Stoppt diese Frau den Brexit?
Regierung muss Parlament beteiligen. Abgeordnete meist EU-freundlich
London – Hammer-Urteil in London: Die britische Regierung muss für den Ausstieg aus der EU die Genehmigung des Parlaments einholen. Das hat der Oberste Gerichtshof entschieden – und gab damit der Klägerin und entschiedenen BrexitGegnerin Gina Miller (51) recht.
Die Klage der ImmobilienMaklerin hatte die Stimmung im Land aufgeheizt. EU-Befürworter feiern Gina Miller als Volksheldin, Gegner schickten Morddrohungen. Sie hat jetzt Leibwächter, nutzt keine öffentlichen Verkehrsmittel mehr, geht an Wochenenden nicht aus dem Haus.
Was sagt die britische Regierung zum Urteil?
Regierungschefin Theresa May ist enttäuscht, will aber am BrexitZeitplan festhalten und dem Parlament „binnen Tagen“ein entsprechendes Gesetz vorlegen. Der Richterspruch stelle nicht das Referendum zum EU-Austritt selbst infrage. „Das britische Volk hat dafür gestimmt, die EU zu verlassen, und die Regierung wird das umsetzen“, sagte ein Regierungssprecher. Spätestens Ende März will May die EU über den Austrittswunsch ihres Landes in Kenntnis setzen. Dann können die Brexit-Verhandlungen starten.
Wie wird das Parlament entscheiden?
Es wird damit gerechnet, dass die Abgeordneten den Brexit nicht stoppen – zumal selbst Oppositionsführer Jeremy Corbyn angekündigt hat, die EU-Austrittserklärung der britischen Regierung nicht zu blockieren. Jedoch dürften die mehrheitlich EU-freundlichen Abgeordneten einem harten Brexit, wie ihn May plant, einen Riegel vorschieben und den Austritt aus dem gemeinsamen Binnenmarkt stoppen.
Wie begründen die Richter ihr Urteil?
Den Briten werden durch die EU-Mitgliedschaft zahlreiche Rechte garantiert, deren Wegfall ein schwerwiegender Eingriff sei, der die Zustimmung des Parlaments erfordert.
Sagt sich Schottland jetzt von den Briten los?
Den Regionalparlamenten von Schottland, Wales und Nordirland räumten die Richter zwar kein Mitspracherecht beim Brexit ein. Schottland und Nordirland hatten sich beim Referendum im vergangenen Sommer mehrheitlich für den Verbleib in der EU ausgesprochen. Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon kündigte jedoch an, die Abgeordneten in Edinburgh über die EU-Austrittserklärung abstimmen zu lassen – und drohte erneut mit einem Referendum über die schottische Unabhängigkeit. Es werde immer klarer, dass Schottland seine Zukunft „in die eigene Hand nehmen muss“.
Wie reagiert die EU?
Zurückhaltend. „Eine innere Angelegenheit der Briten“, so ein Sprecher. Die SPD im EUParlament wertet das Urteil als Stoppzeichen für Regierungschefin May. Das Unterhaus solle seine Autorität nutzen und „rote Linien für das Verhandlungsmandat der Regierung“ziehen, so der Abgeordnete Jo Leinen.