Mach’s gut, Schweini!
Weltmeister-Käpt’n feiert heute gegen Finnland Abschied Rührende Worte von Löw: „Habe viel von ihm profitiert“
Von THOMAS GASSMANN
Er trug Sneakers, eine beige Hose und ein olivgrünes TShirt. Seinen Scheitel hatte Bastian Schweinsteiger (32) akkurat zur Seite frisiert. Vor einer schwarzen Wand warteten die Mitarbeiter einer Auto-Filiale, Schweinsteiger konnte ihnen nicht entfliehen. Ein Selfie, noch eins, bitte, noch einmal. Dann stieg der Weltmeister die Treppe hinunter und verschwand in einem schwarzen DFB-Bus.
Wer Schweinsteiger noch einmal so nah kam, konnte sich glücklich schätzen. Heute sagt „Schweini“mit dem Spiel gegen Finnland in Mönchengladbach Servus zu seinen Fans. Dann geht’s wieder zurück nach Manchester. Und es sieht so aus, als ob er in den kommenden Monaten nach New York, in die Major League Soccer („Amerika ist eine Option“) verschwinden wird.
Irgendwie hatte Schweinsteigers Stimme bei seiner gestrigen Abschiedsrede einen besonderen Klang, etwas zwischen Wehmut und Stolz. „Ich gehe mit großer Dankbarkeit“, erklärte er leise, „es war eine wunderbare Zeit in der Nationalmannschaft. Ich war über jedes Spiel.“
Er begann 2004 als Spaßvogel, er wollte Chef sein und wurde als Cheffchen verspottet. Das tat ihm weh. Aber Schweinsteiger kämpfte und wurde tatsächlich zum Leader, zum Kapitän, der Deutschland in einem heroischen Finale in Rio 2014 zum Weltmeistertitel führte. Seitdem ist der frühere Bayern-Star Kult. Einer, der sich einreiht in die Liste der Großen wie Fritz Walter, glücklich Franz Beckenbauer und Lothar Matthäus, die deutschen WM-Kapitäne von 1954, 1974 und 1990. Er erlebte schöne, verrückte Dinge. Auf Nachfrage berichtete „Schweini“, wie er 2005 beim Confed-Cup seinen besten Kumpel und Zimmerpartner Lukas Podolski am frühen Morgen „wie einen toten Hund auf dem Bett“liegen sah, das Handy ausnahmsweise mal aus der Hand gerutscht.
Er blickt zurück auf schöne, große Momente eines Profis, der alles erreicht hat in seinem sportlichen Leben. Fußball ist sein Leben gewesen, „es gab keinen Tag, an dem ich den Ball nicht sehen wollte. Vielleicht nur an dem Tag nach unserem verlorenen Champions-League-Finale in Chelsea.“
Diese eine Wunde ist geblieben. Neuer Schmerz soll bitte nicht dazu kommen, sondern weiter die Freude im Vordergrund stehen. Schweinsteiger will gegen die Ausbootung Mourinhos in Manchester ankämpfen. „Mein Traum ist es, noch einmal für Manchester United zu spielen“, sagte er, „wenn ich eine faire Chance bekomme, werde ich sie nutzen. Ich sehe mich als Fußballer, ich will spielen.“
Heute wird er zum letzten Mal auflaufen für sein Land, für Deutschland. Seine Familie, seine Freunde werden auf der Tribüne sitzen, dazu etwas mehr als 20 000 Fans. Vermutlich werden viele Tränen fließen.
Auch Joachim Löw blickt mit Wehmut auf die gemeinsame Zeit zurück, viele Erinnerungen an und mit seinem Anführer bleiben für immer haften. „Zwischen uns herrschte in jeder Beziehung absolutes Vertrauen. Zu jeder Zeit hatte ich das Gefühl, dass er alles für die Mannschaft gibt und sich total mit unseren Werten und Zielen identifiziert. Ich als Trainer habe viel von ihm profitiert und kann mich einfach nur für alles bei ihm bedanken.“ München gegen
„Ich bin glücklich über jedes Spiel in der Nationalmannschaft.“Bastian Schweinsteiger