Fliegt der JahrhundertKicker raus?
Es geht um rechten „Wutbürger“-Marsch Entscheidung an diesem Wochenende Präsidium, Räte und Altliga fällen Urteil
Die Teilnahme am Protestmarsch der „Wutbürger“von Einsiedel könnte für Michél Dinzey zum Ausschluss aus der „St. Pauli-Familie“führen. Michél Dinzey (43) und der FC St. Pauli – diese Beziehung war lange ebenso innig wie erfolgreich. Jetzt droht dem Ex-Kiezkicker und Mitglied der „Jahrhundertelf“der Rauswurf! Noch an diesem Wochenende fällt die Entscheidung.
Grund ist seine Teilnahme an einem „Wutbürger“-Protestmarsch Mitte Juni im sächsischen Einsiedel (MOPO berichtete). Dinzey will die fremdenfeindliche Gesinnung vieler Teilnehmer nicht wahrgenommen haben, sagte unmittelbar danach: „Ich habe nichts Rechtes gesehen.“Er versicherte, er habe sich lediglich informieren wollen und habe „gute Gespräche geführt mit den Leuten“.
Ob des enormen Gegenwindes – vor allem aus der Fanszene des Zweitligisten – ruderte er zurück und entschuldigte sich: „Ich war zu naiv. Das ist unentschuldbar.“
So sahen und sehen es offenbar viele Menschen beim Kiezklub. Für sie ist Dinzeys Aktion nicht mit den Leitlinien ihres Vereins vereinbar. Sie beschwerten sich in der Chefetage, sagten, dass Dinzey das Recht verwirkt habe, die braun-weißen Farben weiter zu repräsentieren.
Deshalb fanden in den vergangenen Wochen Krisengespräche statt. Das bestätigt Präsident Oke Göttlich: „Es gab einen Austausch mit Michél Dinzey, dem Ehrenrat, dem Aufsichtsrat, dem Präsidium und der Führung der Traditionsmannschaft. Wir bereiten jetzt eine Entscheidung vor.“Diese, das ist Göttlich wichtig, „wird von allen beteiligten Gremien gefällt“. Viel deutet daraufhin, dass Dinzey nicht mehr für die „Altliga“kicken darf. Da die Spieler dort automatisch Mitglieder sind, würde auch Dinzey diesen Status verlieren und zu einer Persona non So berichtete die MOPO am 18. Juni über den „Fall“Michél Dinzey. grata am Millerntor werden. Dinzey wollte sich gestern auf Nachfrage der MOPO vor Bekanntgabe der offiziellen Entscheidung nicht mehr äußern. Das Aus wäre bitter für ihn. Zumal er auch große Verdienste vorweisen kann.
Dinzey (112 Spiele für den Kiezklub) war dabei, als St. Pauli 1995/96 die Bundesliga halten konnte, er hatte großen Anteil bei den Pokalerfolgen 2005/06, die den Kiezklub vorm Kollaps retteten. Auch ein Argument dafür, warum er 2010 anlässlich des 100. Vereinsjubiläums von den Fans in die „Jahrhundertelf “gewählt wurde.
Die ihm vorgehaltene Nähe zu Rechten passt eigentlich nicht zum bisherigen Leben Dinzeys, der afrikanische Wurzeln und 33 Länderspiele für den Kongo absolviert hat. Er engagiert sich für verschiedene soziale Projekte. Für das „NestWerk“oder bei der Bekämpfung von Drogen und Alkohol bei Kindern und Jugendlichen in der Psychiatrischen Klinik am UKE. Er kickt für den FC Global United, der um die Welt reist, um auf den Klimaschutz aufmerksam zu machen. Auch engagiert er sich regelmäßig für die jährliche Hamburger Benefizaktion „Kicken mit Herz“.
Fakt ist: Durch den Marsch in Einsiedel hat sich Michél Dinzey schwer geschadet. Ob seine Einsicht den Bann des FC St. Pauli verhindern kann, muss bezweifelt werden.
Von St. Pauli berichtet BUTTJE ROSENFELD r.rosenfeld@mopo.de