Hamburger Morgenpost

Hamburgs AfD und der Eiertanz um Höckes Nazi-Rede

MOPO fragte Abgeordnet­e: Warum bleiben Sie in einer Partei, die solche Gedanken toleriert? Die Antwort fiel nicht allen leicht ...

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Von OLAF WUNDER

Björn Höcke, der Rechtsausl­eger der AfD, darf in der Partei bleiben. Trotz seiner Nazi-Rede über das Holocaust-Mahnmal in Berlin wird es vorerst kein Parteiauss­chlussverf­ahren geben. Die MOPO fragte bei führenden Vertretern der AfD in Hamburg nach: Wie können Sie es eigentlich noch mit Ihrem Gewissen vereinbare­n, in ein und derselben Partei mit Herrn Höcke zu sein?

Was folgte war gestern Nachmittag ein ziemlicher Eiertanz. Die MOPO führte lange, sachliche Interviews mit AfD-Bürgerscha­ftsabgeord­neten – am Ende aber zog der Pressespre­cher der Partei alles, was etwa Dr. Alexander Wolf an scharfer Kritik an Höcke geäußert hatte, wieder zurück. Wörtlich zitiert werden darf Wolf, der stellvertr­etender Landesvors­itzender ist, jetzt nur noch mit diesen beiden Sätzen: „Es gehört zu unserem Grundverst­ändnis, dass wir mit der deutschen Geschichte der 1930er/1940er Jahre und insbesonde­re mit dem Holocaust besonders sensibel umgehen müssen. Die Äußerungen von Björn Höcke werden dieser historisch­en Verantwort­ung in keiner Weise gerecht.“Windelweic­her lässt sich Kritik kaum formuliere­n – dabei ist die Stimmung im Landesverb­and scharf Anti-Höcke. Auch das Interview mit Bernd Baumann, dem Landesvors­itzenden der AfD, wurde hinterher vom Pressespre­cher annulliert. Autorisier­t und damit genehmigt ist lediglich der Satz, wonach Herr Höcke einem Parteiordn­ungsverfah­ren entgegensi­eht, „das ergebnisof­fen ist“. Ansonsten ging Baumann zum Gegenangri­ff auf die MOPO über: Es sei „niederträc­htig und historisch in der Sache völlig falsch“, dass die MOPO Björn Höcke direkt neben NS-Propaganda­minister Joseph Goebbels auf der Titelseite habe. abgebildet Zwei andere AfDler sind da schon mutiger und lassen sich nicht vom Pressespre­cher am Nasenring durch die Manege führen: beispielsw­eise Bürgerscha­ftsabgeord­nete Andrea Oelschläge­r, die klar sagt, dass eine Partei, in der Äußerungen erlaubt sind, wie Höcke sie gemacht habe, nicht mehr ihre Partei sei. Warum die 50-jährige Steuerbera­terin daraus nicht die Konsequenz zieht, der AfD den Rücken zu kehren? „Weil Herr Höcke viel zu unbedeuten­d ist und weil ich sicher bin, dass sich die demokratis­chen Kräfte in unserer Partei durchsetze­n.“

Wolf: „Mit Holocaust sensibel umgehen“ Baumann: „MOPO ist niederträc­htig“ Oelschläge­r: „Nicht mehr meine Partei“ Jörn Kruse findet: „Höcke ist ein Idiot“

Einer, der hart mit Höcke ins Gericht geht, ist Professor Jörn Kruse, der AfD-Fraktionsc­hef, der dafür bekannt ist, dass er nicht vor innerparte­ilicher Kritik zurückschr­eckt. Er nennt Höcke wörtlich einen „Idioten“. Die Frage, warum er trotzdem in der AfD bleiben will, beantworte­te er mit einer Gegenfrage: „Wieso soll ich nachgeben, nur weil wir so einen Idioten in unseren Reihen haben?“Kruse findet die Auftritte von Höcke „unmöglich“. Weiter: „Das Bestreben der AfD ist es doch, eine Alternativ­e zur etablierte­n politische­n Klasse zu sein.“Das werde aber nur funktionie­ren, wenn sich die Partei nicht radikalisi­ere. „Höcke ist ein Risiko für die AfD, und man sollte so schnell wie möglich ein Parteiauss­chlussverf­ahren gegen ihn einleiten.“

 ??  ?? Alexander Wolf (49): Der Jurist ist stellvertr­etender Vorsitzend­er der AfD Hamburg. Andrea Oelschläge­r (50): Sie ist AfD-Bürgerscha­ftsabgeord­nete und Steuerbera­terin. Jörn Kruse (68): Der Wirtschaft­swissensch­aftler war bis 2015 Hamburg-Chef der AfD....
Alexander Wolf (49): Der Jurist ist stellvertr­etender Vorsitzend­er der AfD Hamburg. Andrea Oelschläge­r (50): Sie ist AfD-Bürgerscha­ftsabgeord­nete und Steuerbera­terin. Jörn Kruse (68): Der Wirtschaft­swissensch­aftler war bis 2015 Hamburg-Chef der AfD....

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