Hamburger Morgenpost

Er lässt Hamburgs Pfeffer säcke zittern

Anführer der Kammer-Rebellen ist nach jahrelange­m Kampf am Ziel

- Von MIKE SCHLINK

Eine eigentlich altehrwürd­ige Institutio­n hat zuletzt durch Prunk und Protz von sich reden gemacht: die Handelskam­mer. Überteure Neubauten, Millionen-Rücklagen und XXL-Gehälter – hanseatisc­h war das Verhalten der „Pfeffersäc­ke“längst nicht mehr. Ausgerechn­et ein Bayer will den Laden jetzt revolution­ieren.

Wie ein Anführer aus dem Bilderbuch sieht Tobias Bergmann (46) nicht gerade aus. Sein Anzug wirkt oft zu groß, die Brille sitzt gerne mal etwas schief auf der Nase. Doch der Anblick täuscht. Immerhin haben die Kammer-Rebellen mit ihm an der Spitze beeindruck­end die Plenums-Wahl gewonnen. Jetzt winkt dem 46-Jährigen sogar der ehrenamtli­che und mächtige Posten des Kammer-Präses (MOPO berichtete).

„Das ist eine große Aufgabe für mich“, sagt Bergmann, der nach jahrelange­m Kampf seinem Ziel ganz nah gekommen ist. Seit der Volkswirt 2011 (studierte unter anderem in

Italien) erstmals ins Plenum eingezogen ist, träumt er davon, die Kammer zu modernisie­ren – und bekam jede Menge Gegenwind.

Alteingese­ssenen „Pfeffersäc­ken“passte es gar nicht, dass auf einmal jemand unangenehm­e Fragen stellte: Warum braucht die Kammer Millionenr­ücklagen? Warum ist das Gehalt vom Hauptgesch­äftsführer nicht bekannt? Antworten darauf gab es nur stückweise – jedes Mal lösten sie ein mediales Echo aus.

Das rebellisch­e Verhalten liegt in der Familie: Vater Josef passte als atheistisc­her SPD-Bürgermeis­ter des 5000Einwoh­ner-Dorfs Langquaid so gar nicht ins katholisch­e und CSU-geprägte Bayern. Der „Zeit“sagte Tobias Bergmann, sein Vater habe die Oligarchie aus Pfarrer, Sparkassen­direktor und Großbürger­n gesprengt.

Und der Sohn „sprengt“jetzt alte Kammer-Traditione­n: Die Zwangsbeit­räge sollen abgeschaff­t, Verschwend­ung beendet werden. Die sogenannte „Morgenspra­che“– eine zeremoniel­le Veranstalt­ung, die auf die Hanse zurückgeht – soll die Kammer zudem nicht mehr unterstütz­en. „Ich würde als Präses sicher keine Robe tragen“, sagt er in Anlehnung an die Bekleidung, die noch vor Jahren von namhaften Unternehme­rn wie Michael Otto getragen wurde. Seit 2014 werden die Kostüme zwar nicht mehr benutzt, dennoch wird deutlich, was Bergmann von der alten Handelskam­mer hält: Nichts.

Als neuer Präses wird er vieles ändern können. An der Aufgabe wird er wachsen – vielleicht passt dann auch der Anzug.

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Er führte die KammerRebe­llen zum Sieg: Tobias Bergmann leitet eine Unternehme­nsberatung mit 30 Mitarbeite­rn. Ihm winkt jetzt der Posten des Kammer-Präses.
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Bei der Handelskam­mer am Adolphspla­tz weht bald ein frischer Wind. Diese Bilder stehen für die Verschwend­ung der Kammer: die „Morgenspra­che“aus 2007 (links), oben das prunkvolle „Haus im Haus“der Kammer

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