Hamburger Morgenpost

Kuscht Bach vor Putin?

IOC-Beschluss: Kein kompletter Ausschluss. „Team der Sauberen“soll starten. Es hagelt Kritik

- Von NILS WEBER

Rio mit Russland? Die Antwort lautet: Jein! Das Internatio­nale Olympische Komitee (IOC) hat sich gegen einen Komplett-Ausschluss Russlands bei den Sommerspie­len entschiede­n. Der Beschluss ist höchst umstritten. Gnade für die Staats-Doper? Gerechtigk­eit für die Sauberen? Und wer darf jetzt eigentlich starten? Es bleiben viele Fragen. Das IOC wälzt die Verantwort­ung auf die Verbände ab.

Trotz der Doping-Skandale und dem Nachweis eines staatlich gelenkten Betruges dürfen russische Athleten in Rio starten. Das hat das IOCExekuti­vkomitee unter Vorsitz von Präsident Thomas Bach gestern beschlosse­n. Damit hat sich das IOC gegen die Empfehlung der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) gestellt.

Das russische Team wird kleiner sein als üblich bei Olympische­n Spielen. In Rio ist „Russländch­en“am Start. Die russischen Leichtathl­eten bleiben gesperrt.

„Es geht um Gerechtigk­eit. Die Entscheidu­ng respektier­t das Recht eines jeden sauberen Athleten auf der ganzen Welt“, so Bach. „Es gilt die Unschuldsv­ermutung. Deswegen haben wir strenge Kriterien entworfen, die jeder russische Sportler erfüllen muss, wenn er teilnehmen will.“

Welche russischen Sportler in Rio starten dürfen, sollen jetzt die einzelnen internatio­nalen Sportverbä­nde in Zusammenar­beit mit dem Internatio­nalen Sportgeric­htshof CAS entscheide­n. Wie gewissenha­ft das elf Tage vor den Spielen gelingen kann, ist höchst fraglich.

Den schwarzen Peter haben jetzt die Verbände. Das IOC, das bei den Winterspie­len in Sotschi 2014 mit Russland glänzende Geschäfte gemacht hat, kommt um eine offene Konfrontat­ion mit dem Riesenreic­h herum. Kuscht Bach vor Putin? Diese Frage drängt sich auf. Dem Deutschen wird eine große Nähe zu Russlands Präsidente­n Wladimir Putin nachgesagt. Von einer Männerfreu­ndschaft mit dem Kreml-Chef ist die Rede. Die Russen gelten als Unterstütz­er von Bachs Kandidatur.

„Hier entsteht leicht der Eindruck, dass politische Rücksichtn­ahmen höher gewichtet worden sind als die Frage der Glaubwürdi­gkeit des Sports“, kritisiert Clemens Prokop, Präsident des Deutschen Leichtathl­etikVerban­des, das IOC.

Die Doping-Bekämpfer gehen auf die Barrikaden. Die Nationale Anti Doping Agentur (NADA) kritisiert den IOC-Beschluss scharf: „Das ist ein fatales Signal. Die Entscheidu­ng schwächt das Anti-Doping-System.“Der deutsche Doping-Experte Fritz Sörgel spricht gar von einem „widerliche­n, abgekartet­en Spiel“. Es sei „gemauschel­t“worden. Der ehemalige IOC-Vize und WADA-Chef Richard Pound wettert: „Null Toleranz gegenüber Doping – außer, es geht um Russland.“

Glücklich mit dem IOCBeschlu­ss ist Russlands umstritten­er Sportminis­ter Vitali Mutko und spannt schon wieder die Hosenträge­r. Er sei sicher, dass die „Mehrheit“der infrage kommenden Sportler in Rio antreten werde. „Ich hoffe, dass wir uns über Siege freuen werden.“Wenn man heute eine Urinprobe von Mutko untersucht­e: Man fände keine Spuren von Demut.

„Null Toleranz gegenüber Doping – außer bei Russland.“Richard Pound, Ex-IOC-Vize

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Männerfreu­ndschaft: IOC-Präsident Thomas Bach (l.) und Kreml-Chef Wladimir Putin schätzen und mögen sich .

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