Katarstrophe für die „Bad Boys“!
Aus im Achtelfinale: WM-Pleite gegen Wüsten-Söldner beendet Ära Sigurdsson
Kaum hat die K.o.-Runde der WM begonnen, sind die Deutschen Handballer kalt erwischt worden. Knockout! Heimreise statt Medaillenkampf. Der Titel-Traum ist geplatzt wie eine der riesigen Seifenblasen des Straßenkünstlers vor dem prunkvollen Pariser Rathaus. Das Achtelfinal-Aus für den Europameister - eine absolute „Katarstrophe“. Keeper-Gigant Andreas Wolff, wieder einmal überragend zwischen den Pfosten, kauerte wie ein Häufchen Elend an der Werbebande, den Kopf unter einem Handtuch verborgen. Paul Drux lag regungslos rücklings auf dem Parkett und starrte an die Decke der riesigen AccorArena, in der die „Bad Boys“Hauptdarsteller eines Horrorfilms waren.
Aus. Raus! 20:21 (10:9) Die Weltmeisterschaft findet ab sofort ohne Europameister statt. Das ist unglücklich, das ist dramatisch – und das ist verdient.
„Das ist ein sehr großer Schock für uns“, bekannte Bundestrainer Dagur Sigurdsson. Es war das letzte Spiel des Isländers, dessen Rückzug lange vor der WM festgestanden hatte. Ein Ende wie ein Tritt unter die Gürtellinie, das Sigurdsson, der das DHB-Team aus dem Mittelmaß geholt und zu EM-Gold und OlympiaBronze geführt hatte, sichtlich zusetzte.
Perfide Pointe des bösen Spiels: Die erste Führung im ganzen Spiel für die „Bausatz-Truppe“aus Katar, die fast nur aus in den letzten Jahren eingebürgerten Spie-
lern besteht, war zugleich der Siegtreffer (58.). Erzielt vom gebürtigen Kubaner Rafael Capote (neun Tore), den die Deutschen eigentlich nie in den Griff bekamen.
„Wir hatten es in der eigenen Hand, aber wir haben es nicht geschafft, das Spiel nach Hause zu fahren“, haderte Patrick Groetzki. Sie hatten den Sieg förmlich weggeworfen, eine 17:13Führung (46.) trotz mehrfacher Chance nicht ausgebaut, sondern durch eigene Fehler verspielt. Die Rote Karte Patrick Wiencek (50./ dritte Zeitstrafe) verstärkte die unerklärliche Verunsicherung. Wolff war wütend. Es brodelte in ihm. „Ich bin bodenlos enttäuscht“, grollte der Kieler, der mit 19 Paraden (48 Prozent) alles und mehr für einen Sieg getan hatte, und nahm die Vorderleute ins Visier. Woran es gefehlt habe? „Wir haben nur 20 Tore gemacht, daran hat es gefehlt!“Und er bemängelte die Einstellung so mancher Kollegen: „Einige waren wohl zu sicher. Der Gegner schien fokussierter als wir.“
Kritik gab es auch an den Schiedsrichtern Gatelis/Mazeika aus Litauen, die sich in den Schlussminuten gravierende Fehlentscheidungen leisteten. „Da sind wir klar benachteiligt worden“, ärgerte sich DHB-Vizepräsident Bob Hanning. „Aber es darf gar nicht so weit kommen.“Wiencek wurde noch deutlicher: „Das darf uns nicht passieren.“
Es ist passiert. „Damit müssen wir jetzt leben“, sagt Sigurdsson. Er selbst noch lange. Der 43-Jährige hat keine Chance auf Wiedergutmachung.
Deutsche Tore:
Glandorf 4, Groetzki 4, Fäth 3, Häfner 3, Drux 2, Wiencek 2, Kohlbacher 1, Kühn 1