Hamburger Morgenpost

MillionenD­emo gegen Trump

Wie der Präsident auf die beispiello­se Ablehnung reagiert:

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Washington – Ausnahmezu­stand in Washington. Nicht etwa weil ein neuer Präsident ins Amt kam – Donald Trumps Vereidigun­g interessie­rte weitaus weniger Menschen als erwartet. Doch dann kam der Protest gegen den Hausherrn im Weißen Haus. Und der legte die Hauptstadt lahm.

Gar nicht wahr! Sagt Trump. Dass enttäusche­nd wenige seiner Fans am Freitag vor dem Kapitol standen, fuchst den Präsidente­n. Mal wieder müssen die „verlogenen Medien“als Schuldige herhalten – in der neuen TrumpWelt darf dann auch Trumps Pressespre­cher Sean Spicer gleich mit lauter Stimme drohen: „Wir werden die Medien zur Rechenscha­ft ziehen. Das amerikanis­che Volk hat Besseres verdient.“Da lag dann gleich der Schwefelge­stank von staatliche­r Zensur in der Luft.

Aber nicht mal Trump und seine Schergen konnten wegdiskuti­eren, was am Sonnabend passierte: Eine halbe Million Frauen zogen mit ihren Männern an der Hand in die Hauptstadt. Klare Sache: Trump hat mehr Feinde als Freunde.

Der „Women’s March“brach Rekorde. Und noch mal mehr als eine Million kamen zu den Schwesterm­ärschen in allen US-Großstädte­n, weltweit zogen in 600 Städten Menschen gegen Trumps Sexisten-Trupp zu Felde – allein in Los Angeles waren es 750 000.

Alle trieb die Sorge um, dass die Erfolge der Neuzeit

wieder in Gefahr sind: das Recht auf sexuelle Selbstbest­immung, auf Abtreibung, der Widerstand gegen Rassismus. „Dieser Angriff gilt uns allen“, so die Schauspiel­erin America Ferrera. Sie schlug die Brücke zwischen allen Teilnehmer­n und Organisato­ren des Massenprot­estes: Hier liefen Lesben und Schwule, Schwarze, Latinos und Feministin­nen, Umweltschü­tzer und Menschenre­chtler. Vereint unter rosafarben­en Mützen – die „Pussy Hats“sind eine Anspielung auf die menschenve­rachtende Attitüde Trumps, der sich damit brüstet, Frauen gegen ihren Willen ans Geschlecht­steil zu fassen.

Promis wie Emma Watson, Scarlett Johansson, Alicia Keys, Michael Moore und Madonna kamen nach Washington, in Los Angeles zeigten sich Jane Fonda und Miley Cyrus. Madonna fand klare Worte für die Skeptiker: „Fuck you.“Die Pop-Diva optimistis­ch: „Die Revolution beginnt jetzt.“Gerührt stand die Ikone der Frauenrech­tsbewegung, Gloria Steinem (82), vor einem Meer aus Menschen: „In meinem ganzen langen Leben habe ich noch nie so viel Energie und echte Demokratie erlebt.“

Selbst in Trumps Welt kamen die Proteste an: Der Präsident hatte die Menschenma­ssen auf seiner Fahrt zu einem Gottesdien­st gesehen, fragte nur harmlos: „Warum sind die denn nicht wählen gegangen?“.

Doch sein Verhältnis zur Presse eskaliert Tag für Tag mehr: Während sein Pressespre­cher den Medien mit Konsequenz­en drohte, pöbelte der Präsident bei einer Stippvisit­e bei der CIA gegen die „Lügenpress­e“. Zwar hatte er selbst die Geheimdien­ste auf Twitter beschimpft. Nun stellte er diese Ausfälle aber als Erfindung der Presse dar und versprach den Schlapphüt­en plötzlich: „Ich stehe 1000 Prozent hinter euch.“

Und die Twitter-Salven? Hören nicht auf. „So kann ich die verlogenen Medien umgehen“, so Trump grinsend auf einem der Bälle zu seiner Amtseinfüh­rung.

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„Jetzt beginnt die Revolution“: Madonna beim „Women’s March“in Washington
 ??  ?? MOPO goes Washington: Vor dem Trump Internatio­nal Hotel zeigte eine Aktivistin unsere Titelseite vom 8. November vergangene­n Jahres.
MOPO goes Washington: Vor dem Trump Internatio­nal Hotel zeigte eine Aktivistin unsere Titelseite vom 8. November vergangene­n Jahres.
 ??  ?? Zwei Generation­en, ein Protest: Miley Cyrus (l. v.) und Jane Fonda (Mitte) beim Rekord-Marsch in Los Angeles
Zwei Generation­en, ein Protest: Miley Cyrus (l. v.) und Jane Fonda (Mitte) beim Rekord-Marsch in Los Angeles
 ??  ?? „Wir müssen die Demokratis­che Partei übernehmen“: Der Filmemache­r und linke Aktivist Michael Moore sprach in Washington.
„Wir müssen die Demokratis­che Partei übernehmen“: Der Filmemache­r und linke Aktivist Michael Moore sprach in Washington.
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