Hamburger Morgenpost

Magensäure­blocker stoßen bitter auf

Gesundheit­sexperten warnen vor sorgloser Einnahme der Tabletten und deren Nebenwirku­ngen

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Frankfurt/Main – Millionen Deutsche leiden häufig an Sodbrennen. Deshalb nehmen viele regelmäßig Tabletten, die die Säureprodu­ktion im Magen herunterre­geln. Das wiederum stößt Gesundheit­sexperten bitter auf.

Gegen Sodbrennen, Reizdarm oder Magenschme­rzen – Millionen Menschen nehmen sogenannte Protonenpu­mpen-Inhibitore­n (PPI), auch Magensäure­blocker genannt. Die PPIs hemmen die Bildung von Magensäure und helfen dem Magen, sich zu beruhigen. Laut Arzneimitt­elverordnu­ngs-Report werden sie inzwischen drei Mal so häufig verordnet wie vor zehn Jahren. Die Krankenkas­sen sehen diese Entwicklun­g mit Sorge. „Dass immer mehr Patienten Magensäure­blocker verordnet bekommen, ist weder durch steigende Erkrankung­sraten noch durch demografis­che Faktoren zu erklären“, kritisiert Barmer-Chef Christoph Straub. Laut einer Auswertung der Krankenkas­se haben Mediziner in Deutschlan­d zuletzt 13,4 Millionen Patienten solche Medikament­e verschrieb­en. Zu oft würden PPIs auch dann verordnet, wenn ihr Nutzen nicht wissenscha­ftlich nachgewies­en ist, warnt die Deutsche Gesellscha­ft für Gastroente­rologie, Verdauungs­und Stoffwechs­elkrankhei­ten (DGVS). Auch könne aus dem gelegentli­chen Griff zu Magensäure­blockern schnell eine Dauereinna­hme werden. Denn beim abrupten Absetzen eines PPI kann es zu einer überschieß­enden Produktion von Magensäure kommen – dann treten die Symptome, gegen die das Medikament eingenomme­n wurde, eine Zeit lang verstärkt auf. „Dies führt nicht selten dazu, dass Patienten das Medikament dann weiter einnehmen und langfristi­g dabei bleiben“, so DGVSExpert­e Prof. Matthias Ebert, Direktor der II. Medizinisc­hen Klinik in Mannheim. Doch diese Medikament­e sind nicht harmlos, können Spätfolgen haben. Möglich seien hierbei ein erhöhtes Risiko für Knochenbrü­che und eine Veränderun­g der Darmflora.

Auch Interniste­n bestätigen, dass Magensäure­blocker inflationä­r eingesetzt würden. Der Kieler Gastroente­rologe Prof. Ulrich Fölsch, Generalsek­retär der Deutschen Gesellscha­ft für Innere Medizin (DGIM), sagt aber auch: „Die Nebenwirku­ngen sind gering, kaum überzeugen­d zu beweisen und treten erst nach jahrelange­m Gebrauch auf.“

Trotzdem ist es ratsam, bevor man zu Tabletten greift, auf den Teller zu schauen. Gerade Symptome wie Aufstoßen und Völlegefüh­l sind oft ernährungs­bedingt.

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