Hamburger Morgenpost

Vom Schläger zum Millionär

Die irre Lebensgesc­hichte von Mario Daser. Der 27-Jährige saß im Knast. Boxen veränderte sein Leben, als Unternehme­r wurde er reich.

- Das Interview führte THOMAS HIRSCHBIEG­EL

Ein getunter Ferrari, ein 730-PSAudi, ein Mercedes AMG GTs – das ist der Fuhrpark eines Erfolgreic­hen. Mario Daser hat mit Immobilien Millionen gemacht. Dabei hat der heute 27Jährige auch eine dunkle Vergangenh­eit, saß im Knast. Der Boxsport rettete ihn. Jetzt will der Hamburger Unternehme­r Weltmeiste­r werden.

MOPO am Sonntag: Vom Schläger zum Boxer zum Firmenchef zum Profi-Boxer. Gibt das Ihr Leben korrekt in Kurzform wieder? Mario Daser: Das ist schon richtig. Aufgewachs­en sind Sie im Münchner Stadtteil Hasenbergl. Keine tolle Gegend, oder? Das ist ein Viertel mit sozialen Problemen. So, wie es früher auch in Wilhelmsbu­rg war. Wie sind Sie dort groß geworden? Mit meiner Mutter, die als Altenpfleg­erin gearbeitet hat, und meiner Schwester. Meine Mutter dachte immer, ich würde zur Schule gehen, aber ich bin lieber mit Freunden um die Häuser gezogen und hab Schmarrn gebaut. Was haben Sie denn gemacht? Wir saßen zum Beispiel im Park und haben Leute mit Eiern beworfen ... Haben Sie denn überhaupt einen Schulabsch­luss hinbekomme­n? Hauptschul­abschluss, ganz normal. Aber dann kamen Sie öfter mit der Polizei in Kontakt? Ich bin ohne Führersche­in gefahren, hab nach der Disco mit 17 betrunken ein Auto geklaut und bin auf der Flucht vor der Polizei in einer Kurve mit dem VW Golf rausgeflog­en. Und Sie landeten im Gefängnis. 14 Tage Jugendarre­st. Sie haben sich auch geprügelt! Ich bin jetzt nicht der Schläger, der sagt, ich schlag mich dauernd. Ich hab eine sehr hohe Reizschwel­le. Aber wenn die überschrit­ten wird, dann gab es damals für mich nur eines: zuschlagen! Wenn ich damals zugeschlag­en hab, hat man mich schon sehr in die Enge getrieben. Ich wollte nie Streit, wollte niemand verletzen, ich bin ein sehr gutmütiger Mensch. Aber wenn man mich in die Ecke treibt und nicht aufhört – irgendwann wehre ich mich eben. Und wen traf es dann? Andere Jugendlich­e? Ja. Die lagen am Boden? Ja. Boxen trainiert haben Sie damals aber noch nicht? Nein. Das war eher so Natur-Boxen, die Schule des Hasenbergl­s. Das war damals normal. Wenn du dich nicht gewehrt hast, bist du ein Idiot gewesen, ein Opfer. Es ist schwer, Jugendlich­en begreifbar zu machen, dass es einen anderen Weg gibt. Wenn man zwölf oder 13 Jahre alt ist, muss man sich beweisen. Waren Sie in einer Multikulti-Clique? Na klar, als Deutscher war ich da ein Unikat. Wodurch kam es zur Wende in Ihrem Leben? Durch das Boxen. Nicht durch den Knast? Nein. Da kommt man nur auf noch dümmere Ideen. Wann haben Sie denn angefangen zu boxen? Nach dem Knast – mit 19 wurde ich Profi. Da machte es dann klick und Sie wollten was machen aus Ihrem Leben? Ich habe im Training am Anfang ordentlich Schläge bekommen. Ich war richtig demoliert. Das hat mich genervt! Ich habe aber weitergema­cht, wollte unbedingt stärker werden. Ich hab dann Erfolge erlebt. Da hat es klick gemacht. Ich habe gemerkt: Es kann sich was ändern im Leben. Irgendwann konnte man mir im Training eben kein blaues Auge mehr schlagen. Aber es gab einen Rückschlag – Sie landeten noch mal im Knast?

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„Im Training hat es klick gemacht. Ich habe Erfolge erlebt und gemerkt: Es kann sich was ändern im Leben.“Mario Daser

Es ging um einen Einbruch, den ein Freund begangen hatte. Die Polizei dachte, ich sei dabei gewesen und ich kam in U-Haft, verbrachte Weihnachte­n hinter Gittern. Das war eine ziemliche Scheiße. Da weint jeder, auch die ganz harten Jungs. Ich habe auch geweint. Das bricht einen schon. In der Gerichtsve­rhandlung wurde ich dann aber freigespro­chen.

Und nach der Entlassung?

Habe ich meine Frau kennengele­rnt. Und ich wollte endlich arbeiten. Ich habe einen Job als Fahrer für ein Dental-Labor angenommen und mit einem alten VW Polo Zähne ausgefahre­n. Für 1300 Euro im Monat bin ich um 6 Uhr morgens aufgestand­en und um 20 Uhr heimgekomm­en. Da waren schon die fünf Euro für Zigaretten kaum drin. Meine Frau hat mehr verdient.

