Ständig S-BahnÄrger
Wieder ein Stellwerk kaputt, wieder Chaos im Berufsverkehr. Warum bekommt Hamburg die Probleme nicht besser in den Griff?
Es dauerte fast fünf Stunden, bis der letzte der 430 Passagiere den ICE endlich verlassen konnte. Am Sonntagabend war bei der Einfahrt eines ICE in den Hauptbahnhof eine Oberleitung gerissen und auf den Zug gestürzt (MOPO berichtete). Wie konnte das nur passieren?
Was für ein Drama! Um 18.30 Uhr fuhr der ICE 1610 in den Bahnhof ein. Er war an dem Tag in München gestartet und hatte zuletzt in Berlin gehalten. Die Oberleitung riss, als die Hälfte des Zuges bereits im Bahnhof war – 15000 Volt stecken in so einer Leitung! Bundespolizisten und Feuerwehrleute rasten herbei. Glücklicherweise gab es keine Verletzten. Fünf Passagiere wurden vom Rettungsdienst betreut.
Wie gefährlich ist es für die Fahrgäste, wenn so eine Starkstrom-Leitung reißt? Bahn-Sprecher Egbert Meyer-Lovis: „Es bestand keine Gefahr für die Reisenden.“Wie im Auto seien die Gäste auch im Zug durch einen Faraday’schen Käfig geschützt. Allerdings: „Wenn eine stromführende Oberleitung auf den Zug fällt, ist höchste Vorsicht geboten, da ein Reststrom in der Leitung bleiben kann, der durch eine Erdung abgeleitet werden muss.“
Erst nach anderthalb Stunden konnten die ersten 150 Fahrgäste den ICE über den Bahnsteig verlassen. So lange dauert es, bis die Oberleitung mit Hilfe einer vier Meter langen Stange geerdet war und der Reststrom aus der Leitung verschwunden war.
Anschließend versuchten Bahn-Mitarbeiter, den ICE mit einer Diesel-Lok in den Bahnhof zu ziehen – allerdings vergeblich. Grund: Die Bremsen waren festgefahren. Weil der ICE aus zwei nicht miteinander verbundenen Zugteilen bestand, konnten die verbliebenen Fahrgäste nicht einfach in den vorderen
„Es bestand keine Gefahr für die Reisenden.“E. Meyer-Lovis (Bahn)
Teil des Zugs laufen und am Bahnhof aussteigen. Sie mussten in dem Zugteil außerhalb des Bahnhofs ausharren. Mitarbeiter von Bundespolizei und Feuerwehr halfen ihnen schließlich, den ICE über Nottreppen zu verlassen. Erst um 23.20 Uhr waren alle Passagiere befreit. Anschließend reparierten Techniker die kaputte Leitung.
Risse dieser Art sind sehr selten. Was dazu geführt hat, ist noch immer unklar. Fremdverschulden wird ausgeschlossen. Die Bahn hofft, dass in ein paar Tagen der Grund feststeht. Den Passagieren, die stundenlang im ICE ausharren mussten, will die Bahn im Einzelfall eine angemessene Entschädigung anbieten.