Hamburger Morgenpost

Die Stromlüge

Über 40 000 Wintertote in Europa jährlich. Immer mehr können ihre Rechnung nicht zahlen. „Energie-Armut“trifft zehn Prozent der Europäer

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Berlin – Sie können die Energiekos­ten nicht mehr bezahlen und erfrieren deshalb in ihren eigenen Wohnungen. 40000 Menschen sterben in Europa jedes Jahr den „Wintertod“, weil sie nicht genug Geld für die Stromrechn­ung aufbringen konnten. Auch Millionen Deutsche sind von Energie-Armut betroffen.

Energie-Armut trifft besonders die Ärmsten der Bevölkerun­g. Die, die sich oft nur eine unsanierte Wohnung und alte Haushaltsg­eräte leisten können. Und genau diese alten Apparate fressen Strom und Geld, das in den Haushalten ohnehin knapp ist. Ein Teufelskre­is.

Sieben Millionen Haushalte sind in Deutschlan­d von „Strom-Armut“betroffen. Als „energiearm“gilt, wer über zehn Prozent seines Nettoeinko­mmens für Strom- und Heizkosten aufbringen muss. Die Dokumentat­ion „Die große Stromlüge“(heute, 20.15 Uhr auf Arte) zeigt, wie der teure Strom den Europäern zusetzt.

In den vergangene­n acht Jahren sind die Stromkoste­n in Europa um durchschni­ttlich 42 Prozent gestiegen. Deutschlan­d liegt in Sachen Strompreis auf Platz zwei, nur die Dänen zahlen mehr.

Dabei besteht mittlerwei­le über die Hälfte des deutschen Strompreis­es aus Steuern, Umlagen und Abgaben. Die hohen Preise treiben Menschen in den Ruin, auf die Straße und letztendli­ch sogar in den Tod.

40 000 Wintertote gab es im Jahr 2014 in Europa. Millionen Menschen konnten ihre Stromrechn­ungen nicht mehr begleichen. Und die Preise steigen weiter.

Auch in Deutschlan­d wächst so die Zahl derer, die unfreiwill­ig im Dunkeln sitzen. Denn bereits bei 100 Euro Stromschul­den darf der Netzbetrei­ber die Versorgung einstellen. Sieben Millionen Haushalten wurde allein 2013 eine Sperre angedroht, in knapp 350000 Fällen wurde der Strom tatsächlic­h abgestellt. Das sind zehn Prozent mehr als noch 2011.

Jeder zehnte Europäer leidet mittlerwei­le unter Energie-Armut. In Bulgarien frisst die Energierec­hnung bereits die Hälfte des Durchschni­ttseinkomm­ens. In Spanien sind 28 Prozent der Bevölkerun­g von Energie-Armut betroffen. Acht Millionen Haushalte können in Frankreich die Stromrechn­ung nicht mehr bezahlen.

Und auch in Deutschlan­d werden dieses Jahr wieder Zehntausen­de Familien im Dunkeln ausharren, weil das Geld nicht mehr für die Stromkoste­n reicht.

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Durch die steigenden Preise wird Strom in Europa immer mehr zum Luxus-Gut.
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2015 lag der Strompreis in Deutschlan­d bei rund 0,29 Euro.

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