierung den Flüchtlingsstrom umleiten. Oder sogar vorübergehend stoppen. Um auch in Zukunft Menschen auf der Flucht helfen zu können.
HARALD STUTTE
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