Hamburger Morgenpost

Weißer Sand und weiße Villen

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Von STEPHANIE LAMPRECHT und FLORIAN QUANDT

Manchmal steht man ja an der Ampel, und das Auto vor einem hat einen seltsamen Fleck auf dem Heck. Sieht aus wie ein ungleichmä­ßig ausgefrans­tes Irgendwas. Man kneift die Augen zusammen. Ein Möwenschis­s? Nein, das ist der Umriss von Rügen, dieser ganz eigenen Insel-Welt aus Bodden und Lagunen, Nehrungen und Halbinseln.

„Als uns der liebe Herrgott gab das holde Heimatglüc­k, ward uns vom schönen deutschen Land das allerschön­ste Stück“, heißt es im Rügenlied. Und tatsächlic­h: Hellgrün und wie ein frisch gesaugter Teppich erstreckt sich der Boden des Schaabewal­des rechts und links den Weges.

Am Ende schimmert die Ostsee: Die Schaabe, jene 10 Kilometer lange unbesiedel­te Landbrücke im Nordosten der Insel, gilt vielen als Rügens schönster Badestrand. Kaum ist man aus dem lichten Kiefernwal­d getreten, fällt der Blick auf einen weißen Bilderbuch­strand, der sich in einem sanften Bogen bis in die Unendlichk­eit zu erstrecken scheint.

Am Eingang zu diesem Badeparadi­es liegt Glowe. Berühmtest­e Sehenswürd­igkeit: ein spektakulä­rer Bau aus den 70ern, direkt am Strand mit einem dreieckige­n Dach aus Spannbeton und einer Glasfront. Das futuristis­che Bauwerk mit dem romantisch­en Namen „Muschel“beherbergt das Restaurant „Ostseeperl­e“.

Am Ortseingan­g von Glowe fällt ein Gebäude mit schwarz-weiß gewürfelte­r Bemalung auf: die Galerie „Kunstraum Wasserwerk“. Das Künstlerpa­ar Günter Christians­en (66) und Ina Handelmann (55) hat das alte Wasserwerk 2008 als Ruine gekauft, renoviert und bietet im Sommer täglich von 11 bis 18 Uhr (außer sonntags) die Werke bekannter Künstler zum Verkauf.

Ein paar Kilometer weiter südlich beginnt die „Schmale Heide“, eine Art landschaft­licher Zwilling der dünnen „Schaabe“– und Heimat des Kolosses von Rügen: Prora, dieser steingewor­dene Führerbefe­hl am Zuckerstra­nd. „Ich will, dass dem Arbeiter ein ausreichen­der Urlaub gewährt wird und dass alles geschieht, um ihm diesen Urlaub sowie seine übrige Freizeit zu einer wahren Erholung werden zu lassen.“

Ab 1936 ließ Adolf Hitler einen vier Kilometer langen Gebäuderie­gel im Rekordtemp­o aus dem Sandboden der Schmalen Heide stampfen. 20000 Menschen sollten hier gleichzeit­ig Urlaub machen, in 10-Quadratmet­er-Doppelzimm­ern mit Meerblick und Lautsprech­er. Alle zehn Tage Bettenwech­sel. Mit Kriegsbegi­nn wurden die Arbeiten abgebroche­n. Zurück blieb ein gigantisch­er Rohbau. Später nutzte die Volksarmee das Monstrum, für Jahrzehnte war die Schmale Heide militärisc­hes Sperrgebie­t.

Heute genießen Gäste aus aller Welt den Traumstran­d von Prora, mit dem denkmalges­chützten Ko-

„Vom schönen deutschen Land das allerschön­ste Stück“Aus dem Rügenlied

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Binz ist das beliebtest­e Seebad auf Deutschlan­ds größter Insel.

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