Eine Stadt kämpft für den korrupten Bürgermeister
Wegen Bestechlichkeit abgesetzt, trotzdem wiedergewählt: Provinzposse aus Brandenburg
Guben – Dass ein Bürgermeister des Amtes enthoben wird, weil er die Hand aufhielt, kommt vor. Dass derselbe Mann die Chuzpe hat, erneut für den Posten anzutreten, und dann auch noch mit haushoher Mehrheit gewinnt, das ist eine Sensation.
Schauplatz: Guben in Brandenburg, eine Stadt mit 18000 Einwohnern. Eine Kommune, die es in sich hat. Die augenfälligste Besonderheit: Sie ist geteilt. Alles östlich der Neiße ist seit 1945 polnisch und heißt Gubin.
Aber auch sonst ticken die Uhren hier anders. Hat es je einen Bürgermeister im Osten gegeben, der von der FDP kam? Und dann auch noch einen, dem ein Großteil der Bürger sogar einen Korruptionsskandal verziehen hätte?
Um das alles zu verstehen, muss man wissen, dass es mit der einst aufstrebenden Industriestadt seit der Wende nur noch abwärtsgeht. Die Jugend sieht zu, dass sie wegkommt. Und die Alten? Die setzen all ihre Hoffnung in ihn: KlausDieter Hübner.
2001 wird der Liberale, der das Image pflegt, ein hemdsärmeliger Macher zu sein, erstmals Bürgermeister. Mit sagenhaften 64,5 Prozent der Stimmen wird er 2009 im Amt bestätigt. Dann der Skandal. 2011 kommt raus, dass er die Hand aufhält: Es geht um eine Gartenbaufirma, der Hübner die meisten öffentlichen Aufträge in Guben zuschanzt. Als Dankeschön pflegt ihm das Unternehmen den Garten seines Grundstücks – unentgeltlich, versteht sich.
Die Sache fliegt auf. Hübner wird suspendiert und 2015 wegen Bestechlichkeit zu eineinhalb Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Das ist das Ende einer hoffnungsvollen Politiker-Karriere. So dachte man jedenfalls.
Doch Hübner kommt zurück: Als 2016 ein neuer Bürgermeister gesucht wird, tritt er zur großen Überraschung der Öffentlichkeit und gegen den Willen seiner eigenen Partei erneut an und gewinnt! Bei der Stichwahl am 17. Juli erringt er 58 Prozent der Stimmen. Aber ob er das Amt je wird antreten können, ist ungewiss.
Vergangene Woche hat dieGu ben er Stadtverordmehrneten versammlung heitlichbe schlossen, dem 64-Jährigen mittels eines Dringlichkeitsantrages zu verbieten, seine Amtsgeschäfte auszuführen. Als Hübner am Montag das Rathaus betritt, wird er schon erwartet. Interims-Bürgermeister Fred Mahro spricht ein Hausverbot aus.
Hübner geht zwar, aber das Ende der Geschichte ist das wohl immer noch nicht. Denn er hat angekündigt, klagen zu wollen. Und mehr als die Hälfte der Einwohner weiß er auf seiner Seite. Immer noch. Guben ist nicht nur geografisch eine geteilte Stadt.
Guben ist geteilt, nicht nur geografisch.