Hamburger Morgenpost

Razzia in Hamburgs nobelstem Bordell

- Von THOMAS HIRSCHBIEG­EL

„Willkommen im Reich der Sinne.“So werden die Gäste in Hamburgs exklusivst­em Bordell empfangen. Doch die Besucher, die jetzt gegen Mitternach­t Einlass im „Relax“an der Adenaueral­lee (St. Georg) begehrten, waren weder willkommen, noch hatten sie Interesse an sinnlichen Erlebnisse­n. Fast 100 Steuerfahn­der und Polizisten haben das Edelbordel­l auseinande­rgenommen.

Steuerober­amtsrat – was für ein schöner deutscher Dienstgrad. Den trägt der „Fahnder mit dem Hut“, ein altgedient­er Haudegen der Hamburger Steuerfahn­dung. Zuletzt hatte er im Winter vergangene­n und Frühjahr dieses Jahres als Chef einer Sondereinh­eit für Rotlichtbe­triebe auf dem Kiez für Unsicherhe­it gesorgt. Fast wöchentlic­h kam es in Bordellen und Lokalen zu Razzien (MOPO berichtete).

Jetzt schlug die Truppe erstmals in St. Georg zu. Die Beamten sammelten sich am Berliner Tor. Unauffälli­ge Autos wurden mit dem Logo „Steuerfahn­dung“versehen, dann ging es los. Im Bordell war man zwar genervt, doch das Personal blieb höflich. Chefin Heike L. zeigte sich kooperativ. Ex-Boss Heinrich Lothar Burggraf und Graf zu Dohna Schlobitte­n will mit allem nichts mehr zu tun haben.

Gegenüber der MOPO behauptete er, im Bordell nur noch als Fahrer zu arbeiten. „Für 1297 Euro netto im Monat“, wie der Spross aus einem 900 Jahre alten sächsische­n Adelsgesch­lecht Anfang des Jahres vor Gericht angab. Im Mai wurde der ehemalige Puff-Boss zu 18 Monaten Haft verurteilt – wegen Steuerhint­erziehung. Es ging um 200000 Euro Umsatzsteu­er. „Seine Erlaucht“vor Gericht zerknirsch­t: „Ich wusste, dass es im System der Steuerabre­chnungen Schieflage­n gab.“

Im „Relax“hatten diese Schieflage­n offenbar System. Schon 2010 standen die drei damaligen Besitzer vor Gericht, weil sie innerhalb von nur sechs Jahren neun Millionen Euro Steuern hinterzoge­n hatten. Sie wurden verknackt, mussten Millionen zurückzahl­en. Ihre Masche: eine Art „doppelte Buchführun­g“. Im „Relax“gab es ein extra konstruier­tes Lesegerät für EC-Karten. Darüber gingen Millionen am deutschen Fiskus vorbei – und über einen Finanzdien­stleister in die Schweiz.

Und worum ging es diesmal? Unklar, die Behörden schweigen. Das Geschäft soll in den vergangene­n Monaten im „Relax“aber ganz ausgezeich­net gelaufen sein. Vor allem während der vor Kurzem zu Ende gegangenen maritimen Messe „SMM“soll es Geschäftsk­unden gegeben haben, die mit einer ganzen Gruppe Damen und etlichen Magnum-Flaschen Champagner ihren Spaß hatten. Mehr als 20 000 Euro stehen an so einem Abend schnell auf der Rechnung. Wer es diskret mag, kann das Bordell übrigens über einen Geheimgang betreten. Eine Möglichkei­t, die so mancher Promi gern nutzt.

„Sie treffen täglich bis zu 40 bildhübsch­e Damen an unserer Bar. Sie sind zwischen 21 und 40 Jahre alt und verspreche­n exzellente­n Service“– so wirbt das Bordell. Die Preise beginnen bei etwa 300 Euro die Stunde. Die Damen sind „selbststän­dige Unterhaltu­ngsdamen“, sie zahlen eine Art Miete im „Relax“und müssen ihre Einnahmen individuel­l versteuern – das sollen aber die wenigsten in voller Höhe tun. Doch um die Einnahmen der Damen ging es wohl bei der Razzia nicht, eher um größere Getränkeum­sätze, die möglicherw­eise am Fiskus vorbeigele­nkt wurden.

Solvente Gäste geben hier an einem Abend gern mal 20 000 Euro aus.

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Portier Armin wachte jahrelang an der Pforte von Hamburgs feinstem Puff an der Adenaueral­lee.
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Wer keine Lust auf Sex hat, kann auch zum Lesen ins Bordell gehen. Die Bibliothek ist gut bestückt.
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