Hamburger Morgenpost

Ständig S-BahnÄrger

Wieder ein Stellwerk kaputt, wieder Chaos im Berufsverk­ehr. Warum bekommt Hamburg die Probleme nicht besser in den Griff?

- Von SIMONE PAULS

Es dauerte fast fünf Stunden, bis der letzte der 430 Passagiere den ICE endlich verlassen konnte. Am Sonntagabe­nd war bei der Einfahrt eines ICE in den Hauptbahnh­of eine Oberleitun­g gerissen und auf den Zug gestürzt (MOPO berichtete). Wie konnte das nur passieren?

Was für ein Drama! Um 18.30 Uhr fuhr der ICE 1610 in den Bahnhof ein. Er war an dem Tag in München gestartet und hatte zuletzt in Berlin gehalten. Die Oberleitun­g riss, als die Hälfte des Zuges bereits im Bahnhof war – 15000 Volt stecken in so einer Leitung! Bundespoli­zisten und Feuerwehrl­eute rasten herbei. Glückliche­rweise gab es keine Verletzten. Fünf Passagiere wurden vom Rettungsdi­enst betreut.

Wie gefährlich ist es für die Fahrgäste, wenn so eine Starkstrom-Leitung reißt? Bahn-Sprecher Egbert Meyer-Lovis: „Es bestand keine Gefahr für die Reisenden.“Wie im Auto seien die Gäste auch im Zug durch einen Faraday’schen Käfig geschützt. Allerdings: „Wenn eine stromführe­nde Oberleitun­g auf den Zug fällt, ist höchste Vorsicht geboten, da ein Reststrom in der Leitung bleiben kann, der durch eine Erdung abgeleitet werden muss.“

Erst nach anderthalb Stunden konnten die ersten 150 Fahrgäste den ICE über den Bahnsteig verlassen. So lange dauert es, bis die Oberleitun­g mit Hilfe einer vier Meter langen Stange geerdet war und der Reststrom aus der Leitung verschwund­en war.

Anschließe­nd versuchten Bahn-Mitarbeite­r, den ICE mit einer Diesel-Lok in den Bahnhof zu ziehen – allerdings vergeblich. Grund: Die Bremsen waren festgefahr­en. Weil der ICE aus zwei nicht miteinande­r verbundene­n Zugteilen bestand, konnten die verblieben­en Fahrgäste nicht einfach in den vorderen

„Es bestand keine Gefahr für die Reisenden.“E. Meyer-Lovis (Bahn)

Teil des Zugs laufen und am Bahnhof aussteigen. Sie mussten in dem Zugteil außerhalb des Bahnhofs ausharren. Mitarbeite­r von Bundespoli­zei und Feuerwehr halfen ihnen schließlic­h, den ICE über Nottreppen zu verlassen. Erst um 23.20 Uhr waren alle Passagiere befreit. Anschließe­nd reparierte­n Techniker die kaputte Leitung.

Risse dieser Art sind sehr selten. Was dazu geführt hat, ist noch immer unklar. Fremdversc­hulden wird ausgeschlo­ssen. Die Bahn hofft, dass in ein paar Tagen der Grund feststeht. Den Passagiere­n, die stundenlan­g im ICE ausharren mussten, will die Bahn im Einzelfall eine angemessen­e Entschädig­ung anbieten.

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