Er lässt Hamburgs Pfeffer säcke zittern
Anführer der Kammer-Rebellen ist nach jahrelangem Kampf am Ziel
Eine eigentlich altehrwürdige Institution hat zuletzt durch Prunk und Protz von sich reden gemacht: die Handelskammer. Überteure Neubauten, Millionen-Rücklagen und XXL-Gehälter – hanseatisch war das Verhalten der „Pfeffersäcke“längst nicht mehr. Ausgerechnet ein Bayer will den Laden jetzt revolutionieren.
Wie ein Anführer aus dem Bilderbuch sieht Tobias Bergmann (46) nicht gerade aus. Sein Anzug wirkt oft zu groß, die Brille sitzt gerne mal etwas schief auf der Nase. Doch der Anblick täuscht. Immerhin haben die Kammer-Rebellen mit ihm an der Spitze beeindruckend die Plenums-Wahl gewonnen. Jetzt winkt dem 46-Jährigen sogar der ehrenamtliche und mächtige Posten des Kammer-Präses (MOPO berichtete).
„Das ist eine große Aufgabe für mich“, sagt Bergmann, der nach jahrelangem Kampf seinem Ziel ganz nah gekommen ist. Seit der Volkswirt 2011 (studierte unter anderem in
Italien) erstmals ins Plenum eingezogen ist, träumt er davon, die Kammer zu modernisieren – und bekam jede Menge Gegenwind.
Alteingesessenen „Pfeffersäcken“passte es gar nicht, dass auf einmal jemand unangenehme Fragen stellte: Warum braucht die Kammer Millionenrücklagen? Warum ist das Gehalt vom Hauptgeschäftsführer nicht bekannt? Antworten darauf gab es nur stückweise – jedes Mal lösten sie ein mediales Echo aus.
Das rebellische Verhalten liegt in der Familie: Vater Josef passte als atheistischer SPD-Bürgermeister des 5000Einwohner-Dorfs Langquaid so gar nicht ins katholische und CSU-geprägte Bayern. Der „Zeit“sagte Tobias Bergmann, sein Vater habe die Oligarchie aus Pfarrer, Sparkassendirektor und Großbürgern gesprengt.
Und der Sohn „sprengt“jetzt alte Kammer-Traditionen: Die Zwangsbeiträge sollen abgeschafft, Verschwendung beendet werden. Die sogenannte „Morgensprache“– eine zeremonielle Veranstaltung, die auf die Hanse zurückgeht – soll die Kammer zudem nicht mehr unterstützen. „Ich würde als Präses sicher keine Robe tragen“, sagt er in Anlehnung an die Bekleidung, die noch vor Jahren von namhaften Unternehmern wie Michael Otto getragen wurde. Seit 2014 werden die Kostüme zwar nicht mehr benutzt, dennoch wird deutlich, was Bergmann von der alten Handelskammer hält: Nichts.
Als neuer Präses wird er vieles ändern können. An der Aufgabe wird er wachsen – vielleicht passt dann auch der Anzug.