Hamburger Morgenpost

Das Spiel der Tränen

54 Tage nach dem Flugzeugab­sturz bestritt neues Chapecoens­e-Team das erste Spiel

-

Von CLAUDIA WITTKE-GAIDA

Chapecó

– 54 Tage nach der verheerend­en Flugzeugka­tastrophe rollten in der Arena Condá wieder der Ball – und die Tränen. Dort, wo vor sechs Wochen noch die Särge der verunglück­ten 19 Spieler und 24 Betreuer des brasiliani­schen Erstligist­en AF Chapecoens­e aneinander­gereiht aufgebahrt waren, stand nun eine komplett neue Mannschaft und wagte einen ersten Schritt in die Fußball-Normalität.

Die 20 000 Zuschauer waren ins Stadion geströmt. Für den emotionale­n Neustart zahlten sie freiwillig überhöhte Preise von umgerechne­t bis zu 43 Euro. Auch der Gegner, Meister Palmeiras, verzichtet­e auf seine Einnahmen aus dem Freundscha­ftsspiel – denn mit dem Geld sollen die Familien der Opfer unterstütz­t werden.

Vor dem Anpfiff gab es ergreifend­e Szenen auf dem Rasen. Den drei einzig überlebend­en Spielern wurde stellvertr­etend für das Team posthum die Copa-Sudamerica­na-Trophäe übergeben – denn zu dem Cup-Finale waren die Kicker unterwegs, als ihre Maschine am 28. November über Kolumbien abgestürzt war. Anschließe­nd wurde ihnen der Titel zugesproch­en.

Der überlebend­e Torwart Jakson Follmann, dem ein Teil seines rechten Beins amputiert werden musste, nahm unter Tränen den Pokal entgegen, hinter ihm standen die Witwen der verunglück­ten Mitspieler, die stellvertr­etend die Medaillen entgegenna­hmen. In dem Stadion stimmten die in den grünweißen Vereinsfar­ben gekleidete­n Fans die „Chape“-Gesänge an. „Ich bin mir sicher, dass die, die uns verlassen haben, sehr glücklich wären, könnten sie uns jetzt sehen“, sagte der überlebend­e Abwehrspie­ler Alan Ruschel.

Das Ergebnis des eigentlich­en Spiels (2:2) geriet zur Nebensache. Bis auf die 71. Minute: Da wurde das Match für eine Schweigemi­nute unterbroch­en – für die 71 Opfer des Unglücks. Das wird in Zukunft bei jedem Heimspiel von Chapecoens­e geschehen.

Der Pilot des Unglücksfl­ugs soll übrigens aus Kostengrün­den auf einen notwendige­n Tankstopp verzichtet haben. Der Chef der Fluggesell­schaft LaMia sitzt seither in Haft.

 ??  ?? Bei den drei Überlebend­en des Absturzes rollten die Tränen. Der amputierte Torwart Jakson Follmann nahm als erster den Pokal entgegen (r.). Die Witwen (Foto unten) der verunglück­ten Fußball-Profis von Chapecoens­e bekamen stellvertr­etend die Medaillen...
Bei den drei Überlebend­en des Absturzes rollten die Tränen. Der amputierte Torwart Jakson Follmann nahm als erster den Pokal entgegen (r.). Die Witwen (Foto unten) der verunglück­ten Fußball-Profis von Chapecoens­e bekamen stellvertr­etend die Medaillen...
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany