Kuscht Bach vor Putin?
IOC-Beschluss: Kein kompletter Ausschluss. „Team der Sauberen“soll starten. Es hagelt Kritik
Rio mit Russland? Die Antwort lautet: Jein! Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hat sich gegen einen Komplett-Ausschluss Russlands bei den Sommerspielen entschieden. Der Beschluss ist höchst umstritten. Gnade für die Staats-Doper? Gerechtigkeit für die Sauberen? Und wer darf jetzt eigentlich starten? Es bleiben viele Fragen. Das IOC wälzt die Verantwortung auf die Verbände ab.
Trotz der Doping-Skandale und dem Nachweis eines staatlich gelenkten Betruges dürfen russische Athleten in Rio starten. Das hat das IOCExekutivkomitee unter Vorsitz von Präsident Thomas Bach gestern beschlossen. Damit hat sich das IOC gegen die Empfehlung der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) gestellt.
Das russische Team wird kleiner sein als üblich bei Olympischen Spielen. In Rio ist „Russländchen“am Start. Die russischen Leichtathleten bleiben gesperrt.
„Es geht um Gerechtigkeit. Die Entscheidung respektiert das Recht eines jeden sauberen Athleten auf der ganzen Welt“, so Bach. „Es gilt die Unschuldsvermutung. Deswegen haben wir strenge Kriterien entworfen, die jeder russische Sportler erfüllen muss, wenn er teilnehmen will.“
Welche russischen Sportler in Rio starten dürfen, sollen jetzt die einzelnen internationalen Sportverbände in Zusammenarbeit mit dem Internationalen Sportgerichtshof CAS entscheiden. Wie gewissenhaft das elf Tage vor den Spielen gelingen kann, ist höchst fraglich.
Den schwarzen Peter haben jetzt die Verbände. Das IOC, das bei den Winterspielen in Sotschi 2014 mit Russland glänzende Geschäfte gemacht hat, kommt um eine offene Konfrontation mit dem Riesenreich herum. Kuscht Bach vor Putin? Diese Frage drängt sich auf. Dem Deutschen wird eine große Nähe zu Russlands Präsidenten Wladimir Putin nachgesagt. Von einer Männerfreundschaft mit dem Kreml-Chef ist die Rede. Die Russen gelten als Unterstützer von Bachs Kandidatur.
„Hier entsteht leicht der Eindruck, dass politische Rücksichtnahmen höher gewichtet worden sind als die Frage der Glaubwürdigkeit des Sports“, kritisiert Clemens Prokop, Präsident des Deutschen LeichtathletikVerbandes, das IOC.
Die Doping-Bekämpfer gehen auf die Barrikaden. Die Nationale Anti Doping Agentur (NADA) kritisiert den IOC-Beschluss scharf: „Das ist ein fatales Signal. Die Entscheidung schwächt das Anti-Doping-System.“Der deutsche Doping-Experte Fritz Sörgel spricht gar von einem „widerlichen, abgekarteten Spiel“. Es sei „gemauschelt“worden. Der ehemalige IOC-Vize und WADA-Chef Richard Pound wettert: „Null Toleranz gegenüber Doping – außer, es geht um Russland.“
Glücklich mit dem IOCBeschluss ist Russlands umstrittener Sportminister Vitali Mutko und spannt schon wieder die Hosenträger. Er sei sicher, dass die „Mehrheit“der infrage kommenden Sportler in Rio antreten werde. „Ich hoffe, dass wir uns über Siege freuen werden.“Wenn man heute eine Urinprobe von Mutko untersuchte: Man fände keine Spuren von Demut.
„Null Toleranz gegenüber Doping – außer bei Russland.“Richard Pound, Ex-IOC-Vize