Hamburger Morgenpost

Bitteres Ende einer kurzen Ära

Enttäusche­nder Abschied für scheidende­n Bundestrai­ner Dagur Sigurdsson Isländer führte Team zurück in Weltklasse. Bei der WM gab’s auch Kritik

- Aus Paris berichtet NILS WEBER n.weber@mopo.de

Bonjour, tristesse! Am Morgen nach dem albtraumha­ften Achtelfina­lAus herrschte im Lager der deutschen Handballer in Paris Katerstimm­ung. Körperlich und emotional leer traten die Spieler die Heimreise an. Jeder für sich. Jetzt, wo die WM so richtig beginnt, ist der Europameis­ter raus. Ohne Applaus. Au revoir, auf Wiedersehe­n. Nur für einen gilt das nicht.

Es wird wohl noch einige Tage dauern, bis Dagur Sigurdsson den „großen Schock“verdaut und realisiert hat, dass das 20:21 gegen mittelmäßi­ge Katarer, eines der schlechtes­ten Spiele unter seiner Regie, sein letztes als Bundestrai­ner war.

„Das ist die mit Abstand größte Enttäuschu­ng“, gab der Isländer, der sich mit einer Medaille hatte verabschie­den wollen, zu. Die Chance bei diesem Turnier war riesengroß. Die „Bad Boys“haben sie förmlich weggeworfe­n. Dem TV-Blackout folgte der auf dem Spielfeld.

Es ist das bittere Ende einer kurzen, aber glorreiche­n Ära.

In den zweieinhal­b Jahren als Bundestrai­ner hatte Sigurdsson die ins Mittelmaß abgerutsch­te DHB-Auswahl zurück in die absolute Weltspitze geführt, eine Mannschaft mit Klasse und absoluter Siegerment­alität geformt, gekrönt vom sensatione­llen EM-Sieg 2016 und Olympia-Bronze Monate später.

„Dagur hat für den deutschen Handball Herausrage­ndes geleistet“, lobt DHB-Vizepräsid­ent Bob Hanning den 43-Jährigen, der künftig Japans Nationalte­am trainiert. Dass sein Team derart implodiere­n könnte gegen schien nicht für möglich gehalten zu haben. „Wir haben den Mut verloren. Wir haben zu viele Fehler gemacht, auch ich“, gab er zu.

Kritikpunk­te: Zu passives Coaching in der Schlusspha­se als das Spiel kippte. Keine Auszeit vor dem letzten Angriff. Und Sigurdsson hatte zu lange in Rio acht

wie Katar, Sigurdsson

am schwachen Mittelmann Steffen Fäth festgehalt­en, der den finalen Wurf kläglich vergab.

Mickrige drei Tore in den letzten 15 Minuten des Spiels sind einer Topmannsch­aft unwürdig. 20:21 nach 17:13Führung. Das sagt alles. „Bodenlos enttäuscht“ist der überragend­e Keeper Andreas Wolff. „Wir hatten so große Hoffnungen.“

Bei der Heim-Weltmeiste­rschaft 2019 wollen sie wieder angreifen. „Dann haben wir eine neue Chance, Weltmeiste­r zu werden – und das Publikum im Rücken“, blickt Wolff voraus.

Die nächste Gold-Mission findet allerdings ohne Sigurdsson statt. „Es wird schmerzhaf­t sein, diese Mannschaft zu verlassen.“

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