Und wie kamen Sie dann plötzlich an Ihr eigenes Kieswerk?

Der Besitzer, der Opa meiner Frau, lag im Krankenhau­s. Wir haben die Oma unterstütz­t. Sie hat uns dann das Kieswerk angeboten. Keiner der anderen Verwandten wollte es. Ein Freund gab mir etwas Geld und ich übernahm den kleinen Familienbe­trieb in München.

Plötzlich waren Sie Unternehme­r!

Ja. Ich hab zwar keinen tollen Schulabsch­luss, aber Lebenserfa­hrung. Erst wollte man mich übervortei­len – ich war damals 24 Jahre alt. Aber da oben beschützt mich wohl einer, hat mich vor Fehlentsch­eidungen bewahrt. Ich bin dann selbst Tag und Nacht sieben Tage die Woche Radlader gefahren.

Hatten Sie Mitarbeite­r?

Nein – und am Anfang nicht mal Geld für Diesel. Aber ich wollte ums Verrecken den Betrieb nach oben bringen. Viele haben mir geraten, ihn zu verkaufen, aber das wollte ich nicht. Heute habe ich acht Mitarbeite­r.

Reich geworden sind Sie dann aber mit Immobilien?

Das Kieswerk hat schon gute Gewinne abgeworfen, aber dazu gehörte auch ein schönes Grundstück mit einem Haus. Auf den Grundwert hat mir die Bank dann Kredit gegeben. Und von dem Geld – 3,8 Millionen Euro – habe ich wieder Immobilien gekauft. Das waren Wohnhäuser, die ich renoviert und wieder verkauft habe – für einen guten Preis. Und das ging dann immer so weiter. Ich hab offenbar so ein Händchen für Immobilien. So, wie die Fliegen zur Scheiße kommen, kommen die guten Angebote zu mir.

Sie sind Millionär, leben jetzt im schönen Hamburg, fahren Ferrari. Sie haben alles erreicht. Jetzt wollen Sie sich wieder als Profi-Boxer beweisen. Warum?

Jeder hat einen Weg, und der geht nicht immer gerade. Das Boxen hat mich auf den richtigen Weg geführt. Ich habe gelernt, dass man alles im Leben erreichen kann, wenn man nur will.

Aber Sie haben doch alles erreicht. Langweilen Sie sich?

Nein, ich langweile mich nicht. Aber ich habe eine Mission. Ich werde Weltmeiste­r. Egal wie! Und ich will eine Botschaft senden: Egal, wie viel Mist man erlebt hat, man kann es schaffen. Und ich will die Jugendpsyc­hiatrie der Harburger AsklepiosK­linik unterstütz­en. Ich spende Geld. Ich will einen Teil des Glücks, das ich habe, weitergebe­n. Ich will diesen Kindern zeigen, dass sie es auch schaffen können.

„Ich habe eine Mission. Ich werde Weltmeiste­r und ich will eine Botschaft senden: Egal wie viel Mist man erlebt hat, man kann es schaffen.“Mario Daser

 ??  ?? Ein Bild aus seiner „wilden Zeit“im Münchner Problemsta­dtteil Hasenbergl: Mario Daser mit einem Kumpel in der Disco
Ein Bild aus seiner „wilden Zeit“im Münchner Problemsta­dtteil Hasenbergl: Mario Daser mit einem Kumpel in der Disco
 ??  ?? Hat sich durchgebox­t: Mario Daser (27) auf dem Balkon seines Appartemen­ts in der Neustadt, gleich gegenüber der HafenCity am Herrengrab­en-Fleet.
Hat sich durchgebox­t: Mario Daser (27) auf dem Balkon seines Appartemen­ts in der Neustadt, gleich gegenüber der HafenCity am Herrengrab­en-Fleet.
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 ??  ?? Mario Daser auf der Schaufel seines Radladers. Wochenlang hat er Tag und Nacht Kies gefahren, um das marode Kieswerk in München wieder in die Gewinnzone zu bringen.
Mario Daser auf der Schaufel seines Radladers. Wochenlang hat er Tag und Nacht Kies gefahren, um das marode Kieswerk in München wieder in die Gewinnzone zu bringen.
 ??  ?? Autoverrüc­kt: Mario Daser in der HafenCity mit seinem getunten Mercedes AMG GTs (814 PS/ 350 km/h). Er hat auch noch einen 730-PS-Audi-Kombi, einen Ferrari und weitere Fahrzeuge.
Autoverrüc­kt: Mario Daser in der HafenCity mit seinem getunten Mercedes AMG GTs (814 PS/ 350 km/h). Er hat auch noch einen 730-PS-Audi-Kombi, einen Ferrari und weitere Fahrzeuge.
 ??  ?? Der Profi-Boxer (Cruiser-Gewicht) beim Training. Das Tattoo auf seinem Arm bedeutet übersetzt „Leben heißt kämpfen“.
Der Profi-Boxer (Cruiser-Gewicht) beim Training. Das Tattoo auf seinem Arm bedeutet übersetzt „Leben heißt kämpfen“.

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