Merkels kleine Niederlage
Ein wenig überraschend ist es schon: Während SPD und Union ein Jahr vor der Bundestagswahl immer mehr auf Krawall-Modus schalten und versuchen, sich voneinander abzugrenzen, scheinen sie ausgerechnet in der Frage nach einem neuen Bundespräsidenten einen gemeinsamen Weg gehen zu wollen. Man kann dies als eine Niederlage Merkels werten. Sie hätte wohl gerne ein schwarz-grünes Signal Richtung Bundestagswahl 2017 gesetzt – beispielsweise mit einem Bundespräsidenten Winfried Kretschmann. Union und Grüne verfügen in der Bundesversammlung zusammen über die nötige Mehrheit. Allerdings hat Merkel wohl erkannt, dass sie dafür die CSU nur schwer ins Boot hätte holen können. Denn für viele CSU-Wähler sind die Grünen noch immer schlimmer als „Preußen“und die Pestilenz zusammen. Sowohl Steinmeier als auch Lammert – die Favoriten auf das Amt – wären durchaus akzeptable Kandidaten. Für einen Neubeginn stünden sie aber nicht. Will die Große Koalition wirklich ein Zeichen setzen, könnte sie die noch immer fürstlichen Altersbezüge von Bundespräsidenten reformieren. Es wäre ein Signal in für viele Menschen nicht einfachen Zeiten.