Stresstest für die Stimme
Feurige Arien und glänzende Sänger – dargeboten wie ein Volkshochschulkurs: „Anna Bolena“
Von SÖREN INGWERSEN
Was hätte man mit diesen Sängern nicht alles auf die Beine stellen können! Das Ensemble an der Hamburger Kammeroper im Allee Theater nahm mit Donizettis „Anna Bolena“eine große Herausforderung an. Der sogenannte italienische Belcanto-Stil ist nämlich ein echter Stresstest für die Stimmtechnik. Dem zeigt sich nicht nur die rumänische Sopranistin Letitia Vitelaru gewachsen, die mit der Titelpartie ihr Debüt im Haus an der Max-Brauer-Allee gibt. Auch ihre vier Sängerkollegen mit Kammeropern-Glanzlicht Feline Knabe leisten Beachtliches in dieser konzertanten Darbietung einer Scheidung auf altenglische Art: Als fieser Strippenzieher Heinrich VIII. legitimiert Bariton Titus Witt seinen Ehebruch, indem er eine Intrige spinnt, seine Gattin Anna Bolena der Untreue bezichtigt und sie gemeinsam mit ihren Verehrern hinrichten lässt. So boshaft die Handlung und feurig die Arien, so unaufgeregt der Stil, mit dem Mathias Husmann den Abend erzählerisch und am Klavier begleitet, während Dia-Ansichten von gemalten Porträts und Gebäuden den historischen Kontext veranschaulichen. Mit kleinem Instrumentalensemble, einer flotten Inszenierung und weniger Volkshochschulkursstimmung wäre man rundum glücklich gewesen.
Hamburger Kammeroper: 17., 18., 19.2. Max-Brauer-Allee 76, 27-37 Euro, Tel. 38 29 56