Standing Ovations für den neuen „Jedermann“
Der Dauerbrenner begeistert auch im 23. Jahr das Hamburger Publikum
ine markerschütternde Stimme hallt durch die Speicherstadt: „Jedermann!“, ruft der Tod sein nächstes Opfer beim Namen. Und benennt gleichzeitig das Stück, das am Freitag die Premiere seiner neuen Spielzeit gefeiert hat: „Der Hamburger Jedermann“von Michael Batz.
Herrn Jedermanns Stunde hat geschlagen, der reiche Kaufmann (aalglatt: Robin Brosch) muss sterben. Doch bevor der Tod (sympathisch: Wolfgang Hartmann) ihn holt, grätscht ein anderer dazwischen. Der Teufel (charismatisch: Erik Schäffler) hat noch eine Rechnung mit der Stadt offen: Hamburg schuldet ihm eine Seele, für seine Hilfe damals beim Bau von „Teufelsbrück“. Und so schließt der listige Satansbraten schnell einen Vertrag mit dem Todgeweihten ab und verkauft ihm die gesamte Speicherstadt für seine Seele …
Das alte Motiv des Pakts mit dem Teufel bettete Autor Batz in eine großartige Liebeserklärung an die Hansestadt ein: „Der Hamburger Jedermann“feilscht nun schon im 23. Sommer auf der Open-Air-Bühne am Fleet um sein Leben – und outet sich als unsterblichen Publikumsmagneten.
Jedem Wetter trotzend pilgern alljährlich Hunderte in die Speicherstadt – die seit 2015 zum Weltkulturerbe gehört – und schauen zwei Stunden dem langsamen Sterben des skrupellosen Machtmenschen zu: Der ruft verzweifelt ein paar Begleiter seiner Karriere auf, um den letzten Weg nicht allein gehen zu müssen; doch am Ende sind es zwei fremde Bauern aus dem Alten Land, die ihm beistehen.
Die Verse des Urtextes werden alljährlich durch Seitenhiebe auf aktuelle Ereignisse angereichert, 2016 heißt es zum Beispiel: „Wir sind alle wie Panama, kriegen den Kanal nicht voll.“Am Ende geht der Teufel leer aus, denn „diese Zeit vertreibt die Seele“. Standing Ovations für das Theater in der Speicherstadt.
Theater in der Speicherstadt: bis 21.8., Do-Sa 20 Uhr, So 19 Uhr, Auf dem Sande 1, 18-56 Euro, Tel.3696237 hamburger-jedermann.de